# taz.de -- Weltweite Reaktionen auf Nahostkonflikt: Raketen und klingelnde Tel… | |
> Nahostvermittler suchen nach Möglichkeiten, den Krieg zwischen Israel und | |
> der Hamas zu beenden. Die US-Regierung hält sich auffällig zurück. | |
Bild: Ruinen in in Rafah im Gazastreifen nach einem israelischen Luftangriff am… | |
Während der [1][Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen und Israels | |
Bombardement des Küstengebiets] in die zweite Woche gehen, haben | |
internationale Bemühungen um ein Ende der Gewalt bislang keinerlei Ergebnis | |
gebracht. Unter anderem die Außenminister Katars, Ägyptens, Saudi-Arabiens | |
sowie der USA haben sich telefonisch miteinander ausgetauscht, doch ist es | |
bei Appellen zur Deeskalation geblieben. | |
Auch die Sondergesandten des Nahost-Quartetts (USA, Russland, Vereinte | |
Nationen und EU) haben bislang lediglich miteinander telefoniert. Dabei sei | |
es um mögliche Schritte gegangen, um auf eine Deeskalation hinzuwirken, | |
teilte Moskau am Montag mit. Ziel müsse eine Waffenruhe und der Schutz der | |
Bevölkerung sein. Seit der Eskalation des Konflikts zwischen Israel und der | |
militant-islamistischen Hamas am Montag vergangener Woche sind bereits mehr | |
als 200 Menschen getötet worden, 197 davon auf palästinensischer Seite. Am | |
Sonntag war eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats ohne gemeinsame | |
Stellungnahme zu Ende gegangen. Die USA blockierten die Erklärung. | |
Die US-Regierung hat sich in den vergangenen Tagen auffallend zurückhaltend | |
gezeigt. Präsident Joe Biden telefonierte mehrmals mit Israels | |
Regierungschef Benjamin Netanjahu und bekräftigte, dass Israel jedes Recht | |
auf Selbstverteidigung habe. Allerdings, so sagte es Jen Psaki, die | |
Sprecherin des Weißen Hauses, habe man auch Besorgnis über die | |
Bombardierung eines auch als Medienzentrum genutzten Hauses in Gaza-Stadt | |
ausgedrückt. | |
Auch Außenminister Anthony Blinken zeigte sich am Montag „sehr besorgt“ | |
angesichts der hohen Zahl an getöteten Zivilisten, „inklusive Kinder“. Im | |
Gazastreifen sind Dutzende Kinder getötet worden, in Israel zwei. | |
## Trumps Erbe scheint unumkehrbar | |
Die Biden-Regierung dürfte sich deshalb so zurückhalten, weil sie | |
eigentlich nur verlieren kann. Aus der eigenen demokratischen Partei kommt | |
scharfe Kritik vom linken Flügel. Die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez | |
schrieb auf Twitter: „Wenn die Biden-Regierung sich nicht einmal gegenüber | |
einem Verbündeten behaupten kann, wem gegenüber denn dann? Wie können sie | |
glaubwürdig behaupten, für Menschenrechte einzustehen?“ Der Senator Bernie | |
Sanders schrieb in der New York Times: „Wir dürfen im Nahen Osten, wo wir | |
jährlich fast 4 Milliarden Dollar Militärhilfe an Israel geben, nicht | |
länger die Entschuldiger der rechten Netanjahu-Regierung und ihres | |
undemokratischen und rassistischen Verhaltens sein.“ | |
Auf der anderen Seite stehen die Republikaner*innen, deren Präsident Donald | |
Trump in seiner vierjährigen Amtszeit fast allen Wünschen Netanjahus | |
entgegengekommen war: vom Ausstieg aus dem internationalen Iranabkommen bis | |
zum Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem und dem | |
Einverständnis zur Annexion weiter Teile des Westjordanlands. Das zu | |
kritisieren, war für die damals oppositionellen Demokrat*innen nicht | |
schwer. Die Maßnahmen aber – unter erwartbarem Protest Israels – | |
zurückzunehmen, würde politisch teuer werden. | |
Denn auch viele moderate Demokrat*innen teilen diese Positionen. Die | |
bedingungslose militärische Unterstützung Israels ist seit Jahrzehnten | |
