| # taz.de -- Verkehrsstreik der Gewerkschaften: Sicher nicht der Letzte | |
| > Zwei Gewerkschaften setzen am Montag zusammen die Arbeitgeber mit einem | |
| > Mobilitätsausstand unter Druck. Vermutlich werden viele Weitere folgen. | |
| Bild: Streik am Donnerstag in Halle. Weiterer Warnstreiks am Montag angekündigt | |
| Am kommenden Montag werden in weiten Teilen des Landes nur Fußgänger und | |
| Radfahrer uneingeschränkt mobil bleiben. Bei allen anderen Verkehrsmitteln | |
| wirkt sich mehr oder minder stark ein bisher in dieser Form nicht gewohnter | |
| Streik aus. Zwei Gewerkschaften tun sich zusammen und setzen die jeweiligen | |
| Arbeitgeber mit einem flächendeckenden Mobilitätsausstand unter Druck, weil | |
| es in ihren Tarifverhandlungen stockt. | |
| Mit einer neuen Strategie auf Gewerkschaftsseite hat der gebündelte | |
| Warnstreik nichts zu tun. Es ist eher die Terminlage, die ein gemeinsames | |
| Vorgehen ermöglicht, eher ein Zufall also. Dass Verdi und die Eisenbahn- | |
| und Verkehrsgewerkschaft (EVG) aber zum großen Kaliber greifen, hat | |
| durchaus gute Gründe. | |
| Viele der zusammengenommen mehr als 2,7 Millionen [1][betroffenen | |
| Beschäftigten arbeiten in den unteren Lohngruppen], die unter der Inflation | |
| am meisten leiden. Unter ihnen ist der Unmut über die bisherigen Angebote | |
| der öffentlichen wie privaten Arbeitgeber groß, mithin auch die | |
| Kampfbereitschaft. Und sie erwarten, dass ihre Vertreter spürbare | |
| Verbesserungen durchsetzen. | |
| Die Forderungen beider Gewerkschaften sind zudem taktisch klug gesetzt. Sie | |
| pochen auf einem Mindestbetrag, der den Leuten mit niedrigem Einkommen | |
| überproportional viel bringt, den Spitzenverdienern weniger. Das lässt sich | |
| innerhalb der Belegschaften, aber auch in der Öffentlichkeit gut verkaufen. | |
| Und die öffentliche Meinung spielt bei Tarifverhandlungen in wichtigen | |
| Branchen wie dem öffentlichen Dienst oder der Mobilität eine große Rolle. | |
| Hier sind die Arbeitgeber derzeit in die Defensive geraten, denn unter den | |
| hohen Preisen stöhnen die Beschäftigten überall und haben daher mehr | |
| Verständnis für die Forderungen als bei vergangenen Tarifrunden. | |
| ## Kein Einlassen auf vorschnelle Kompromisse | |
| Die Krisen rundum sind zudem eine Chance für Gewerkschaften, dem | |
| Mitgliederschwund und ihrem Bedeutungsverlust etwas entgegenzusetzen. Dort, | |
| wo sie gut organisiert sind, können sie bessere Arbeitsbedingungen | |
| aushandeln. [2][Die letzten Abschlüsse, insbesondere bei der Post, haben | |
| das gezeigt]. So verzeichnen sowohl die EVG als auch Verdi plötzlich wieder | |
| Zulauf. Allein schon deshalb werden sie sich in diesem Jahr kaum auf | |
| vorschnelle Kompromisse einlassen. | |
| Der Warnstreik kommende Woche schmerzt viele, die auf Mobilität angewiesen | |
| sind – ist aber keineswegs maßlos. Da aufseiten der Arbeitgeber bisher | |
| keine entscheidende Bewegung in Richtung der Gewerkschaftsforderungen | |
| erkennbar ist, muss sich das Land wohl auf weitere Ausstände einstellen, | |
| vor allem, wenn es in der kommenden Woche keinen Abschluss im öffentlichen | |
| Dienst gibt. | |
| 23 Mar 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Wolfgang Mulke | |
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