# taz.de -- Verkauf von Twitter: Musk gewinnt | |
> Elon Musk will Twitter kaufen. Der Verwaltungsrat der Plattform ist nun | |
> nach wenigen Tagen eingeknickt. Abgeschlossen ist der Kauf aber noch | |
> nicht. | |
Bild: Bekommt der wirklich immer, was er will? Elon Musk (hier im Mai 2021 in G… | |
SAN FRANCISCO dpa | Twitter dürfte bald einer einzigen Person gehören: | |
[1][Tech-Milliardär Elon Musk], dem reichsten Menschen der Welt. Der | |
Verwaltungsrat der Plattform gab seinen Widerstand gegen Musks | |
Übernahmeattacke nach nur wenigen Tagen auf und stimmte einem Deal zu. Der | |
Tesla-Chef musste dafür nicht einmal das Gebot erhöhen – es reichte schon, | |
dass er Finanzierungszusagen über 46,5 Milliarden Dollar auf den Tisch | |
legte. Jetzt müssen noch genug Twitter-Aktionäre Musk ihre Anteile | |
verkaufen, damit er die Kontrolle übernehmen kann. | |
Musk hält bereits gut 9 Prozent und es reicht ihm, über die Marke von 50 | |
Prozent zu kommen. Denn anders als bei Google oder dem [2][Facebook-Konzern | |
Meta] halten Gründer und Top-Manager bei Twitter keine Aktien mit mehr | |
Stimmrechten, die ihre Kontrolle über die Firma absichern könnten. Twitter | |
und Musk gaben sich Zeit bis Ende des Jahres, um den Verkauf abzuschließen. | |
Was will der Chef [3][eines Elektroauto-Herstellers], [4][einer | |
Weltraumfirma] und eines Entwicklers von Gehirn-Implantaten mit Twitter? | |
Wie wird sich der Dienst, der zu einer Art Nervensystem der | |
Nachrichtenbranche wurde, als sein Privatbesitz verändern? Wer kann | |
sicherstellen, dass Musk Twitter nicht für seine geschäftlichen Interessen | |
einspannt? Wird man ohne die Transparenz von Börsenberichten überhaupt | |
erfahren, wie Twitter sein Geld verdient und ob das Geschäft läuft? Das | |
sind alles Fragen, auf die es bisher keine zuverlässigen Antworten gibt. | |
Musk schlug bei seinen Erklärungen für den Übernahmedrang große Töne an. Es | |
gehe hier nicht um Geld, sondern darum, die Redefreiheit auf der Plattform | |
zu stärken, sagte er. Das sei nur möglich, wenn der Kurznachrichtendienst | |
die Börse verlasse. Seine Vorstellung von Redefreiheit umriss Musk so: | |
„Wenn jemand, den man nicht mag, etwas sagen darf, was man nicht mag.“ Im | |
Rahmen der Gesetze sollten alle Meinungen erlaubt sein. Twitter mit | |
Redefreiheit sei wichtig für die Demokratie und minimiere die Risiken für | |
die Zivilisation, sagte er. | |
## Applaus von Rechts – Warnungen von Expert*innen | |
Nun ist es allerdings so, dass über angebliche „Zensur“ bei Twitter | |
besonders lautstark vor allem zwei Gruppen klagten: Leute, gegen deren | |
Beiträge wegen falscher oder irreführender Informationen zum Coronavirus | |
vorgegangen wurde, sowie Anhänger von Ex-Präsident Donald Trump, die nicht | |
ohne weiteres behaupten können, ihm sei die Wahl 2020 gestohlen worden. Aus | |
den Lagern kam Applaus für Musks Visionen. | |
Andere schlugen dagegen Alarm. So schrieb [5][die demokratische | |
US-Senatorin Elizabeth Warren bei Twitter]: „Dieser Deal ist gefährlich für | |
unsere Demokratie. Milliardäre wie Elon Musk spielen nach anderen Regeln | |
als alle anderen.“ Besorgt zeigte sich auch die Bürgerrechtsorganisation | |
ACLU (American Civil Liberties Union): Obwohl Musk ihr Mitglied und einer | |
der wichtigsten Unterstützer sei, sei es „sehr gefährlich, so viel Macht | |
einer Person in die Hand zu legen“. Musk nutzte Kritik zur Demonstration | |
seiner Ansätze: „Ich hoffe, dass selbst meine schlimmsten Kritiker bei | |
Twitter bleiben – weil genau das Redefreiheit bedeutet.“ | |
