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# taz.de -- Wahlen in Bolivien: Der Traum ist aus
> Durch Misswirtschaft hat sich Boliviens Linke selbst zerstört. Dass sie
> es nicht in die Stichwahl schafft, hat sie sich selbst zuzuschreiben.
Bild: Entre Rios, Cochabamba, Bolivien, 17. August: eine Frau sucht ihren Namen…
Die Bolivianer*innen [1][haben die langjährige linke Regierungspartei
abgewatscht]. Egal ob der Christdemokrat Rodrigo Paz oder der
Rechtskonservative Jorge „Tuto“ Quiroga, jahrzehntelanger Gegner der linken
Partei MAS, die Präsidentschaftswahl am Ende gewinnt: Es ist vorbei mit
mehr als 20 Jahren Herrschaft der „Bewegung für den Sozialismus“.
Es war ein schöner Traum. Raus aus der Armut, raus aus dem Rassismus, als
Land unabhängig sein. Denen eine Stimme geben, die so lange verachtet
wurden: den Indigenen, den Menschen vom Land, den Bauern und Bäuerinnen und
den Armen. Eine Weile ging der Traum auf, dem Boom beim Gaspreis sei dank.
Vielleicht ist die Partei an ihrem eigenen Erfolg erstickt. An ihren
Zwei-Drittel-Mehrheiten, mit denen sie durchregierte und die Justiz immer
mehr zu ihrem Werkzeug machte. An ihrem Gründer Evo Morales, der erste
indigene Präsident Boliviens, dessen autoritäre Züge immer deutlicher
wurden. Der einfach immer weiter Präsident bleiben wollte, die Verfassung
dafür mit Hilfe der gleichgeschalteten Justiz nach Gusto umbaute. Und dann
die komplette Selbstzerfleischung der Partei, weil Morales keine weiteren
oder neuen Götter neben sich duldete.
Es ist verständlich, dass die Bolivianer:innen die Partei für den
katastrophalen Zustand ihres Landes verantwortlich machen, für die
schlimmste Krise in 40 Jahren. Wen denn sonst, bei 20 Jahren Dominanz?
Die war der Nährboden für Korruption und Misswirtschaft.
Parteizugehörigkeit zählte natürlich mehr als Qualifikation. Die
Staatsbetriebe waren Millionengräber. Die Sozialprogramme waren nicht
nachhaltig. 80 Prozent der Bolivianer*innen arbeiten heute im
informellen Sektor, in der brutalsten Form des Kapitalismus, ohne jegliche
soziale Absicherung.
Der sogenannte Sozialismus ist in Wahrheit schon lange krasser
Neoliberalismus. Der Staat ist, in all seiner bunten multinationalen
Symbolik, komplett [2][auf Naturausbeutung ausgerichtet] – von den
Rohstoffen bis hin zur Landwirtschaft. Davon profitierten die alten und
neuen Eliten – auf Kosten derer, die den Traum einst träumten: Indigene und
Landbevölkerung, deren Wälder für Sojafelder abgebrannt wurden, durch deren
Land Straßen gebaut wurden, deren Flüsse und Böden vom Goldabbau vergiftet
wurden. Auf die Idee, neue, nachhaltige Wirtschaftszweige aufzubauen, die
Wirtschaft zu diversifizieren, kam die sozialistische Langzeitregierung
nicht.
Das Bittere ist: Nur weil Indigene Frauen heute Ministerämter ausüben
können, ist der Rassismus nicht vorbei. Und daran, dass Naturausbeutung
Boliviens Zukunft ist, glauben nicht nur die Linken in Bolivien.
18 Aug 2025
## LINKS
[1] /Praesidentschaftswahlen-in-Bolivien/!6107373
[2] /Chemiker-ueber-Lithiumabbau/!6077192
## AUTOREN
Katharina Wojczenko
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