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# taz.de -- taz-Serie Blasen: Dörfer voller Ferienhäuser
> Der Markt für Urlaubsdomizile in Deutschland boomt – gerade an Nord- und
> Ostsee. Das treibt die Mieten für Einheimische in die Höhe.
Bild: Diese Aussicht auf die Ostsee möchten viele genießen.
Hamburg taz | Deutschlands Urlaubsregionen gehören neben den Großstädten zu
den Gewinnern des Immobilienbooms. Ferienhäuser und -wohnungen stehen bei
Bundesbürgern hoch im Kurs: Touristen schätzen die flexible Unterbringung,
sorgen am Urlaubsort für Umsatz in Restaurants und Supermärkten, und
Anleger freuen sich über attraktive Renditen. Mit mehr als 100 Millionen
Übernachtungen jährlich ist der deutsche Ferienhausmarkt noch weit größer
als bislang angenommen, hat eine Studie des Deutschen Ferienhausverbandes
(DFV) in Berlin ergeben. Die Ferienhausbranche schafft danach einen
jährlichen Umsatz von rund 8 Milliarden Euro.
Doch vom milliardenschweren Geschäft profitieren nur wenige Regionen. Zwar
kaufen Deutsche am liebsten in Deutschland eine Urlaubsresidenz. Doch ein
Viertel aller Ferienwohnungen in bundesdeutscher Hand liegen nach Angaben
des Hamburger Maklerunternehmens Engel & Völkers an Nord- und Ostsee. Erst
dann folgen internationale Sonnenscheinplätze wie Mallorca, Tirol und
Florida. Weit abgeschlagen in der Beliebtheitsskala der Ferienhauskäufer
liegen die deutschen Bergregionen Schwarzwald (2 Prozent Marktanteil) und
Oberbayern (1,7 Prozent).
An Nord- und Ostsee, den mit Abstand beliebtesten Ferienhausregionen,
ballen sich aber auch die Probleme. Ganze Viertel voller Feriendomizile
stehen den Großteil des Jahres über leer. Verwaiste Strände und verödete
Orte sind die Folge. So stoßen neue, für die Kommunen eigentlich attraktive
Bauprojekte etwa in Bensersiel und Harlesiel an der Nordsee auf Skepsis bei
Politikern und Bürgern.
„Es wäre schön, wenn die Häuser dauerhaft bewohnt werden“, lassen etwa d…
Investoren des Wohnprojekts „Seeperlen“ zwischen Harlesiel und
Carolinensiel wissen. Garantien gibt es dafür aber nicht. Anders in
Österreich: Dort müssen sich Käufer und Bauherren laut Medienberichten in
einigen Bundesländern zur eigenen Dauernutzung verpflichten.
## Einheimische sind verärgert
Verärgert über den Ferienhausboom sind auch Gastronomen und
Pensionsinhaber, weil die Übernachtungen in privaten Ferienhäusern, die
Auswärtigen gehören, an ihnen vorbeilaufen.
Auch andere Einheimische trifft es: Die Preise des Lebensunterhalts auf
Spiekeroog, Rügen oder St. Peter-Ording gelten als überteuert.
Immobilienpreise und Mieten steigen rasant, wenn eine Region als
Ferienhausdomizil vermarktet wird. Vor allem Familien haben es schwer,
bezahlbaren Wohnraum zu finden. So lebt ein Großteil der Beschäftigten, die
auf Sylt arbeiten, nicht auf der Insel: Handwerker, Verkäufer und Lehrer
reisen per Bahn täglich vom Festland aus an.
Früher waren Ferienhäuser noch häufiger Liebhaberstücke. Heute nennen
Käufer meist Mieteinnahmen und Altersvorsorge, Kapitalanlage und
Inflationsschutz, wenn sie nach ihren Motiven befragt werden. Seit dem
Ausbruch der Finanzkrise 2007/2008 suchen Anleger nach sicheren und
rentablen Geldanlagen. Dazu trug auch der wachsende Reichtum in Teilen der
Gesellschaft bei. Immer mehr Menschen können sich bei der Wahl eines
Ferienhauses Preise ab 100.000 bis zu 1 Million Euro leisten.
Und die Investitionen zahlen sich bislang aus: Vermietete Ferienwohnungen
und -häuser werfen nach Maklerangaben eine Rendite von durchschnittlich 8
Prozent jährlich ab – doppelt so viel wie normale Wohnimmobilien. Und das
Investment rechnet sich zudem schnell: Bereits eine Belegung von 17 Wochen
im Jahr genügt demnach, um Gewinn zu machen. Was auch an den historisch
niedrigen Zinssätzen liegt. Die billigen Kredite für den Erwerb von
zunehmend teureren Urlaubsimmobilien werden den Markt bis auf Weiteres
anheizen.
31 Aug 2015
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
## TAGS
Urlaub
Immobilien
Sylt
Ferienwohnungen
Gentrifizierung
Touristen
Mietpreisbremse
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