überparteiliche US-Politik. Nicht einmal die Obama-Biden-Regierung, die | |
vermutlich die schlechtesten Beziehungen eines Weißen Hauses zu einer | |
israelischen Regierung je hatte, hat daran gerüttelt. | |
So war es kein Zufall, dass Biden in seinen ersten außenpolitischen | |
Grundsatzreden als Präsident den Nahostkonflikt mit keinem Wort erwähnte. | |
Bidens einziger Plan in der Region war es, den Atomdeal mit dem Iran zu | |
erneuern. Gespräche hierzu laufen derzeit in Wien. Allerdings dürften diese | |
unter dem Eindruck der vom Iran mitfinanzierten Hamas-Raketenangriffe | |
kompliziert werden. | |
## Unvereinbare Positionen in der EU | |
Eine wichtige Rolle kommt vor dem Hintergrund der US-amerikanischen | |
Passivität nun Ägypten und Katar zu. Beide Staaten haben in der | |
Vergangenheit immer wieder Waffenruhen zwischen Israel und der Hamas | |
vermittelt, Katar zuletzt im vergangenen August. Im Gazakrieg 2014 war | |
Ägypten maßgeblich an der Vermittlung eines dauerhaften Waffenstillstands | |
beteiligt. Katar unterhält enge Verbindungen zur Hamas und bewahrt das von | |
ihr kontrollierte Küstengebiet mit jährlichen Finanzpaketen in | |
dreistelliger Millionenhöhe vor dem totalen Kollaps. Dabei spricht sich | |
Doha eng mit der israelischen Regierung ab, was Katar auch auf israelischer | |
Seite eine gewisse Akzeptanz eingebracht hat. | |
Unterdessen will sich die EU am Dienstag auf einer Krisensitzung der | |
Außenminister mit der Lage in Israel und Gaza befassen. Man werde sich über | |
Möglichkeiten abstimmen, die Gewalt zu beenden, sagte der | |
EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. | |
In Brüssel rechnet jedoch kaum jemand mit einem Erfolg der Videokonferenz. | |
Schon bei ihrem letzten regulären Treffen vor einer Woche konnten sich die | |
EU-Außenminister nicht auf eine gemeinsame Position einigen. | |
Dies liegt auch an Deutschland, das bisher jede Kritik an Israel | |
zurückweist. Bevor man über Frieden reden könne, müsse der „Raketenterror… | |
der Hamas enden, erklärte Außenminister Heiko Maas. Demgegenüber setzen | |
sich Frankreich, Belgien und Luxemburg für eine Waffenruhe ohne | |
Vorbedingungen ein. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn fordert sogar, | |
sich auf die Seite der Palästinenser*innen zu schlagen und einen | |
palästinensischen Staat anzuerkennen. | |
## Früher gab die EU den Ton an | |
Zwischen diesen Positionen ist kaum eine Verständigung möglich. Der Spanier | |
Borrell versucht es mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner: Er fordert, das | |
Blutvergießen auf beiden Seiten zu beenden und auch über die | |
„tieferliegenden Ursachen“ des Konflikts zu sprechen. Gemeint ist die | |
Weigerung Israels, über eine Zweistaatenlösung zu reden und die aus | |
EU-Sicht illegale Besatzung der palästinensischen Gebiete zu beenden. | |
Doch selbst diese Kompromissformel ist umstritten. Vor zwanzig Jahren haben | |
die Europäer*innen noch den Ton angegeben, wenn es um eine | |
Friedenslösung im Nahen Osten ging. Borrells Amtsvorgänger Javier Solana | |
wurde gehört und geachtet. Dazu trugen auch die Milliardenhilfen für die | |
Palästinenser*innen bei. Heute ist die EU kaum noch sprechfähig. Sie | |
protestiert nicht einmal mehr, wenn Israel ein EU-finanziertes Projekt | |
zerstört oder – wie in Gaza – die Büros von Nachrichtenagenturen angreift. | |
Anmerkung der Redaktion: Unter den zehn Toten auf israelischer Seite sind | |
zwei Kinder. In einer früheren Version dieses Textes war von einem die | |
Rede. Wir haben die entsprechende Stelle korrigiert. | |
17 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
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