| # taz.de -- Eskalation im Nahen Osten: Ein Konflikt an drei Fronten | |
| > Die Gewalt von jüdischen und arabischen FanatikerInnen wirft die brüchige | |
| > Koexistenz um Jahrzehnte zurück. Es ist auch ein Ergebnis | |
| > jahrzehntelanger Besatzung. | |
| Bild: Palästinenser in den Trümmern von durch Israel zerstörten Gebäuden im… | |
| Probleme auszusitzen klappt in den seltensten Fällen. Über Jahre ließen | |
| Regierung und Öffentlicheit in Israel das sogenannte Palästinenserproblem | |
| außen vor. Es blieb überwiegend ruhig, das machte es bequem, sich anderen | |
| Problemen zuzuwenden, wohl wissend, dass das Pulverfass jederzeit | |
| explodieren kann. Jetzt knallt es, und es knallt an drei Fronten. | |
| In Jerusalem kämpfen PalästinenserInnen gegen Häuserenteignungen, gegen | |
| Freiheitseinschränkungen und gegen die sozialen Ungleichheiten. Im | |
| Gazastreifen heizt die islamistische Führung der Hamas die Gewalt an, weil | |
| sie frustriert ist über das Aussetzen der geplanten Parlamentswahlen, bei | |
| denen sie gute Chancen gehabt hätte, als stärkste politische Macht | |
| abzuschneiden. Und in arabisch-israelischen Ortschaften entlädt sich die | |
| Wut über die Zweiklassengesellschaft und über die unterschiedlichen | |
| Bedingungen für Israels jüdische und arabische BürgerInnen. | |
| Auch wenn die Hamas bislang recht erfolgreich daran arbeitet, die Fronten | |
| verschmelzen zu lassen, wenn sie verlautbaren lässt: „Wir kämpfen für | |
| Jerusalem“, und wenn sie die arabischen UnruhestifterInnen bejubelt, die | |
| Autos und sogar Synagogen in Brand stecken, so sind es doch drei Fronten | |
| mit unterschiedlichen Hintergründen und unterschiedlichen Auswegen aus der | |
| Gewalt. | |
| Die Hamas nutzte die Gunst der Stunde, als in Jerusalem der Protest gegen | |
| [1][die geplante Zwangsräumung mehrerer palästinensischer Wohnhäuser | |
| hochkochte]. Drohende Zwangsräumungen gehören zum Alltag Hunderter Familien | |
| in Ostjerusalem. Sie boten noch nie Grund für die islamistische Führung im | |
| Gazastreifen, Raketen abzufeuern. | |
| ## Mahmud Abbas' politisches Eigentor | |
| Die plötzliche Solidarität der Hamas ist ein heuchlerischer Vorwand für die | |
| [2][Angriffe gegen Israel], mit denen in Wirklichkeit ein ganz anderer | |
| Feind gemeint ist: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Er erschütterte die | |
| von ihm selbst geschürte Hoffnung auf ein Ende der palästinensischen | |
| Teilung und der politischen Isolation des Gazastreifens, als er zuerst | |
| Wahlen ansetzte, [3][um sie dann wieder abzusagen]. Diesmal dürfte ihm sein | |
| Taktieren ein Eigentor verschafft haben. Bei den aktuellen Entwicklungen | |
| zieht nicht er, sondern die Hamas die Fäden und punktet in Ostjerusalem, im | |
| Westjordanland und im Gazastreifen. | |
| Es ist schon erstaunlich, wie es dem von der Welt abgeschnittenen, winzigen | |
| Küstenstreifen gelingt, einen militärisch so hoch gerüsteten Staat wie | |
| Israel so plötzlich in den Ausnahmezustand zu zwingen. Würden die Milizen | |
| der Hamas ihr Talent und ihre Ausdauer in den Aufbau landwirtschaftlicher | |
| Gewerbe, Handwerksunternehmen und den Tourismus stecken anstatt in die | |
| Entwicklung von Sprengstoff und Raketen, wären die Menschen dort längst aus | |
| ihrer Armut befreit. | |
| Doch alle Energie, alle Mittel fließen in den Kampf gegen „die Zionisten“. | |
| Israel bleibt kaum eine Alternative, als hart zu kämpfen, um durch | |
| Abschreckung erneut eine Auszeit zu erreichen, in der man sich wieder | |
| anderen Problemen widmen kann. Bis zur nächsten Runde. | |
| Anders im Westjordanland. Dort gibt es mit der [4][Fatah], die sich an den | |
| gewaltlosen Widerstand gegen die Besatzung hält, einen klaren | |
| Handlungsspielraum, der sich nutzen ließe, will man die Hamas politisch | |
| schwächen. So hätte man Abbas mit einer längst überfälligen | |
| Gefangenenamnestie politischer Häftlinge, die der Fatah angehören, | |
| innenpolitisch den Rücken stärken können. | |
| Innerhalb Israels wirft die blinde Gewalt von jüdischen und arabischen | |
| FanatikerInnen die brüchige Koexistenz der beiden Völker um Jahrzehnte | |
| zurück. Was heute in Israel passiert, ist das Ergebnis der jahrzehntelangen | |
| Besatzung, der Kontrolle über ein Volk, das willkürlichen | |
| Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt ist, der Kompromisslosigkeit | |
| religiöser Extremisten, die den Weg zum Frieden verbauten, des angestautem | |
| Hasses, der systematisch genährt wurde mit der rassistischen Hetze | |
| verantwortungsloser PolitikerInnen. | |
| 14 May 2021 | |
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| [4] https://de.wikipedia.org/wiki/Fatah | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Knaul | |
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