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# taz.de -- Verdi vs. Amazon: Fünf Jahre Streik und kein Tarifvertrag
> Die Gewerkschaft Verdi kommt im Arbeitskampf mit dem Onlinehändler nicht
> voran. Grenzübergreifende Vernetzung soll nun helfen.
Bild: Noch siegesgewiss: Amazon-Beschäftigte am Standort Bad Hersfeld streikte…
Berlin dpa/taz | Fünf Jahre voller Streiks und noch immer kein Tarifvertrag
– das ist die bisherige Bilanz des langen Arbeitskampfs beim Onlinehändler
Amazon. Am 14. Mai 2013 hatte die Gewerkschaft Verdi nach Warnstreiks an
den Standorten Bad Hersfeld und Leipzig zu den ersten regulären Ausständen
aufgerufen. Bis heute gab es immer wieder Streikaktionen – zuletzt im April
am bayrischen Standort Graben und im März im westfälischen Werne.
Schon zu Beginn der Streiks war klar, dass Amazon den Forderungen nicht
schnell nachgeben würde. Der Marktführer im Onlinegeschäft hat in
Deutschland 16.000 Mitarbeiter*innen. Er weigert sich hartnäckig, überhaupt
Verhandlungen mit Verdi über einen Tarifvertrag aufzunehmen.
Das Unternehmen schätzt die Auswirkungen des Streiks als gering ein. Nur
ein kleiner Teil der Mitarbeiter an den Standorten schließe sich den
Streiks an, heißt es. Die große Mehrheit arbeite wie geplant. Und wenn in
Deutschland gleich mehrere Standorte betroffen seien, gebe es die
Möglichkeit, das Arbeitsaufkommen im europaweiten Logistiknetzwerk mit mehr
als 40 Verteilzentren zu delegieren, sagte ein Unternehmenssprecher.
Trotzdem gibt sich die Gewerkschaft Verdi zuversichtlich. Verdi-Sprecher
Günter Isemeyer erkennt in Amazons selbstbewusstem Auftreten lediglich „das
Pfeifen des Kindes im dunklen Keller.“ Man habe die Kernforderung eines
Tarifvertrags zwar bisher nicht durchsetzen können, sagte er der taz.
Jedoch gingen nahezu alle Neuerungen im Unternehmen, mit denen sich Amazon
als „fairer und verantwortungsvoller Arbeitgeber“ präsentiert, auf die
Forderungen der Streikenden zurück: Lohnsteigerungen, Zusatzzahlungen,
Weihnachtsgeld und Betriebsräte. Zudem steige die Zahl der
Gewerkschaftsmitglieder im Unternehmen, und diese würden sich offen zur
Gewerkschaft bekennen. Entsprechend bange sei dem Konzern zumute angesichts
anhaltender Proteste, glaubt er.
## Europaweiter Arbeitskampf
Amazon steht in der Kritik für die strikte Leistungsüberwachung der
Beschäftigten. „Das Arbeitsklima bei Amazon wird als sehr negativ
empfunden“, erklärte Mechthild Middeke, Verdi-Verantwortliche für den
größten deutschen Amazon-Standort in Bad Hersfeld. Beispielsweise überwache
Amazon mit Hilfe technischer Mittel wie den Handscanner die Produktivität
der Mitarbeiter*innen und registriere, ob sie in Bewegung seien.
Die Beschäftigten hätten sehr gut erkannt, dass eine notwendige weitere
Verbesserung der Arbeitsbedingungen gewerkschaftliche Organisierung
erfordere, sagte Isemeyer. In Leipzig hat sich über die Gewerkschaft hinaus
ein „Solibündnis“ gegründet, in dem die Beschäftigten mit Bürger*innen …
Ort zusammen arbeiten.
Um Amazons effektiver Strategie zu begegnen, im Streikfall auf
Verteilzentren im Ausland auszuweichen, setzen die Belegschaften auf
grenzübergreifende Vernetzung, so der Verdi-Sprecher. Es sei das Ziel der
Gewerkschaft, die Auseinandersetzung auf die europäische Ebene zu heben.
Man stehe im Austausch mit Vetreter*innen aus Polen, Italien und Spanien.
Auf Anfrage der taz wollte der Konzern solche Entwicklungen nicht
kommentieren.
14 May 2018
## AUTOREN
Frederik Richthofen
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