# taz.de -- Umstrittener Giftgaseinsatz: Syrien akzeptiert Russlands Plan | |
> Kann der russische Vorstoß einen US-Militärschlag gegen Syrien abwenden? | |
> Obama sieht eine positive Entwicklung. Westerwelle fordert die | |
> Vernichtung der C-Waffen. | |
Bild: Können sie wieder abziehen? Teile der 7. US-Flotte im Mittelmeer. | |
WASHINGTON/PARIS dpa/afp/rtr | Syrien hat dem russischen Vorschlag zur | |
Kontrolle seiner Chemiewaffen zugestimmt. Das sagte der syrische | |
Außenminister am Dienstag in Moskau, wie die Agentur Interfax meldete. | |
Demnach plane die syrische Regierung, ihre Chemiewaffenbestände unter | |
internationale Kontrolle zu stellen und vernichten zu lassen. Damaskus habe | |
sich bereits am Montagabend mit der russischen Initiative einverstanden | |
erklärt, zitierten russische Nachrichtenagenturen am Dienstag den syrischen | |
Außenminister Walid al-Muallim, der sich in Moskau aufhält. Die | |
US-Regierung, die einen Militärschlag wegen eines mutmaßlichen | |
Chemiewaffeneinsatzes gegen Damaskus vorbereitet, hatte sich am Montag | |
offen für den russischen Vorschlag gezeigt. | |
US-Präsident Barack Obama hat indes eine mögliche Abkehr von einem | |
Militärschlag gegen Syrien in Aussicht gestellt. Er würde einen Angriff | |
„absolut“ auf Eis legen, wenn das Regime von Machthaber Baschar al-Assad | |
seine Chemiewaffen unter internationale Kontrolle stelle, meinte Obama in | |
mehreren TV-Interviews. | |
US-Präsident Obama begrüßte einen entsprechenden russischen Vorschlag als | |
„positive Entwicklung“ und nannte ihn einen möglichen Durchbruch. Der | |
Präsident zeigte sich aber auch skeptisch: „Wir wollen keine | |
Hinhaltetaktik“, sagte er. Assad müsse zeigen, dass er ernst meine. | |
Frankreich will derweil noch am Dienstag einen Entwurf für eine | |
Syrien-Resolution in den UN-Sicherheitsrat einbringen. Darin solle der | |
Giftgasangriff vom 21. August verurteilt und Offenheit über das | |
Chemiewaffenprogramm der syrischen Regierung gefordert werden, sagte | |
Außenminister Laurent Fabius in Paris. | |
## Auch Westerwelle für Russlands Vorstoß | |
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) begrüßte Russlands Vorstoß und | |
betonte, dass darauf nun schnell reagiert werden müsse. Er forderte, dass | |
Syrien umgehend dem internationalen Chemiewaffenübereinkommen beitreten | |
müsse. | |
Zudem erklärte er eine deutsche Beteiligung an der Vernichtung syrischer | |
Chemiewaffen für möglich. „Wir haben bei der Vernichtung von Chemiewaffen | |
erhebliche Erfahrung und auch entsprechende Programme“, sagte Westerwelle. | |
„Und es ist gut möglich (...), dass Deutschland sich dann an einer solchen | |
Vernichtung auch technisch und in anderer Hinsicht beteiligt.“ | |
Obama erklärte in diversen Interviews weiterhin, es sei ohnehin seine | |
Präferenz, die Syrien-Frage ohne einen Militäreinsatz zu lösen. Außerdem | |
sagte er, derzeit nicht zuversichtlich zu sein, im Kongress die Mehrheit | |
für einen Angriff gegen das arabische Land zu erhalten. | |
Der Senat verschob nach den Äußerungen eine für diesen Mittwoch angesetzte | |
Probeabstimmung über die entsprechende Resolution. Er wolle dem Präsidenten | |
mehr Zeit geben, das Volk über die Vorgänge zu informieren, sagte der | |
demokratische Mehrheitsführer Harry Reid. Obama ließ offen, ob er auch ohne | |
Autorisierung durch die Parlamentarier zuschlagen würde. | |
## Ansprache an die Nation | |
Obama erklärte, schon die Androhung eines Angriffs habe dazu geführt, dass | |
