# taz.de -- Zur guten Sprache auf dem taz.lab: Ehrenwerte Absichten | |
> Sprachkritik ist Ideologiekritik. Sprache ist nichts Neutrales. Aber | |
> weshalb artet eine Debatte über die „Kleine Hexe“ immer gleich in eine | |
> über Verbote aus? | |
Bild: Ärger mit dem Negerkönig: Wie rassistisch sind die „Pippi Langstrumpf… | |
Die Art und Weise, wie wir die Dinge beschreiben, bestimmt auch, wie wir | |
über sie denken. Und umgekehrt. Eine Auseinandersetzung mit der Sprache ist | |
immer auch eine politische Auseinandersetzung. Gemessen an der Bedeutung, | |
die der Sprache beim Begreifen und Gestalten der Wirklichkeit zukommt, ist | |
sie viel zu selten Thema. | |
Wenn aber, was selten genug passiert, die Sprache einmal zum Gegenstand | |
einer Diskussion wird, geht es dabei fast immer um Verbote („Darf man dit | |
und dat sagen?“). Eine Sprachdebatte ohne implizite Verbotsforderungen ist | |
quasi undenkbar. Dabei spielen die (zuweilen arg) rechten „Sprachschützer“, | |
die aus Prinzip gegen die Hybridisierung der deutschen Sprache kämpfen und | |
lieber „Weltnetz“ statt „Internet“ sagen oder versuchen, umgangssprachl… | |
Derbheit aus der Schriftsprache zu halten, keine allzu große Rolle. | |
Im Gegenteil, oft sind es Menschen mit ehrenwerten Absichten, die sich für | |
eine Regulierung der Sprache einsetzen, was, wie zuletzt bei „Pippi | |
Langstrumpf“ und der „Kleinen Hexe“, bis zur nachträglichen Bereinigung | |
literarischer Werke reichen kann. | |
Und sie haben gute Argumente. Das Binnen-I zum Beispiel, zu dessen | |
Verbreitung die taz nicht unwesentlich beigetragen hat, war eine politische | |
Demonstration in der Sprache; ein Fanal gegen die Ausgrenzung von Frauen, | |
die sich auch in der Sprache widerspiegelte. Inzwischen ist die Debatte | |
beim „Gender-Gap“ angelangt, die Rede ist von „Bürger_innen“ und | |
„Politiker_innen“. Ebenso nachvollziehbar war das Bedürfnis, in der Sprache | |
der Tatsache gerecht zu werden, dass die Einwanderer, anders als die | |
Beteiligten dachten, sich in diesem Land niedergelassen hatten. | |
So wurden aus Gastarbeitern die Ausländer, aus Ausländern ausländische | |
Mitbürger, aus diesen wiederum Migranten und aus Migranten Menschen mit | |
Migrationshintergrund. Und: Wann sind diese einfach BürgerInnen, mit | |
welchem Hintergrund auch immer? Das letzte Wort ist in dieser Angelegenheit | |
sicher noch nicht gesprochen. | |
Aber: Wo ist die Grenze dieser sprachkritischen Interventionen? Wo ist der | |
Punkt erreicht, da gut gemeinte Begradigungen der Sprache Orwellsche | |
Dimensionen erreichen? Sollte Sprache nicht nur wahr sein, sondern auch | |
schön? Denn über diese Frage, also ästhetische, wird noch seltener | |
debattiert als über politische Implikationen. Kurz: Wir müssen über unsere | |
Sprache sprechen. Auf dem taz.lab werden wir es tun. Und Sie alle sind | |
herzlich eingeladen, sich herzhaft einzumischen. | |
30 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Deniz Yücel | |
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