| # taz.de -- Grüne gegen „Raubbau an den Menschen“: Artenschutz für Eltern | |
| > Nach der SPD treten auch die Grünen in den Wettbewerb um das beste | |
| > politische Angebot für gestresste Working Mums und neue Väter ein. | |
| Bild: Machte als Grünen-Chef selbst Elternzeit: Cem Özdemir | |
| BERLIN taz | Bei vielen Akademikern kommt der Moment irgendwann nach dem | |
| dreißigsten Geburtstag. Sie stehen vor der Frage: Wie soll das alles | |
| überhaupt klappen? Beruflicher Aufstieg, Familiengründung, Sorge für die | |
| alt gewordenen Eltern – nichts davon soll hinten runterfallen, alles | |
| zusammen scheint kaum zu schaffen. Die SPD und ihre Familienministerin | |
| Manuela Schwesig werben längst heftig mit Vorstößen wie der | |
| 32-Stunden-Woche für berufstätige Eltern um die Sympathien dieser | |
| „gehetzten Generation“. | |
| Dem wollen die Grünen nicht länger nur zuschauen, schließlich gehören die | |
| berufstätigen 30- bis 50-Jährigen auch zu ihrer Kernzielgruppe. Beim | |
| kleinen Länderrat am vergangenen Wochenende in Berlin stand das | |
| gesellschaftliche Trendthema deshalb oben auf der Agenda. | |
| „So wie wir Grünen keinen Raubbau an der Natur wollen, wollen wir auch | |
| nicht, dass Menschen an sich selbst Raubbau betreiben“, heißt es in dem von | |
| den Delegierten am Samstag einstimmig beschlossenen Leitantrag des | |
| Bundesvorstands. Damit setzen die Grünen das Thema „Zeitpolitik“ neu – a… | |
| Teil ihrer grünen Ökophilosophie. Glückliche Kühe? Entspannte Menschen! | |
| ## „Kein Konzept für Privilegierte“ | |
| Die Debatte allerdings zeigte, dass jenseits solcher großen Ziele die Tücke | |
| im Detail liegt. Denn das Großthema ragt in viele andere Themenfelder rein | |
| – je üppiger das grüne Gegenangebot ausfällt, desto mehr Transferleistungen | |
| werden fällig. Daraus ergibt sich die logische Frage: Wer bitte soll das | |
| bezahlen? Das vermeintliche Wohlfühlthema tangiert Fragen, die unter Grünen | |
| umstritten sind. Etwa: Wie weit darf oder muss der Staat in die Familien | |
| reinregieren, um die Geschlechtergerechtigkeit zu befördern? | |
| „Wir haben noch kein fertiges Konzept“, räumte die Arbeitsmarktexpertin der | |
| Bundestagsfraktion, Brigitte Pothmer, ein. Klar sei aber: das grüne Angebot | |
| solle flexibler und breiter sein als Schwesigs 32-Stunden-Woche, es dürfe | |
| „kein Konzept für Privilegierte“ werden und müsse obendrein | |
| „alltagstauglich“ sein. | |
| Doch mit Machbarkeitsaspekten schienen sich manche Redner beim Länderrat | |
| nicht aufzuhalten. Ein Delegierter wollte „den Leistungsdruck komplett | |
| beenden“, die Parteijugend beantragte (erfolglos), Familienministerin | |
| Schwesig mit einer 30-Stunden-Woche zu überbieten. | |
| ## 32-Stunden-Woche | |
| Darauf wird es bei den Grünen sicher nicht hinauslaufen. Fachleute aus der | |
| Bundestagsfraktion tüfteln seit Monaten an praxistauglichen | |
| Alternativkonzepten, um die SPD zu kontern. Die Arbeitsgruppe bereite | |
| derzeit fünf Module vor, sagte die stellvertretende Fraktionschefin Katja | |
| Dörner der taz: Arbeitnehmer sollen die Möglichkeit bekommen, ihre | |
| Vollzeitstelle flexibler zu gestalten – in einem Zeitkorridor zwischen 30 | |
| und 40 Stunden pro Woche. Damit wollen die Grünen den Graben zwischen den | |
| Vollzeit-Karrierestellen und den Teilzeit-Karrierefallen beseitigen. | |
| In Planung seien außerdem ein Bafög für Weiterbildungsphasen und ein | |
| Pflegezeitmodul. Und quasi als Gegenangebot zu Schwesigs 32-Stunden-Woche | |
| eine Familienzeit, die es auch geringverdienenden berufstätigen Eltern | |
| ermöglicht, phasenweise beruflich runterzusatteln. „Wir rechnen zurzeit | |
| ganz unterschiedliche Varianten durch“, sagte Katja Dörner. Sie hofft, dass | |
| die Arbeitsgruppe der Fraktion bis September „gute, machbare“ eigene | |
| Konzepte vorlegen könne. | |
| 26 Apr 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Astrid Geisler | |
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