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# taz.de -- Zapatistas in Mexiko: Kaum eine Straße ist noch sicher
> Die Zapatistische Befreiungsarmee (EZLN) schließen vorübergehend ihre
> zivilen Selbstverwaltungsstrukturen. Die Lage wird zunehmend schwierig.
Bild: Demonstrierende Otomís fordern in Solidarität mit den Zapatistas für d…
Oaxaca taz | Die Zapatistische Befreiungsarmee (EZLN) aus dem
südmexikanischen Bundesstaat Chiapas schließt vorübergehend ihre zivilen
Selbstverwaltungsstrukturen. Nach einer tiefgründigen und selbstkritischen
Analyse sowie der Konsultation aller verbündeten Gemeinden habe man
beschlossen, die Zapatistischen Rebellischen Autonomen Landkreise und die
Räte der Guten Regierung abzuschaffen, erklärte der Sprecher der indigenen
Rebell*innen, Subkommandant Moises, in einem jüngst veröffentlichten
Kommuniqué. Wie die Indigenen künftig die zapatistische Autonomie im
legalen Rahmen organisieren werden, ließ er offen.
Ohne explizit einen Zusammenhang herzustellen, beschreibt die Zapatistische
Befreiungsarmee (EZLN) in ihrer Stellungnahme zugleich die schwierige Lage
im südmexikanischen Bundesstaat [1][Chiapas] angesichts der zunehmenden
Gewalt und der Präsenz krimineller Organisationen. „Die wichtigsten Städte
von Chiapas befinden sich im kompletten Chaos“, schreibt Moises. Es gebe
Straßenblockaden, Überfälle, Entführungen, Schutzgelderpressungen,
Zwangsrekrutierungen und Schießereien.
[2][Knapp 30 Jahre nachdem die EZLN im Januar 1994] mit einem bewaffneten
„Aufstand der Würde“ weltweit Aufmerksamkeit erregte, suchen die
Rebell*innen angesichts der Entwicklungen neue adäquate Formen, um ihre
Gemeinden autonom zu regieren. Seit Langem ist bekannt, dass Dörfer in
vielen Regionen mit der organisierten Kriminalität zu kämpfen haben.
Bereits vor zwei Jahren erklärten die Indigenen, Chiapas befinde sich „am
Rande eines Bürgerkriegs“. Im Mai wurde ein zapatistisches Dorf attackiert
und mehrere Menschen verletzt.
## Organisierte Kriminalität im ganzen Bundesstaat
Doch nicht nur in den von der EZLN kontrollierten Gebieten hat der
kriminelle Terror zugenommen. Kaum eine Straße in dem Bundesstaat ist noch
sicher. Paramilitärs und Selbstverteidigungsgruppen liefern sich
Auseinandersetzungen, in die oft auch staatliche Kräfte involviert sind.
Immer wieder müssen Menschen aus ihren Gemeinden flüchten,
Aktivist*innen werden angegriffen. Die [3][Menschenrechtsorganisation
Frayba] geht davon aus, dass die bewaffneten Gruppen die Gewalt benutzen,
um ihre soziale, politische, wirtschaftliche und territoriale Kontrolle zu
sichern und zugleich in staatlichem Interesse Widerstandsbekämpfung zu
betreiben.
An der Grenze zu Guatemala, wo täglich [4][Migrant*innen nach Mexiko
einreisen], kämpfen die größten mexikanischen Mafiaorganisationen, das
Sinaloa- und das Jalisco-Kartell, um die Hoheit. Im September konnten
deshalb über Wochen hinweg 280.000 Einwohner*innen die Region nicht
verlassen. Weder Lebensmittel noch Benzin gelangten in die Dörfer. Menschen
wurden gezwungen, sich an den Blockaden des Sinaloa-Kartells zu beteiligen
und den Kriminellen für Promotionsvideos zuzujubeln. Tausende mussten schon
vorübergehend flüchten. Vergangene Woche schwammen mehrere in Plastiktüten
verpackte Leichen den dort gelegenen Grenzfluss Rio Suchiate hinunter.
## Untätigkeit der Behörden gefährdet Menschenleben
„Chiapas ist zerrissen vom organisierten Verbrechen“, erklärt die Diözese
der Provinzhauptstadt San Cristóbal de las Casas und erhebt Vorwürfe gegen
die Regierung: „Das Schweigen der Behörden zeugt von einem gescheiterten
Staat, in dem lokale und regionale Staatsanwaltschaften, Bürgermeister
sowie bundesstaatliche und föderale Regierung von kriminellen Gruppen
unterwandert sind oder überholt wurden.“
Nach Meinung der EZLN sind Rathäuser von „legalen Auftragsmördern“ und dem
„desorganisierten Verbrechen“ besetzt. Unter anderem macht sie den
Gouverneur des Bundesstaates, Rutilio Cruz Escandón der Morena-Partei
[5][des Präsidenten Andrés Manuel López Obrador], und den Staatschef für
die Eskalation verantwortlich. Das Militär und Polizeieinheiten in Chiapas
schützen nicht die Zivilbevölkerung, heißt es im Kommuniqué. „Sie sind nur
hier, um die Migration einzudämmen.“
Nach gescheiterten Friedensverhandlungen mit der Regierung in den 1990er
Jahren kümmerten sich die Zapatist*innen vor allem darum, eigene
Projekte wie Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser aufzubauen. Sie
schufen jene eigenen Selbstverwaltungsstrukturen, die nun geschlossen
werden. Den 30. Jahrestag ihres Aufstands vom 1. Januar 1994 will die EZLN
trotzdem mit ihren Verbündeten feiern. Von Weihnachten bis Neujahr sollen
die Feste stattfinden.
Hinweis: In einer früheren Version des Artikels wurden die auf dem Foto
abgebildeten Personen als Zapatistas bezeichnet. Das trifft nicht zu, es
handelt sich um Otomís in Mexiko Stadt. Wir haben den Fehler korrigiert.
12 Nov 2023
## LINKS
[1] /!1365669/
[2] /CHRONIK-EINER-REBELLION-Von-der-Gruendung-in-den-Bergen-von-Chiapas-zu-30-…
[3] https://comunidad.frayba.org.mx/
[4] /Hunderte-Menschen-in-verschlossenen-Lastzuegen/!5804276/
[5] /Organisierte-Kriminalitaet-in-Mexiko/!5947495
## AUTOREN
Wolf-Dieter Vogel
## TAGS
Mexiko
Zapatisten
Jahrestag
Organisierte Kriminalität
Kolumne Latin Affairs
Zapatisten
Wien
Schwerpunkt Femizide
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