| # taz.de -- Unter den Linden soll autofrei werden: Weiter so! Bitte weiter so! | |
| > Rot-Rot-Grün will einen autofreien Boulevard Unter den Linden. Das wäre | |
| > symbolträchtig für eine neue Verkehrspolitik. Aber da geht noch mehr! | |
| Bild: Und das jetzt alles ohne Autos, Baustellen, Absperrungen: Was für eine t… | |
| Was für ein Gebäude! Welch schönes Flanieren! Vom Bebelplatz rüber zur | |
| Humboldt-Uni queren, ohne lange an der Ampel stehen oder befürchten zu | |
| müssen, überfahren zu werden. Lustigerweise ist es eine rot-rot-grüne | |
| Koalition, die aus der Straße Unter den Linden wieder das machen will, was | |
| sie schon zu Kaisers Zeiten war: eine Flaniermeile. | |
| Keine Huper, keine Raser, keine Lärmer, unterbrochen nur von der querenden | |
| Friedrichstraße. Durchfahrt nur für Busse und Taxis. Eine herrliche | |
| Vorstellung. Wobei man auch fragen kann: Wieso eigentlich noch Busse? Auf | |
| die der BVG lässt sich auf der Strecke gut verzichten, sobald unter dem | |
| Asphalt ab 2019 oder 2020 die U5 unterwegs ist. Und für Reisebusse sollte | |
| das Stadtzentrum sowieso tabu sein. | |
| So schön die Vorstellung ist – wie auf Bestellung kommt sofort der Protest, | |
| und zwar von dort, wo er schubladenmäßig neben der FDP am ehesten zu | |
| vermuten ist: „Mit dem Bereich Unter den Linden hat die | |
| verkehrsideologische Umerziehung das Herz Berlins erreicht“, mosern | |
| CDU-Fraktionschef Florian Graf und Verkehrsexperte Oliver Friederici. | |
| Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: | |
| ver-kehrs-i-deo-lo-gische Um-er-zie-hung. Als ob Lärm und | |
| umfahren-werden-Gefahr etwas zu Bewahrendes wären, was ja etikettengemäß | |
| ein Uranliegen der Konservativen ist. Wie schön das freie Flanieren sein | |
| kann, zeigt sich ja jetzt schon am Pariser Platz. Unvorstellbar, dass | |
| kurzzeitig mal Autos durch das Brandenburger Tor fuhren. | |
| ## Gegenstück zum Central Park | |
| Dabei sollten die weitgehend autofreien Linden nur der Anfang sein. Wieso | |
| nicht auch die Straße des 17. Juni, ohnehin oft genug für diverse | |
| Festivitäten oder Demos gesperrt, dauerhaft dicht machen? Warum nicht | |
| Schluss mit der Autoschneise im Naherholungsgebiet des Tiergartens? Warum | |
| daraus nicht ein Gegenstück zum New Yorker Central Park mit freier Fahrt | |
| für Inlineskater machen? | |
| Also weiter so, avanti, avanti, Rot-Rot-Grün! Es muss endlich klar sein, | |
| dass nicht alle Fortbewegungsarten gleichberechtigt sind und keine zu | |
| diskriminieren sei, was ja leider auch von SPD-Chef Michael Müller zu hören | |
| ist. Sondern dass jene den Vorrang haben, die nicht die Umwelt verpesten. | |
| Auto zu fahren, wenn auf dem gleichen Weg ein Bus unterwegs ist, ist | |
| gleichbedeutend damit, Müll auf die Straße zu schmeißen, auch wenn man | |
| direkt neben einem Abfallkorb steht. | |
| Jetzt soll keiner mit Lieferfahrzeugen, Handwerkern oder Krankentransporten | |
| kommen – die können nicht anders. Die neue linke Mehrheit, sie könnte eines | |
| klar machen: Mehr Lebensqualität und Liberalität in Berlin bedeutet gerade | |
| das Gegenteil des alten Auto-Lobby-Slogan von der freien Fahrt für freie | |
| Bürger. | |
| 3 Nov 2016 | |
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| Stefan Alberti | |
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