# taz.de -- Wirtschaft und Menschenrechte: Der Norden interessiert sich nicht | |
> Kinder- und Zwangsarbeit, Hungerlöhne, kein Streikrecht: Wie kann man | |
> Konzerne für Vergehen haftbar machen? Wer will das überhaupt? | |
Bild: Wer schützt die Rechte der 11-jährigen Moyna, die in Dhaka Flaschen sor… | |
Vor allem die USA, aber auch Deutschland und einige andere EU-Staaten | |
wollen offenbar verhindern, dass im Rahmen der Vereinten Nationen rechtlich | |
verbindliche Menschenrechtsregeln für transnationale Konzerne vereinbart | |
werden. Washington boykottiert die seit Montag laufende dritte | |
Verhandlungsrunde zu einem Abkommen über Wirtschaft und Menschenrechte im | |
Rahmen des UN-Menschenrechtsrates in Genf vollständig. | |
Die EU ist zwar vertreten, ihre Diplomaten beteiligen sich aber kaum an der | |
inhaltlichen Debatte. Stattdessen stellen sie das 2014 mit einer Resolution | |
des Menschenrechtsrates beschlossene Mandat für die Verhandlungen infrage | |
und fordern die Erarbeitung einer neuen Resolution. | |
Diese Sabotagestrategie entspricht der Haltung der deutschen | |
Bundesregierung. Aus Berlin waren am ersten Tag zwar drei Mitarbeiterinnen | |
des Auswärtigen Amtes angereist, sie verstanden sich aber nur als | |
„Beobachterinnen“, da sich „Deutschland nicht an den Verhandlungen | |
beteiligt“. Zwei verließen Genf bereits am zweiten Tag wieder. Frankreich | |
und auch einige skandinavische Staaten hingegen diskutierten aktiv mit den | |
VertreterInnen des Südens über die Inhalte eines künftigen Abkommens. | |
Der Verhandlungsprozess begann im Juni 2014. Damals beschloss der | |
Menschenrechtsrat, eine „offene, zwischenstaatliche Arbeitsgruppe zur | |
Erarbeitung rechtlich verbindlicher Menschenrechtsregeln für transnationale | |
Konzerne und andere Wirtschaftsunternehmen“ einzusetzen. | |
Bei den ersten beiden Verhandlungsrunden 2015 und 2016 sammelten die | |
jeweils rund 80 teilnehmenden Staaten entsprechend den Vorgaben der | |
Resolution zunächst grundlegende Vorschläge zu Inhalt, Struktur und | |
Geltungsbereich eines künftigen Abkommens. Auf dieser Basis wiederum legte | |
Ecuador als Vorsitzland der Arbeitsgruppe den ersten Grobentwurf vor. Er | |
soll als Grundlage für Detailberatungen dieser dritten Verhandlungsrunde | |
dienen, an der 95 Staaten teilnehmen. | |
## Zurück in die Vergangenheit? | |
Sehr verärgert über die EU ist die sogenannte Treaty Alliance, eine | |
Koalition von weltweit über 1.000 Nichtregierungsorganisationen. Sie warfen | |
den Brüsseler Vertretern vor, „den Verhandlungsprozess über ein | |
rechtsverbindliches Abkommen zu zerstören und wieder zurückzukehren in die | |
Jahrzehnte der Unverbindlichkeit vor 2014“. | |
Bereits seit Ende der 1960er Jahre fordern Länder des Südens innerhalb der | |
Vereinten Nationen rechtsverbindliche Regeln für transnationale Konzerne | |
zur Einhaltung der Menschenrechtsnormen. Diese müssten von Überwachungs-, | |
Durchsetzungs- und Sanktionsmechanismen flankiert sein. Die ersten | |
Verhandlungen begannen 1977, erbrachten in den folgenden fast 40 Jahren | |
wegen des Widerstandes der Industriestaaten jedoch lediglich eine Reihe | |
rechtlich unverbindlicher, nicht einklagbarer Vereinbarungen zur | |
„freiwilligen Selbstverpflichtung“ von Unternehmen, die in der Praxis kaum | |
etwas bewirkten. | |
27 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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