| # taz.de -- Grüner Robert Habeck: Bewerbung um Spitzenkandidatur | |
| > Für die frühe Bewerbung des Schleswig-Holsteiner Grünen Robert Habeck um | |
| > die Spitzenkandidatur gibt es Lob von Realos und Linken. | |
| Bild: Realo aus dem Norden: Robert Habeck | |
| BERLIN taz | Als die ersten SMS aus dem Kieler Landtag am | |
| Dienstagnachmittag das Berliner Regierungsviertel erreichten, staunten | |
| selbst bestens vernetzte Spitzen-Grüne. Schleswig-Holsteins | |
| Vize-Ministerpräsident Robert Habeck hatte soeben seinen grünen | |
| Landtagskollegen bestätigt: Ja, er stünde für eine Spitzenkandidatur bei | |
| der Bundestagswahl 2017 bereit. Das Gerücht war zwar mitnichten neu. Aber | |
| eigentlich sollte Habeck sich beim Landesparteitag der Grünen am Samstag | |
| dazu erklären. Und jetzt? Hatte der 45-jährige Realo aus dem Norden wieder | |
| mal alle überrascht. | |
| Entsprechend unübersichtlich verläuft seither die Debatte in der Partei, | |
| quer durch Flügel und Gremien. Nützlich oder schädlich, zu früh oder doch | |
| ganz passend – die Meinungen unter Grünen in Kiel und Berlin driften | |
| auseinander. | |
| Für Parteichef Cem Özdemir, ein Realo wie Habeck, bedeutet die Personalie | |
| in erster Linie: harte Konkurrenz. Gerade hatte Özdemir noch gewarnt, | |
| übereilt in die Kandidatendebatte einzusteigen. Nach Habecks Erklärung in | |
| Kiel jedoch twitterte er erfreut: „Robert Habeck ist ein Klassetyp. Er tut | |
| unserer Partei in jeder Position gut“. | |
| Genervt reagierte der linke Finanzexperte Sven Kindler: „Personaldebatte | |
| mehr als zwei Jahre vor der Bundestagswahl? Ach nö“, kommentierte er auf | |
| Twitter. Andere aus dem linken Flügel kontern solche Einwände. | |
| Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sagte der taz: „Es schadet uns | |
| überhaupt nicht, dass wir als lebhafte Partei rüberkommen. Sowas macht uns | |
| Grüne doch interessant.“ Auch seine Vorgängerin in der Parteizentrale, | |
| Steffi Lemke, lobte: „Die erste Urwahl war ein Experiment, jetzt wird sie | |
| Standard, das freut mich sehr.“ | |
| ## „Man kann nicht alles planen“ | |
| Gelassen zeigt sich Jürgen Trittin, grüner Spitzenkandidat bei der Wahl | |
| 2013: „So ist das manchmal im Leben, man kann nicht alles planen“, sagte er | |
| der taz. „Aber man kann offen damit umgehen.“ Das habe Habeck getan. | |
| Außerdem sei es doch gut, wenn es eine Auswahl gebe. | |
| Auch Realokoordinator Dieter Janecek, ein treuer Unterstützer von | |
| Parteichef Özdemir, nahm Habeck für dessen frühen Vorstoß in Schutz. Den | |
| Zeitpunkt könne man „schräg finden“. Er finde es aber „erfrischend“, … | |
| einer wie Habeck „den Mut hat, einfach mal zu sagen: Ich mach das“, | |
| versicherte Janecek. Ohnehin halte er „sehr, sehr viel“ von Habeck. „Wir | |
| können uns nur wünschen, dass er jetzt für die Grünen strahlt.“ | |
| Klar ist: Bei den Grünen läuft jetzt alles auf eine Basisabstimmung im Jahr | |
| 2016 zu. Bundesgeschäftsführer Michael Kellner kündigt bereits an: „Wenn es | |
| mehr Kandidierende als Plätze gibt, organisieren wir gerne eine Urwahl. Das | |
| ist der logische nächste Schritt.“ Und dass sich nach Habeck noch weitere | |
| Kandidaten melden, liegt auf der Hand. Unklar ist nur, wie lange sie sich | |
| damit Zeit lassen. | |
| ## Drei Realos im Rennen? | |
| Als gesetzte Bewerber gelten Özdemir und Fraktionschefin Katrin | |
| Göring-Eckardt. Damit wären schon drei Realos im Rennen. Und der linke | |
| Flügel? Eine Kandidatur von Parteichefin Simone Peter scheint das | |
| unwahrscheinlichste Szenario. Heftig spekuliert wird über die Pläne von | |
| Fraktionschef Anton Hofreiter, ebenfalls Parteilinker. Er könnte hoffen, | |
| als einziger linker Bewerber die Stimmen all jener Basisgrüner | |
| einzusammeln, die sich einen Gegenpol zu den Realos wünschen. | |
| Aber es kursieren auch andere Szenarien: Wäre es aus linker Sicht nicht | |
| klüger, mit Hilfe des als moderat geltenden Realos Habeck die | |
| Spitzenkandidatur Özdemirs zu verhindern? | |
| Bei einer Urwahl dürfen die gut 60.000 Grünen-Mitglieder abstimmen, welche | |
| der Bewerberinnen und Bewerber sie sich als Doppelspitze für den | |
| Bundestagswahlkampf wünschen. Wegen der Frauenquote kann höchstens ein | |
| männlicher Kandidat gewinnen, theoretisch wäre aber ein Spitzenduo mit zwei | |
| Frauen denkbar. Praktisch spricht mangels Bewerberinnen derzeit nichts | |
| dafür. Im Gegenteil: Wenn sich nichts mehr bewegt, könnte Fraktionschefin | |
| Göring-Eckardt sogar problemlos ins Spitzenteam vorrücken. | |
| Vermutlich findet der Basisentscheid irgendwann ab dem Frühsommer 2016 | |
| statt – also frühestens in gut einem Jahr. Für Habeck birgt die | |
| Entscheidung ein hohes Risiko: „Das ist eine Reise ins Ungewisse, das ist | |
| mir völlig klar“, sagt er selbst. „Ich erwarte von niemandem, dass er mir | |
| den Stuhl warm hält.“ | |
| 7 May 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Astrid Geisler | |
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