# taz.de -- Reaktionen auf IS-Einmarsch in Jarmuk: Der Aufschrei bleibt aus | |
> Unter Palästinensern und den Regierungen der Region ist die Haltung zu | |
> Syrien gespalten. Für einige sind zudem Konflikte wie der im Jemen | |
> relevanter. | |
Bild: Zerstört und ausgestorben: Eine Straße im palästinensischen Flüchtlin… | |
BERLIN taz | Die Reaktionen auf den Einmarsch des Islamischen Staates (IS) | |
in das Palästinenserlager Jarmuk und die Angriffe mit Fassbomben durch das | |
Regime als zurückhaltend zu bezeichnen ist fast schon übertrieben. | |
Lediglich im Gazastreifen gab es einige kleinere Kundgebungen; im | |
Westjordanland bleibt es ebenso ruhig wie in den arabischen Hauptstädten. | |
Die Arabische Liga mit Sitz in Kairo hüllt sich in Schweigen. | |
Das mag zum Teil daran liegen, dass die Palästinenser selbst in ihrer | |
Haltung zu Syrien gespalten sind. Unter den zahlreichen bewaffneten Gruppen | |
in Jarmuk gibt es sowohl Unterstützer als auch Gegner von Präsident Baschar | |
al-Assad. | |
Dies spiegelte sich in der vergangenen Woche auch auf der politischen Ebene | |
wider. Am Donnerstag erklärte Ahmad Madschdalani, der PLO-Gesandte in | |
Damaskus, die palästinensische Befreiungsorganisation werde an der Seite | |
der syrischen Regimetruppen gegen den IS in Jarmuk kämpfen. Dem widersprach | |
die PLO-Führung in Ramallah. Sie setzt sich für den freien Abzug der im | |
Lager verbliebenen Bewohner ein, will sich aber an den Kämpfen nicht | |
beteiligen. | |
Auch die arabischen Staaten sind sich in ihrer Haltung zu Syrien uneins. | |
Während Länder wie Katar oder Saudi-Arabien bewaffnete Gruppen | |
unterstützen, sind andere zurückhaltend oder stehen eher aufseiten des | |
Regimes. Und so, wie die Bevölkerung etwa Ägyptens eher mit dem täglichen | |
Überlebenskampf zu tun hat und einen Kriegseinsatz im Jemen oder Libyen | |
fürchtet, sind auch die Regierungen der Region derzeit mit anderen | |
Problemen beschäftigt als mit der Notlage der Palästinenser in Jarmuk. | |
## 100 mal so viele Opfer | |
Thema Nummer eins in der arabischen Welt ist derzeit der Jemen, vor allem, | |
weil der dortige Krieg als Teil des Konflikts zwischen den beiden | |
Regionalmächten Iran und Saudi-Arabien wahrgenommen wird. | |
Hinzu kommt, dass in Jarmuk ein Faktor fehlt, der immer für eine | |
Mobilisierung gut ist: Israel. In Berlin gingen am Wochenende über 100 | |
Menschen auf die Straße, um auf die Situation der Palästinenser in Jarmuk | |
aufmerksam zu machen; während des Gazakrieges im Sommer 2014 waren es | |
jeweils mehrere Hundert. Damals kamen nach palästinensischen Angaben etwa | |
2.200 Personen ums Leben. Für den syrischen Bürgerkrieg wird die Zahl der | |
Opfer inzwischen auf mindestens 260.000 geschätzt. | |
Mag sein, dass nach Hama, Homs, Aleppo und vielen anderen Städten und | |
Dörfern in Syrien Jarmuk nur ein weiterer Name auf einer langen Liste des | |
Schreckens ist. Mag sein, dass die aufrüttelnden Bilder im Fernsehen fehlen | |
aus einem Land, in dem ausländischen und syrischen Journalisten sowie | |
Medienaktivisten Entführung, Folter oder Tod drohen. | |
Doch das entschuldigt die verhaltenen Reaktionen im Fall Jarmuk nicht. Wo | |
bleibt der Aufschrei? | |
14 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Beate Seel | |
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