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# taz.de -- Was sich lohnt beim Gallery Weekend: Schwingt die Sellerie-Sticks!
> Alle Wege führen zum Gallery Weekend oder besser gesagt ins Land des
> Sellerie: Die besten Shows in den Galerien und Off-Spaces von Crone bis
> rosalux.
Bild: Im Programm des GW: María Magdalena Campos Pons' Film „Family Whisper�…
Auf alle möglichen und unmöglichen Situationen der Rezeption darf man sich
beim diesjährigen [1][Gallery Weekend] freuen, das vor der Tür steht. Hier
also der Versuch zu ein paar Tipps zum Weekend selbst wie zu alternativen
Events und Ausstellungen. Ein Favorit von mir ist in jedem Fall „Simurg.
Zehn Künstlerinnen aus Iran“ bei [2][Crone], allein schon wegen Soheila
Sokhanvari. Über ihre vor zwei Monaten im Barbican Centre zu Ende gegangene
Show „Rebel Rebel“ mit Porträts weiblicher Künstlerstars vor der Revoluti…
als Miniaturmalerei, kann ich mich noch immer begeistern.
Es sind große Namen in dieser Show bei Crone, und die Kuratorin Basak
Senova hat Arbeiten ausgesucht, die ein breites Spektrum an Themen und
Formen, aber auch Materialien und Medien umfassen. Grundsätzlich aber geht
es um Erinnerung und Identität, eine fast zwangsläufige Auseinandersetzung
für Künstlerinnen der Diaspora.
Barbara Thumm präsentiert gleich zwei in Berlin neue Positionen. Die in
Kuba geborene Künstlerin María Magdalena Campos-Pons zeigt das neue
Mehrkanal-Video „Family Whisper“, das spirituelle Motive der Kreolisierung
aufgreift. „Dining Chaos“ benennt eine Serie von fünf Gemälden, die der
kenianische Künstler Kaloki auf dem Höhepunkt der Bürgerproteste in Nairobi
malte. Dem Künstler, der außer Farbe auch Flechtwerk, genähte Seile und
Collagen auf seinen Leinwänden schichtet, gelingt so eine brillante
Verbindung von Erzählung und Werkstoff.
Als Antidot zur Wucht all der Malerei auf dem Gallery Weekend empfiehlt
sich „How to Look at Words“ von Adib Fricke bei [3][Vincenz Sala]. Fricke
treibt sein Spiel mit der früh erlernten Kulturtechnik des Lesens und damit
der Konditionierung, nicht umhin zu können, jede Abfolge von Buchstaben,
und sei sie noch so bunt, als Wort lesen zu müssen. Und bunt und materiell
sind Frickes Worte, ob sie Plakat sind, Tafelbild, Filmloop oder
installative Arbeit im Raum wie „Transform Structure“, aus Puderzucker
Schneeweiß auf den Boden schabloniert. In einer Art Umkehrung des
Magritteschen Surrealismus möchte man von Frickes Konkretismus sprechen,
anlässlich wörtlicher Aussagen wie „Words Sprayed on a Wall“ oder „Words
Cut Out of Cardboards“, die genau das beschreiben, was materiell zu sehen
ist.
## Ein Plattenbau bis zur Decke
Last not Least muss unbedingt das [4][Sellerie Weekend 23] genannt werde.
Man sollte nicht versäumen sich die eine oder andere Ausstellung im
Programm der Projekträume während des Gallery Weekend anzuschauen – und das
mit der Verkauferei zu unterstützen. Fündig wird man. Immerhin sind 60
Off-Spaces, unter anderem Crystall Ball, Lage Egal, Rosalux oder Savvy
Contemporary, mit insgesamt 222 Artists im Programm vertreten.
Die künstlerische Recherche zur Klimakrise, die die Künstlerinnen Cammack
Lindsey (am Müggelssee), Gülşah Mursaloğlu (über den Verbrauch von Erde)
und Sybille Neumeyer (über die Verstrickungen von Menschen, Wetter und
Insekten in einer datengesteuerten Welt) unternehmen sind gerade noch im
Art Laboratory zu sehen.
Wo man noch vorbeischauen sollte ist das Kühlhaus. Für „Bottom Up“, das am
Sonntag endet, haben sich 36 Kunstschaffende – darunter beispielsweise John
Bock, Fritz Bornstück, Sven Drühl, Nezaket Ekici, Philip Grözinger, Jan
Muche und Sophia Pompéry – zusammengefunden und über drei Stockwerke hinweg
eine ausgesprochen lebendige, anregende Ausstellung installiert. Beherrscht
wird sie von Annett Zinsmeisters vom Boden bis zum Dach erreichenden
Textil-Plattenbau in Fotodruck.
Thomas Henninger verstört mit einem Landschaftsbild, das Rätsel aufgibt,
weil es ausschaut wie nach der Natur, wobei die dann doch sehr unnatürlich
erscheint. Tatsächlich ist sie eine Konstruktion aus Aquarellmalerei,
digitaler Bildbearbeitung und Fotografie.
Fotografie ist Boris Mikhailovs Metier. Und dabei steht im Zentrum seiner
Arbeiten der menschliche Körper, nackt, verletzlich, unvollkommen und doch
anrührend und schön. Seine in Hinblick auf die aktuelle Kriegskatastrophe
so hellsichtige, 2019 entstandene Dia-Serie „Ispytanije smertju“ (Prüfung
durch Tod) ergänzen in der [5][Werkstattgalerie] malerische Anmerkungen von
Ingeborg zu Schleswig-Holstein.
Mikhailov setzt in der Serie, die zuletzt in seiner großen Pariser
Retrospektive zu sehen war, die Mitte Januar endete, Mensch und Verderben
im Bild gegeneinander. Im Dialog mit dem Künstler und seinem Werk malt
Schleswig-Holstein erstmals auf Aluminiumplatten, wobei sie auf
vereinzelten Platten auch mit dem Pinsel Farbe über und in die Fotos von
Boris Mikhailov bringt, die auf die Aluplatten kaschiert wurden.
26 Apr 2023
## LINKS
[1] https://www.gallery-weekend-berlin.de/
[2] https://www.galeriecrone.com/
[3] https://www.vsala.com/Vincenz_Sala.html
[4] https://sellerie-weekend.de/
[5] http://www.werkstattgalerie.org/
## AUTOREN
Brigitte Werneburg
## TAGS
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