| # taz.de -- Zum 75. Jahrestag des Kriegsendes: Ein Feiertag zum Gedenken | |
| > Corona macht ein Kulturprogramm sowie Gedenkveranstaltungen unmöglich. | |
| > Als Ersatz finden diese nun virtuell statt. Petition für dauerhaften | |
| > Feiertag. | |
| Bild: 2019 ging das noch: Mädchen in historischen Uniformen am Sowjetischen Eh… | |
| Berlin taz | Gründe, den 75. Jahrestag der bedingungslosen Kapitulation der | |
| deutschen Wehrmacht in diesem Jahr besonders zu feiern, gäbe es genug. Mit | |
| dem Ende des Naziregimes begann eine bis heute andauernde Periode des | |
| Friedens in Europa. Gleichzeitig ist die Bedrohung durch den Faschismus in | |
| Form von AfD, Fidesz und Co wieder realer denn je. Mahnende Zeitzeugen, die | |
| vor den Gräueln jener Zeit warnen, werden hingegen immer weniger. | |
| In Berlin ist der 8. Mai in diesem Jahr nicht nur ein gesetzlicher | |
| (einmaliger) Feiertag, der Senat plante auch ein umfassendes | |
| Kulturprogramm. Doch die Coronakrise macht viele der geplanten | |
| Gedenkveranstaltungen unmöglich, als Ersatz finden diese nun virtuell | |
| statt. | |
| „Wir werden das Jubiläum ernst nehmen“, sagte Kultursenator Klaus Lederer | |
| (Linke) während einer Pressekonferenz am Montag. Es sei angesichts des | |
| erstarkenden Rechtspopulismus und Antisemitismus „unsere Pflicht“, so | |
| Lederer, auch wenn im Hintergrund der Coronakrise viele Dinge verschwämmen. | |
| Der Kultursenator betonte die besondere Verantwortung Berlins beim | |
| Gedenken: „Es gibt keinen besseren Ort, um den Sieg über den Faschismus zu | |
| feiern.“ Berlin sei einerseits das politische Zentrum des Faschismus | |
| gewesen, stehe heute aber für eine weltoffene und bunte Gesellschaft. | |
| Ursprünglich geplant waren unter anderem eine Open-Air-Ausstellung mit | |
| großformatigen Bildern am Brandenburger Tor, die insbesondere die in den | |
| letzten Kriegstagen stattfindende Schlacht um Berlin mit historischen | |
| Aufnahmen und Geschichten illustrieren sollte. „Wir mussten eine komplette | |
| Vollbremsung machen“, [1][schildert Moritz van Dülmen, Geschäftsführer der | |
| Kulturprojekte Berlin, die Auswirkungen der Coronakrise.] | |
| ## Ausstellung und Podcastreihe | |
| Die Verantwortlichen standen vor der Herausforderung, die Ausstellung in | |
| kürzester Zeit für den digitalen Raum zu adaptieren, damit sie für die | |
| Besucher*innen infektionssicher von zu Hause aus erlebbar wird. Dabei | |
| herausgekommen ist die virtuelle Ausstellung „Nach Berlin“. | |
| Zusätzlich zur Ausstellung startet am Samstag, den 2. Mai, die gleichnamige | |
| Podcastreihe, die in sieben Folgen die Brüche und Kontinuitäten, die das | |
| Kriegsende mit sich brachte, mit prominenten Gästen diskutiert. | |
| Jedoch nicht alle Veranstaltungen, die anlässlich des Jahrestags geplant | |
| waren, konnten ins digitale Format übertragen werden. Der Staatsakt mit | |
| Bundespräsident Steinmeier, zu dem auch die Kanzlerin und internationale | |
| Gäste eingeladen wurden, fällt ersatzlos aus. | |
| Auch das jährliche Fest des [2][Deutsch-Russischen Museums in Karlshorst] | |
| wird verschoben. Immerhin der Kapitulationssaal – der Ort, an dem die | |
| Kapitulation unterschrieben worden ist – wird voraussichtlich geöffnet | |
| sein, wenn auch aufgrund der Abstandsregelungen mit langen Wartezeiten zu | |
| rechnen sein wird. | |
| Andere Veranstaltungen wie die Kranzniederlegung am Sowjetischen Ehrenmal | |
| im Treptower Park, werden dieses Jahr nur in stark verkleinerter Form | |
| stattfinden. In welcher Form das Fest unter dem Motto „Solidarität statt | |
| Nationalismus“, das jährlich vor dem Ehrenmal stattfindet, gefeiert wird, | |
| ist noch unklar. „Wir werden präsent sein“, versichert Florian Gutsche, | |
| Sprecher des [3][Vereins der Verfolgten des Nationalsozialismus – Bund der | |
| Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)], der an der Organisation | |
| beteiligt ist. | |
| Zusätzlich rief der VVN-BdA dazu auf, selbstständig in der Zeit bis zum 8. | |
| Mai Blumen an verschiedenen Gedenkorten niederzulegen und diese auf Social | |
| Media unter dem Hashtag #TagderBefreiung zu posten, um somit große | |
| Menschenansammlungen zu vermeiden. | |
| Zum Jubiläum flammte auch die Debatte wieder auf, den 8. Mai bundesweit zu | |
| einem dauerhaften gesetzlichen Feiertag zu machen. [4][Auschwitzüberlebende | |
| und VVN-BdA-Mitglied Esther Bejarano startete eine entsprechende | |
| Onlinepetition], die bisher fast 60.000 Unterstützende unterschrieben. | |
| „Es ist nicht hinnehmbar, dass 75 Jahre danach extreme Rechte in allen | |
| deutschen Parlamenten sitzen und in immer rascherer Folge Mord auf Mord | |
| folgt“, klagt Bejarano in der Petition. Aus dem 8. Mai lernen heiße | |
| „aufzustehen, wenn Jüdinnen und Juden, wenn Roma oder Sinti, wenn | |
| Geflüchtete, wenn Menschen rassistisch beleidigt oder angegriffen werden“, | |
| so die Holocaustüberlebende. Auch Kultursenator Lederer schloss sich am | |
| Montag dieser Forderung an. | |
| 2 May 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.kulturprojekte.berlin/projekt/75-jahre-kriegsende/ | |
| [2] https://www.museum-karlshorst.de/ | |
| [3] https://vvn-bda.de/ | |
| [4] https://www.change.org/p/8-mai-zum-feiertag-machen-was-75-jahre-nach-befrei… | |
| ## AUTOREN | |
| Jonas Wahmkow | |
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