# taz.de -- Währungschaos im Libanon: Gescheiterter Neoliberalismus | |
> Nach dem Bürgerkrieg setzten Regierung und Banken auf das Einkommen der | |
> Diaspora. Die Pleite ist Folge der hohen Zinsen und teuren | |
> Staatsanleihen. | |
Bild: Dieser junge Mann würde lieber arbeiten, als Shisha zu rauchen. Viele Li… | |
Die Finanzkrise im Libanon zeigt, dass das [1][neoliberale | |
Wirtschaftsmodell] zum Scheitern verurteilt ist. Das Land durchlebt die | |
schwerste Wirtschaftskrise seiner jungen Geschichte. Nicht weniger als 80 | |
Prozent hat das libanesische Pfund schon an Wert verloren. Hunger ist das | |
dringendste Problem. Die Supermarktregale sind gefüllt, aber die Menschen | |
können sich Brot und Reis nicht mehr leisten. | |
Selbst subventionierte Lebensmittel sind inzwischen mehr als doppelt so | |
teuer wie vor der Krise, während die Zahl der Arbeitslosen ständig wächst. | |
Soforthilfen sind nötig und längerfristig Investitionen im produzierenden | |
Sektor, um sich aus der Abhängigkeit von teuren Importen zu lösen und | |
Lebensmittelsicherheit zu garantieren. In der Zeit nach dem Bürgerkrieg | |
schufen Banken und Politiker ein privatisiertes Land, in dem das meiste | |
Geld mit Finanzanlagen oder Immobilien gemacht wurde. Jobs wurden dadurch | |
nicht geschaffen. | |
Jetzt sind es vor allem [2][junge Arbeitslose, die Scheiben einschmeißen, | |
Molotowcocktails auf Bankfilialen werfen] und mit Schlagstöcken aufeinander | |
losgehen. Das System legt es darauf an, dass die Jugend das Land verlässt. | |
In finanzstarken Ländern wie Frankreich oder Deutschland verdiente die | |
Diaspora in ausländischen Währungen, die sie im Libanon anlegte. Die | |
Privatbanken lockten die Exillibanesen mit zweistelligen Zinsen. So konnte | |
die lokale Währung stabilisiert werden. | |
Die Banken investierten das Geld in hoch verzinste Anleihen an die | |
Regierung, was zu einer [3][hohen Staatsverschuldung] führte. Der Libanon | |
steuert auf eine Hyperinflation zu. Die Regierung verhandelt mit dem | |
Internationalen Währungsfonds. Viele Libanes*innen glauben, dass nur durch | |
internationalen Druck Reformen erzwungen werden können. Doch der IWF steht | |
nicht für soziale Reformen, sondern für Haushaltskürzungen und höhere | |
Steuern. | |
Im Libanon braucht es ein Sozialsystem. Ruhe wird erst einkehren, wenn der | |
Staat dem Volk dient. Nicht umgekehrt. | |
26 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Andauernde-Proteste-im-Libanon/!5690824 | |
[2] /Massenproteste-im-Libanon/!5636622 | |
[3] /Unruhen-im-Libanon/!5682099 | |
## AUTOREN | |
Julia Neumann | |
## TAGS | |
Protest | |
Libanon | |
Beirut | |
Staatsverschuldung | |
Libanon | |
Libanon | |
Vegetarismus | |
Libanon | |
Protest | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Staatskrise im Libanon: Adib wirft hin | |
Der designierte Regierungschef ist an einem Postenstreit gescheitert. | |
Mitten in der Wirtschaftskrise sucht der Libanon zum dritten Mal eine | |
Regierung. | |
Wirtschaftskrise im Libanon: Kein Frieden ohne Brot | |
Die Preise steigen inflationär, die Währung verfällt, viele verlieren ihren | |
Job. Die neue Regierung hat die Hoffnung auf Reformen nicht erfüllt. | |
Corona-Krise im Libanon: Beirut wird vegetarisch | |
Die Corona-Krise sorgt in Libanons Hauptstadt für Stromausfälle und | |
unterbrochene Kühlketten. Das gammelnde Fleisch will niemand. | |
Ausbeutung im Libanon: Hausangestellte auf der Flucht | |
Die Wirtschaftskrise im Libanon trifft migrantische Arbeiter:innen | |
besonders hart. Immer mehr Äthiopierinnen wollen nur noch raus aus dem | |
Land. | |
Andauernde Proteste im Libanon: Gegen das korrupte System | |
Zum ersten Mal seit der Coronakrise demonstriert Libanons Protestbewegung. | |
Es gibt Spannungen zwischen schiitischen und christlichen Milizionären. |