Der ehemalige Facebook-Sicherheitschef Alex Stamos, der weiß, wie stark | |
Beiträge bei Onlineplattformen gefiltert werden müssen, warnte bereits vor | |
Tagen vor einer Alles-Erlaubt-Einstellung. Man erhöhe den Wert einer | |
Plattform nicht, indem man sie zu 99,9 Prozent mit Pornografie sowie | |
Anzeigen für gefälschte Markensonnenbrillen und Potenzmittel befüllen | |
lasse, schrieb er bei Twitter. | |
[6][Die Menschenrechtsorganisation NAACP] (National Association for the | |
Advancement of Colored People) versuchte, Musk ihre Sicht von Grenzen für | |
Meinungsäußerung zu vermitteln: „Redefreiheit ist wunderbar, Hassrede ist | |
inakzeptabel.“ Auch für Falschinformationen sei kein Platz bei Twitter. | |
NAACP-Präsident Derrick Johnson appellierte an Musk speziell, Trump nicht | |
zurück auf die Plattform zu lassen. „Leben sind in Gefahr – und auch unsere | |
amerikanische Demokratie.“ Im Weißen Haus von Präsident Joe Biden sei man | |
ebenfalls besorgt, Trump könne vor den Kongresswahlen in diesem Herbst und | |
der Präsidentenwahl 2024 bei Musks Twitter wieder auftauchen, berichtete | |
der TV-Sender CNBC. | |
## Rückkehr des Trump? | |
Trump wurde bei Twitter verbannt, nachdem er Sympathie für seine Anhänger | |
bekundet hatte, die am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington erstürmt | |
hatten. Das Management betonte bisher, dass es für ihn keinen Weg zurück | |
auf die Plattform gebe. Musk könnte das anders sehen: Er finde vorläufige | |
„Timeouts“ besser als permanente Ausschlüsse, sagte der Tesla-Chef | |
allgemein. Musk hatte in der Anfangszeit der Pandemie die Gefahren durch | |
das Coronavirus heruntergespielt und Einschränkungen in Kalifornien als | |
„faschistisch“ bezeichnet. | |
Trump selbst sagte jedenfalls dem Sender Fox News, er wolle nicht zu | |
Twitter zurückkehren, selbst wenn er es dürfte. Der Ex-Präsident baut | |
stattdessen seine eigene Twitter-Alternative mit dem Namen Truth Social | |
auf, die jedoch bisher ein Schattendasein führt. | |
Während Musk als Twitter-Besitzer niemandem Rechenschaft schuldig sein | |
wird, so muss er jedoch die Schulden bedienen, die er für den Twitter-Deal | |
braucht. Der 50-Jährige präsentierte Zusagen für Kredite über 25,5 | |
Milliarden Dollar und will darüber hinaus Aktien im Wert von rund 21 | |
Milliarden Dollar einbringen. Musk ist die mit Abstand reichste Person der | |
Welt mit einem geschätzten Vermögen von rund 257 Milliarden Dollar. Sein | |
Reichtum besteht aber fast ausschließlich aus Aktien von Tesla und seiner | |
Weltraumfirma SpaceX, so dass er für einen Twitter-Kauf zu Krediten greifen | |
muss. | |
Er wird dafür eine Plattform besitzen, die ihr Gewicht für Politik und | |
Medien nie in ein so lukratives Geschäft wie etwa bei Facebook ummünzen | |
konnte. So machte Twitter im gesamten vergangenen Jahr gut fünf Milliarden | |
Dollar Umsatz – und schrieb unterm Strich einen Verlust von 221,4 Millionen | |
Dollar. Zu Musks Ideen für Twitter gehört, dass ein Abo-Modell die | |
Unabhängigkeit von großen Konzernen besser absichere als das heutige | |
Werbegeschäft. Aber ob genug Nutzer bereit sind, für Twitter-Nutzung Geld | |
zu bezahlen, ist zweifelhaft. | |
26 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Elon-Musks-Plan-Twitter-zu-kaufen/!5846279 | |
[2] /Schwerpunkt-Facebook/!t5009279 | |
[3] /Havarie-in-Gigafactory-von-Tesla/!5846680 | |
[4] /Laien-fliegen-ins-All/!5797545 | |
[5] https://twitter.com/SenWarren/status/1518702084048179200?s=20&t=Z3wPTD8… | |
[6] https://naacp.org/articles/naacps-message-elon-musk | |
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