# taz.de -- Windkraft in Schleswig-Holstein: Höher und breiter | |
> In Schleswig-Holstein sollen sich in Zukunft viel mehr Windräder drehen | |
> als bisher. Landschaftsschutzgebiete werden nicht mehr pauschal | |
> verschont. | |
Bild: Können in Schleswig-Holstein jetzt höher gebaut werden: Windkrafträder… | |
HAMBURG taz | Die schwarz-grüne Landesregierung hat am Dienstag die | |
Eckpunkte zum [1][Windkraftausbau in Schleswig Holstein] bis 2032 | |
vorgestellt. Die Abstandsregeln zu Wohnsiedlungen sollen demnach bestehen | |
bleiben, dafür muss das Land aber insgesamt mehr Fläche für | |
Windkraftanlagen zur Verfügung stellen als bisher. Zudem entfällt künftig | |
die Höhenbegrenzung für Windkraftanlagen. Die verfügbaren Flächen sollen | |
dadurch effizienter und leistungsstärker genutzt werden können. | |
„Mit den Grundsatzbeschlüssen setzen wir die Erfolgsgeschichte der | |
Windenergie in Schleswig-Holstein nahtlos fort“, sagte Umweltminister | |
Tobias Goldschmidt (Grüne). „Windenergie an Land wird auch weiterhin den | |
größten Beitrag zur Energiewende leisten.“ Bis 2030 soll die Leistung durch | |
Windenergie an Land auf 15 statt wie bisher geplant auf 10 Gigawatt erhöht | |
werden – derzeit liegt sie bei rund 8 Gigawatt. | |
Nötig sind die Änderungen wegen des sogenannten Windflächenbedarfsgesetzes | |
von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), das im Februar 2023 in | |
Kraft getreten war. Das Gesetz sieht für jedes Bundesland einen | |
Mindestanteil der Flächen vor, die für Windkraftanlagen zur Verfügung | |
stehen. | |
In Schleswig Holstein sind aktuell [2][zwei Prozent der Landesfläche für | |
Windenergie vorgesehen] – damit würde man die Vorgaben des Bundes | |
eigentlich erfüllen. Allerdings gibt es in Schleswig-Holstein eine | |
Sonderregelung, durch die sich die tatsächlich nutzbare Fläche auf 1,1 | |
Prozent verringert. | |
## Drei Prozent der Landesfläche für die Windkraft | |
Die sogenannte Rotor-In-Regelung legt fest, dass die Rotorblätter der | |
Windräder nicht über die Grenze der ausgewiesenen Flächen hinausragen | |
dürfen. Der Bund rechnet aber nach dem Rotor-Out-Prinzip, weil damit mehr | |
Windräder auf der gleichen Fläche stehen können. Um also die gleiche | |
Leistung zu erzielen, muss Schleswig Holstein seine Windkraftfläche | |
insgesamt von zwei auf drei Prozent vergrößern. | |
„Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir deutlich stärker als bisher in | |
Schutzbelange eingreifen, um zusätzliche Vorranggebiete auszuweisen“, sagte | |
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Die Kriterien zur Ermittlung | |
von geeigneten Gebieten für Windräder werde deshalb in Teilen geändert. | |
Landschaftsschutzgebiete würden demnach nicht mehr pauschal von | |
Windkraftanlagen freigehalten. Auch die Abstände zu Wäldern sollen in | |
Zukunft abhängig von deren ökologischer Wertigkeit beurteilt werden und | |
nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Auch bei Naturschutzgebieten | |
soll der Abstand künftig vom jeweiligen Schutzziel des Gebietes abhängig | |
sein. Und auch an Brutplätze von Großvögeln könnten Windkraftanlagen | |
künftig näher heranrücken. | |
Zudem würden Höhenbegrenzungen für Windparks in Zukunft ausgeschlossen. | |
Bislang wurde der Windkraftausbau in Schleswig Holstein wesentlich von der | |
sogenannten 3H-/5H-Regelung bestimmt: Neue Windkraftanlagen durften nur | |
dann gebaut werden, wenn sie einen Abstand von ihrer dreifachen Höhe zu | |
einzelnen Wohnhäusern und ihrer fünffachen Höhe zu Wohnsiedlungen stehen. | |
## BUND mahnt zu mehr Artenschutz | |
Die Regel war ohnehin unsinnig, findet Carl-Heinz Christiansen vom | |
Umweltverband BUND. Auch er unterstützt weite Teile des schwarz-grünen | |
Klimaschutzprogramms. Gleichzeitig müssten aber etwa auch | |
Artenschutzprojekte weiterhin ernsthaft verfolgt werden. Man habe | |
Kompromisse zugunsten des Klimaschutzes gemacht, räumte Energieminister | |
Goldschmidt ein. Dennoch: „Klima- und Naturschutz sind zwei Seiten | |
derselben Medaille.“ | |
Das Festhalten an den Mindestabständen zu Wohngegenden sei ein wichtiger | |
Schlüssel, um [3][die Akzeptanz für Windkraftanlagen in der Bevölkerung] | |
weiter aufrechtzuerhalten, so Sütterlin-Waack. Nach wie vor müssten | |
Vorranggebiete mindestens 400 Meter Abstand zu alleine stehenden | |
Wohnhäusern halten, zu größeren Wohnsiedlungen sowie Dörfern und Städten | |
800 respektive 1.000 Meter. | |
Das sei alles richtig, so Marc Timmer, energiepolitischer Sprecher der | |
SPD-Fraktion im Landtag. Dennoch würden künftig mehr Schleswig-Holsteiner | |
in der Nähe von Windparks wohnen. Es brauche daher einen | |
Interessensausgleich für die Betroffenen, die von kommunikativen Maßnahmen | |
bis hin zu finanziellen Ausgleichszahlungen reichen könnten. | |
Die Windenergie-Branche begrüßt die Pläne, sagte der Geschäftsführer des | |
Landesverbandes Erneuerbare Energien, Marcus Hrach. | |
19 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Graeber | |
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