# taz.de -- Wohnungsnot in Berlin: Räumen führt zu Obdachlosigkeit | |
> Zwei Wohnwagensiedlungen sollen geräumt werden. Für viele | |
> Bewohner*innen könnte die Wohnsituation dadurch noch prekärer werden. | |
Bild: Das soll eine Alternative sein? Schlafsaal in einer Berliner Notunterkunft | |
Egal wie man es dreht und wendet: Die Wohnsituation für die | |
Bewohner*innen der zwei illegalen Wohnwagensiedlungen in | |
Treptow-Köpenick bleibt prekär, ob die Wohnprojekte nun wie geplant geräumt | |
werden oder nicht. | |
Nach Jahren der Auseinandersetzung ordnete der Bezirk die Auflösung der | |
Siedlungen auf den Grundstücken Moosstraße 56-58 und Adlergestell 552-552A | |
an. Laut Bezirk leben dort rund 155 Personen. Das [1][Verwaltungsgericht | |
Berlin bestätigte] Ende Februar das Räumungsvorhaben. | |
In einem Container oder Wohnwagen zu leben, klingt nach romantischer | |
Tiny-House- und Camping-Idylle. Ist es aber nicht. Der Bezirk bemängelt den | |
Brandschutz und die Rettungswege sowie unzureichende Sanitäranlagen. Durch | |
die baulichen Zustände bestünde eine konkrete Gefährdung für Leib und | |
Leben. Dem Grundstücksbesitzer wird vorgeworfen, die Notsituation der | |
Menschen finanziell ausgenutzt zu haben. | |
Dennoch: Viele der Bewohner*innen ziehen die Unterkunft in den | |
Wohnwagencamps der staatlichen Unterbringung in sogenannten Asog-Heimen | |
vor. Besser als Obdachlosigkeit ist es jedenfalls. Denn das ist ja die | |
Alternative, die vielen Bewohner*innen droht, und sie ist | |
gleichbedeutend mit einer Gefahr für Leib und Leben. Ein Dilemma. | |
Eigentlich soll es mit der Entscheidung den Bewohner*innen besser | |
ergehen. Selbst wenn sie nach der Räumung in eine staatliche Unterkunft | |
umziehen müssten, würde dies deren Wohnsituation stabilisieren, heißt es | |
von einer Sprecherin des Bezirks. In dieser Bevormundung wird ersichtlich, | |
dass kaum mit den Bewohner*innen gesprochen wird und das allermeiste | |
nur über deren Köpfe hinweg entschieden wird. | |
Der [2][Arbeitskreis (AK) Wohnungsnot fordet,] die Räumung zu unterlassen | |
und dafür die Errichtung eines „Safe Place“ zu diskutieren. Anfang | |
vergangener Woche [3][nahm Ulrich Ziegler diesen Vorschlag auf] und bot dem | |
Bezirk dafür unentgeltlich Unterkünfte an. Das könnte eine Chance sein, | |
danke sozialarbeiterischer Begleitung langfristige Lösungen für die | |
Bewohner*innen zu finden und ihnen wirkliche Hilfe zukommen zu lassen. | |
## Der reguläre Wohnungsmarkt ist aussichtslos | |
Die Menschen der Wohnsiedlung leben ja nicht ohne Grund dort. Auf Berlins | |
fast aussichtslosen Wohnungsmarkt werden sie diskriminiert. Dort bleibt für | |
sie kein Platz. Als Sinti*zze und Rom*nja, Menschen mit | |
Migrationshintergrund oder schlechter Schufa haben die Bewohner*innen | |
oft keine Chance. | |
Der Bezirk will sich nun „amtintern“ über Zieglers Angebot beraten. Er tä… | |
gut daran, sich eine solche Alternative nicht vorschnell auszuschlagen. | |
Natürlich muss ein „Safe Place“ erst genauer definiert werden. Aber die | |
strukturellen Probleme auf dem Wohnungsmarkt werden bestehen bleiben; daher | |
dürften dies nicht die letzten Wohncamps in Berlin sein. | |
Wichtig ist vor allem: Die Menschen dürfen nicht immer weiter verscheucht | |
werden. Es muss möglich sein, sie mitentscheiden zu lassen. Sie brauchen | |
langfristig eine adäquate Wohnalternative unter Wahrung ihres Recht auf | |
Selbstbestimmtheit. | |
9 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berlin.de/ba-treptow-koepenick/aktuelles/pressemitteilungen/202… | |
[2] /Wohnungsnot-in-Berlin/!5924375 | |
[3] /Obdachlosigkeit-in-Berlin/!5925694 | |
## AUTOREN | |
Adefunmi Olanigan | |
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