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# taz.de -- Verstärkung der ukrainischen Armee: Zum Ersten, zum Zweiten …
> T-Shirts, Kunstwerke, Fanartikel: Um Kriegsgerät für die Armee zu
> finanzieren, versteigern viele Ukrainer:innen ihr Hab und Gut.
Bild: Der Ex-Show-Star Sergei Pritula ist einer der Helfer, die erfolgreich Gel…
Luzk taz | In der vom Krieg gebeutelten Ukraine geht den Menschen langsam
das Geld aus. Um der Armee zu helfen, haben viele Menschen im Land
angefangen, alles Mögliche zu veräußern. So gibt es Fälle, wo aus zwei
Hrywnja Millionen Hrywnja werden.
Vor allem T-Shirts und Fanartikel kamen seit dem 24. Februar 2022 unter den
Hammer. Die Gewinnerin des Eurovision Song Contest (ESC) von 2016, Jamala,
versteigerte ihr Kleid, das sie ein Jahr später bei der Eröffnung eines
Gesangswettbewerbs in Kiew getragen hatte. Das nach ukrainischer Tradition
bestickte Kleidungsstück, Vyshyvanka genannt, brachte 6.000 Euro ein.
Das T-Shirt des populären ukrainischen Sängers Kusma Skrjabin ging für
25.000 Hrywnja (umgerechnet 7.500 Euro) über den Tisch. Kusma, der 2015
starb, hatte es bei einem Festival getragen, wo er auf der Bühne über
Russlands Präsidenten Wladimir Putin hergezogen hatte. Von dem Geld wurde
ein Fahrzeug für die Armee angeschafft. Zum ertragreichsten Kleidungsstück
aber wurde das Hemd Wolodimir Selenskis. Es wurde für 100.000 US-Dollar auf
einer Wohltätigkeitsauktion in Washington versteigert. Der ukrainische
Präsident hatte dieses Hemd am 19. Mai – dem Tag der Vyshyvanka – getragen.
Keine Spende, wie klein sie auch sei, dürfe gering geschätzt werden, sagt
Sergei Pritula. Er ist dieser Tage einer der maßgeblichen Freiwilligen und
eine der wichtigsten Personen des öffentlichen Lebens in der Ukraine.
## Keine Spende ist zu klein
Alle Transaktionen des Hilfsfonds werden als Nachrichten auf seinem
Smartphone angezeigt. Eines Tages fiel ihm eine Überweisung in Höhe von 2
Hrywnja (etwas weniger als 10 Cent) auf. Daneben war der Stand seines
Freiwilligenkontos vermerkt. Pritula postete den Screenshot auf Facebook.
Darin dankte er dem unbekannten Spender für die 2 Hrywnja.
Das Foto ging einige Stunden später viral, und sofort gingen auf dem Konto
die merkwürdigsten Beträge ein: 2,01 Hrywnja, 2,80 Hrywnja, 5 Hrywnja, 2
Euro … Einige Tage später kamen mehrere Millionen Hrywnja hinzu!
Der frühere Showstar Pritula weiß, wie man Geld für die Armee auftreibt.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat er bereits
1 Milliarde Hrywnja (mehr als 30 Millionen Euro) zusammenbekommen.
Es war seine Stiftung, die dem diesjährigen [1][ESC-Gewinner Kalush
Orchestra] half, sein gläsernes Mikrofon bei einer Wohltätigkeitsauktion
für 900.000 US-Dollar zu versteigern. Neuer Eigentümer wurde die
ukrainische Börse für Kryptowährung. Mit diesem Geld kaufte die
Pritula-Stiftung dann PD-2-Drohnen für die ukrainische Armee. Anschließend
kam der rosafarbene Panamahut von Oleh Psjuk, Sänger des Kalush
Orchestras, an die Reihe. Er wurde zur teuersten Kappe in der Geschichte:
11 Millionen Hrywnja (300.000 Euro).
Für immerhin 500.000 Dollar gelang es Pritula und seinen Leuten das Bild
„Blumen wuchsen in der Nähe des vierten Reaktors“ der legendären
ukrainischen Künstlerin Maria Primatschenko zu verkaufen. Dieses Kunstwerk
über die Atomkatastrophe am [2][26. April 1986 in Tschernobyl] ist eines
ihrer bekanntesten Werke. Eine andere Stiftung namens „Komm lebend zurück“
war bei einer Kunstauktion ebenfalls erfolgreich. Das Bild des Malers Iwan
Martschuk „Garten der Verführung“ verhalf der Armee zu 120.000 Dollar. Auf
der Auktion wurde auch eine Leinwand der Modedesignerin Ljubow Pantschenko
aus Butscha versteigert, die durch die russischen Besatzer starb, sowie ein
Gemälde von Alla Gorskaja aus Kiew, die 1970 und damit unter dem
Kommunismus getötet worden war.
Seit 2014 ist die Stiftung „Komm lebend zurück“ auf die Beschaffung von
schwerem Gerät für die Armee spezialisiert – so wie digitale
Steuerungssysteme, unbemannte Systeme und Waffen für Scharfschützen.
Ihre Bedeutung ist inzwischen so groß, dass die ukrainische Regierung am
24. Februar für sie eine Anwendung in der vom Staat eingerichteten App
„Dia“ einrichtete, deren digitale Dienste 13 Millionen Bürger nutzen. Am
ersten Tag des Kriegs überwiesen die Ukrainer 700.000 Euro – mehr als im
gesamten Jahr 2021.
## Kaffeetrinken mit Berühmtheiten
Nach drei Kriegsmonaten sind die Einkommen von Unternehmen und Bürgern
deutlich zurückgegangen, sodass freiwillige Helfer nun immer neue Wege
finden, um an Hilfe heranzukommen. Miroslaw Wataschuk, ein Freiwilliger aus
Luzk, organisiert schon seit Jahren die Aktion „Verabredung auf einen
Kaffee“. Er bietet Interessierten an, Kaffee mit berühmten Persönlichkeiten
der Ukraine zu trinken.
Der „Medienkaffee“ zahlte sich aus. Für Bekanntschaften mit „Stars“ od…
einfach spannenden Gesprächspartnern veranstalten die Ukrainer Auktionen
und lassen dafür zwischen 100 und 300 Euro springen.
„Ich bin ein echter Sklavenhalter, weil ich Menschen „verkaufe“. In
normalen Zeiten würden sich die Geheimdienste für mich interessieren“, sagt
Miroslaw lachend. Und er fügt hinzu: „Oft scheint es so, als ob die
Ukrainer jetzt bereit seien, sich auch an den Teufel zu verkaufen, um die
Russen zu besiegen. Unter der Bedingung, dass der nicht Putin ist.“
Aus dem Russischen Barbara Oertel
20 Jun 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Juri Konkewitsch
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Christian Lindner
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