# taz.de -- Umweltaktivistin über Autobranche: „Eine kriminelle Industrie“ | |
> Das Bündnis „Sand im Getriebe“ will die Automesse IAA blockieren. | |
> Sprecherin Tina Velo plädiert für ein Verkehrssystem, das allen | |
> zugänglich ist und die Luft rein hält. | |
Bild: „Elektromobilität geht nicht an die Wurzel des Problems“, sagt Tina … | |
taz: Der Kohleausstieg wird zwar dauern, [1][ist aber beschlossene Sache]. | |
Muss sich die Klimabewegung jetzt den nächsten Gegner suchen? | |
Tina Velo: Der Kampf gegen Braunkohle ist weiterhin wichtig. Aber | |
Braunkohle ist auch nur ein Feld von vielen. Es wird Zeit, dass sich die | |
Klimagerechtigkeitsbewegung weitere Themenfelder erschließt. „Sand im | |
Getriebe“ hat entschieden, sich dem Verkehrssektor zu widmen. Da ist in den | |
letzten Jahrzehnten gar nichts passiert. | |
Wer ist „Sand im Getriebe“? | |
Ein Bündnis politisch Aktiver, einige kommen von [2][Ende Gelände], einige | |
von Extinction Rebellion, einige aus lokalen Verkehrsinitiativen. Unser | |
Ziel ist es, im September die Internationale Automobil-Ausstellung IAA zu | |
blockieren. | |
Warum jetzt die Autoindustrie? | |
Verkehr ist der einzige Bereich in Deutschland, in dem die CO2-Emissionen | |
weiter steigen, und einer der maßgeblichen Gründe, warum Deutschland seine | |
Klimaziele nie erreichen wird. Mobilität ist außerdem das Feld, wo am | |
wenigsten Fortschritt zu sehen ist. Der Dieselskandal hat gezeigt, mit was | |
für einer kriminellen Industrie wir es zu tun haben. | |
Im Vergleich zur Kohleindustrie dürfte es beim Kampf gegen Autos mit dem | |
Rückhalt in der Bevölkerung wesentlich schwieriger werden. | |
Ich glaube, die Liebe der Deutschen zum Automobil wird deutlich | |
überschätzt. Es ist vielmehr eine Abhängigkeit. Dass die aufrechterhalten | |
wird, ist wiederum eine politisch-wirtschaftliche Entscheidung. Aber wir | |
haben uns ja mit dem Ziel IAA für einen Ort entschieden, der nicht die | |
einzelnen Autofahrer trifft, sondern wo sich die politisch Verantwortlichen | |
und die Industrie tummeln. | |
Wofür steht die IAA? | |
Es ist die Glitzer- und Glanzmesse dieser zerstörerischen Branche und ein | |
Sinnbild für „business as usual“: Die Autoindustrie will weiter dicke Autos | |
verkaufen und reproduziert ein ekelhaftes Geschlechterbild, wo sich | |
halbnackte Frauen auf Kühlerhauben räkeln. Es ist die Spitze des Eisbergs | |
eines kranken Verkehrssystems. Deswegen wollen wir die IAA lahmlegen. | |
Was haben Sie vor? | |
Genaue Details können wir noch nicht verraten, aber es wird vom 13. bis zum | |
15. September ein ganzes Protestwochenende in Frankfurt am Main geben. Am | |
Freitag wird es Infoveranstaltungen zur Verkehrswende geben, am Samstag | |
veranstalten Greenpeace, Campact, die Deutsche Umwelthilfe, der BUND und | |
die andere NGOs eine Fahrradsternfahrt und eine Demo in der Innenstadt. Am | |
Sonntag werden wir dann als „Sand im Getriebe“ die IAA blockieren. | |
In diesem Jahr wird Elektromobilität auf der Messe ein großes Thema sein. | |
Ein Fortschritt, oder? | |
Nein. Das ist ein typischer Lösungsversuch des grünen Kapitalismus: nämlich | |
genauso weiterzumachen wie bisher, nur mit einem anderen Antriebssystem, | |
das marginal ökologischer ist. Es geht nicht an die Wurzel des Problems: | |
dass unser Verkehrssystem auf individuellen Motoren basiert. Wir brauchen | |
ein Verkehrssystem, das allen zugänglich ist, mit dem wir uns in Städten | |
und Gemeinden frei bewegen und saubere Luft atmen können. Das ist mit Autos | |
nicht möglich, egal ob Elektro- oder Verbrennungsmotor. | |
Okay, aber das erreicht man weder von heute auf morgen noch durch eine | |
Messe-Blockade. | |
Aber die Hauptaufgabe von sozialen Bewegungen ist es auch nicht, Lösungen | |
zu präsentieren, sondern den Finger in die Wunde zu legen. Uns ist wichtig | |
zu zeigen, dass es viele Menschen gibt, die absolut nicht mit dem | |
Verkehrssystem einverstanden sind. | |
22 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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