# taz.de -- Pressefreiheit in China: Journalistin zu langer Haft verurteilt | |
> Ein unter Druck zustandegekommenes Geständnis ist die Grundlage des | |
> Urteils gegen Gao Yu. Die Journalistin muss sieben Jahre ins Gefängnis. | |
Bild: Gao Yu im Jahr 2009. | |
BERLIN taz | Sieben Jahre Haft: Seit November ist das Urteil wegen „Verrats | |
von Staatsgeheimnissen“ gegen die Journalistin Gao Yu mehrfach verschoben | |
worden. „Wir sind sehr enttäuscht“, sagte Gaos Anwalt Shang Baojun der dpa. | |
Menschenrechtsgruppen zeigen sich entsetzt und die Europäische Union | |
bedauert das Urteil in ersten Stellungnahme. | |
Fast genau ein Jahr ist es her, dass die damals 70-jährige Journalistin Gao | |
Yu am 24. April plötzlich aus ihrer Pekinger Wohnung mit den vielen | |
Büchern, Erinnerungsfotos und Blumen abgeholt wurde. Ihre Angehörigen und | |
Anwälte erfuhren weder, warum die Polizei sie mitgenommen hatte, noch | |
wohin. Gleichzeitig nahm man auch ihren Sohn fest. | |
Am 8. Mai dann meldete der staatliche CCTV-Fernsehsender, eine „Pekinger | |
Frau“ sei wegen „Preisgabe von Staatsgeheimnissen“ verhaftet worden. Vor | |
der Kamera legte Gao ein Geständnis ab, bekundete „tiefe Reue“. Dabei war | |
ihr Gesicht undeutlich gemacht, ihr Name nicht genannt worden – und doch | |
war Gao an ihrer Haltung und ihrer Stimme klar zu erkennen. | |
Um welches „Staatsgeheimnis“ es sich handeln soll, blieb zunächst im | |
Dunkeln. Schließlich wurde klar, dass das KP-„Dokument Nr. 9“ gemeint sein | |
musste, das 2013 zuerst in Hongkong veröffentlicht worden war. Chinas | |
Universitäten und Schulen werden darin von höchster Stelle der | |
Kommunistischen Partei angewiesen, sieben „gefährliche“ Begriffe aus dem | |
Unterricht fernzuhalten, darunter „Universalität der Menschenrechte“, | |
„Unabhängigkeit der Presse“, „Bürgerbeteiligung“ und „Kritik an der | |
Geschichte der Partei“. | |
## Sippenhaft als Drohung | |
Das TV-Geständnis war umso schockierender, als jeder, der Gao Yu kannte, | |
wusste, dass es nur durch starken Druck erlangt worden sein konnte. Und so | |
war es, wie sie ihrem Anwalt später sagen konnte, auch gewesen: Im Verhör | |
hatte man ihr angedroht ihren Sohn in der Haft zu halten. | |
Gefängniserfahrungen hatte Gao Yu bis dahin schon reichlich. Nach dem Tode | |
Maos, als die Hoffnung auf ein liberaleres China aufkeimte, war sie mit | |
ihren ungewöhnlich offenen politischen Interviews in ihrer Heimat bekannt | |
geworden. | |
Sie wurde die erste prominente politische Gefangene nach den | |
niedergeschlagenen Tiananmen-Protesten von 1989. Seither saß Gao Yu | |
wiederholt in Haft – insgesamt über sieben Jahre. In China hat sie seither | |
Berufsverbot, ihre politischen Analysen und Kommentare konnte sie nur noch | |
in Hongkong und im Ausland veröffentlichen. | |
17 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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