sich Russland und Syrien nun bewegten. Außenminister John Kerry und das | |
restliche nationale Sicherheitsteam des Weißen Hauses würden mit den | |
Ländern und der internationalen Gemeinschaft über den Vorschlag sprechen | |
und ihn ausführlich prüfen. „Wir werden das ernst nehmen“, sagte er. | |
Die Idee selbst sei aber nicht neu. Er habe seit mehr als einem Jahr | |
häufiger mit Kremlchef Wladimir Putin darüber gesprochen, zuletzt in der | |
vergangenen Woche beim G20-Gipfel im russischen St. Petersburg. | |
Die insgesamt sechs Interviews im Abendprogramm des US-Fernsehens waren | |
Teil einer massiven Kommunikationsoffensive des Weißen Hauses, um den | |
Kongress und das kriegsmüde Volk von der Notwendigkeit eines Angriffs zu | |
überzeugen. Der Präsident plant für Dienstagabend eine Ansprache an die | |
Nation. | |
## Russlands Zugeständnis an USA | |
Russland will gemeinsam mit Syrien einen Plan zur Chemiewaffenkontrolle im | |
Bürgerkriegsland ausarbeiten und diesen der internationalen Gemeinschaft in | |
Kürze vorstellen. Das teilte der russische Außenminister Sergej Lawrow am | |
Dienstag in Moskau mit, wie die Agentur Interfax meldete. | |
Moskau hatte zunächst am Montag als Zugeständnis an die USA seinen engen | |
Verbündeten Syrien auch zur Vernichtung der Chemiewaffen aufgefordert. | |
Damaskus müsse zudem der Chemiewaffenkonvention beitreten, hatte | |
Außenminister Sergej Lawrow gefordert. Wenn dies helfe, einen | |
US-Militärschlag zu verhindern, werde sich Russland bei Assad dafür | |
einsetzen, meinte er. | |
Zuvor hatte [1][Kerry in London] gesagt, Assad könnte einen Einsatz noch | |
verhindern, wenn er binnen einer Woche seine chemischen Waffen der | |
internationalen Gemeinschaft aushändigen würde. „Aber er ist nicht im | |
Begriff, das zu tun, und es ist offensichtlich auch nicht möglich“. | |
Der französische Außenminister Laurent Fabius erklärte, der Vorschlag | |
verdiene eine genaue Prüfung. Damit er angenommen werden könne, müssten | |
allerdings mindestens drei Voraussetzungen erfüllt seien. Als wichtigste | |
Punkte nannte Fabius die Zerstörung des kompletten syrischen | |
Chemiewaffen-Arsenals unter internationaler Kontrolle, eine verbindliche | |
UN-Resolution dazu sowie eine Bestrafung der Verantwortlichen für das | |
„chemische Massaker“ am 21. August. | |
Die UN-Resolution muss demnach einen straffen Zeitplan und harte | |
Konsequenzen für den Fall der Nichtbeachtung vorsehen. Um die Aufklärung | |
des Massakers solle sich der Internationale Strafgerichtshof kümmern, hieß | |
es. | |
In der ARD-Sendung „Wahlarena“ bezeichnete Kanzlerin Angela Merkel die | |
Äußerungen Lawrows als „interessante Vorschläge“. Es bleibe abzuwarten, … | |
diesen Worten Taten folgten. Deutschland werde weiterhin alles für eine | |
politische Lösung tun. | |
## Misstrauen bei der Opposition | |
Die syrische Opposition bezweifelt, dass die Regierung in Damaskus eine | |
internationale Kontrolle über seine Giftgas-Vorräte zulässt. „Wir glauben, | |
dass das syrische Regime nur versucht, sich Zeit zu erkaufen“, sagte ein | |
Sprecher der von Deserteuren gegründete Freien Syrischen Armee (FSA). „Wir | |
misstrauen sämtlichen Versprechen des syrischen Regimes, das mit Lügen um | |
sich wirft.“ | |
Der syrische Außenminister begrüßte die Initiative. Es gehe darum, eine | |
„US-amerikanische Aggression gegen das syrische Volk“ zu verhindern, sagte | |
Walid al-Muallim nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau. | |
10 Sep 2013 | |
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