# taz.de -- Todesurteil für Deutschen in Iran: Baerbock in der Kritik | |
> In Iran steht die Hinrichtung eines Deutschiraners bevor. Seine Tochter | |
> wirft der Bundesregierung Untätigkeit vor. Auch aus der Opposition kommt | |
> Unmut. | |
Bild: Eine Kundgebung für die Freilassung von Jamshid Sharmad am 24. Februar i… | |
BERLIN taz | Nach der Bestätigung eines Todesurteils gegen den | |
deutsch-iranischen Doppelstaatler Jamshid Sharmahd haben | |
Oppositionspolitiker*innen in Deutschland und Familienangehörige | |
ihre Kritik an der Bundesregierung erneuert. „Es besteht akuter | |
Handlungsbedarf“, sagte Dorothee Bär (CSU), stellvertretende Vorsitzende | |
der Unionsfraktion im Bundestag, am Donnerstag der taz. „Wir dürfen nicht | |
einfach hinnehmen, dass ein deutscher Staatsbürger entführt wird und nun im | |
Iran hingerichtet werden soll.“ | |
Irans Oberster Gerichtshof hatte das Urteil am Mittwoch bestätigt, nachdem | |
ein Gericht den 68-Jährigen im Februar unter anderem für einen | |
Terroranschlag verantwortlich gemacht hatte. Das Gericht warf Sharmahd auch | |
Kooperation mit ausländischen Geheimdiensten vor. Wann die Todesstrafe | |
vollstreckt werden soll, ist nicht bekannt. Ein britisch-iranischer | |
Doppelstaatler war zuletzt wenige Tage nach Urteilsbestätigung gehängt | |
worden. Bär warnte, Sharmahds Hinrichtung stehe unmittelbar bevor. | |
„Die so tapfere und engagierte Tochter von Jamshid Sharmahd, Gazelle, | |
durfte ich vor wenigen Wochen kennenlernen“, sagte Bär. „Gazelle und ihre | |
Familie durchleiden seit drei Jahren permanente Angst.“ Die Bundesregierung | |
forderte Bär auf, weitere Sanktionen gegen Iran zu unterstützen und sich | |
auf EU-Ebene für eine Listung der [1][Revolutionsgarden] als | |
Terrororganisation einzusetzen. „Feministische Außenpolitik darf keine | |
hohle Phrase sein.“ Eine Strategie der Bundesregierung fehle völlig. | |
Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, der iranische Botschafter sei am | |
Donnerstag einbestellt worden. Zeitgleich habe der deutsche Botschafter in | |
Teheran bei den iranischen Behörden protestiert. Außenministerin Annalena | |
Baerbock (Grüne) forderte Iran auf, „dieses willkürliche Urteil | |
unverzüglich rückgängig zu machen.“ | |
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), | |
betonte gegenüber der taz, die Bundesregierung setze sich seit seiner | |
Inhaftierung „auf höchster Ebene und in zahlreichen bilateralen Gesprächen�… | |
für Sharmahd ein. „Dass das iranische Regime trotz des internationalen | |
Drucks und den klaren Forderungen der Bundesregierung an dem willkürlichen | |
Todesurteil eines Deutschiraners festhält, ist schockierend und zutiefst | |
menschenverachtend.“ | |
2020 in Dubai entführt | |
Sharmahd, 68, war als Kind nach Deutschland gekommen, lebte aber seit 2003 | |
in den USA. 2020 wurde er nach Angaben seiner Familie auf einem | |
Zwischenstopp in Dubai entführt und in den Iran gebracht. Er war beim | |
Kingdom Assembly of Iran aktiv, einer Gruppe, die einen Regimesturz in Iran | |
und die Wiederherstellung der Schah-Monarchie anstrebt. Das iranische | |
Regime betrachtet sie als Terrororganisation. Das Urteil steht also in | |
keinem direkten Zusammenhang mit der Protestbewegung, die letzten September | |
ihren Anfang nahm. | |
„Die Entführung und politische Geiselnahme von Jamshid Sharmahd zeigen, wie | |
zutiefst unmenschlich dieses Regime handelt“, sagte CDU-Außenpolitiker | |
Norbert Röttgen der taz. „Als deutscher Staatsbürger müssen er und seine | |
Familie sich darauf verlassen können, dass die Bundesregierung alles in | |
ihrer Macht Stehende unternimmt, um seine Freilassung zu erreichen.“ | |
CDU-Parteichef Friedrich Merz hatte für Sharmahd eine Patenschaft | |
übernommen und forderte Iran auf, ihm „sofort die Ausreise in sein | |
Heimatland Deutschland zu ermöglichen“. | |
Gazelle Sharmahd sagte gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung: „Dass mein | |
Vater jetzt hingerichtet werden soll, ist das Resultat der Untätigkeit | |
unserer Regierung. Wo waren denn die ernsthaften Konsequenzen, von denen | |
Frau Baerbock gesprochen hat?“ | |
Im Iran waren nach der Tötung der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini durch | |
die Sittenpolizei im September 2022 Proteste ausgebrochen. Protestwellen in | |
dem von schiitischen Geistlichen geführten Land erfolgen mittlerweile in | |
kurzen Abständen. Offenbar klaffen die gesellschaftspolitischen | |
Vorstellungen des Regimes mit den Interessen großer Teile der Bevölkerung | |
weit auseinander. | |
[2][Die Anzahl der Hinrichtungen im Iran stieg 2022 um 75 Prozent auf | |
mindestens 582 im Vergleich zum Vorjahr.] So seien mindestens | |
582Todesurteile vollstreckt worden. Der Großteil der Todesurteile steht | |
allerdings nicht in Zusammenhang mit den Protesten. Mehr als 250 der | |
Exekutionen hatten mit Drogen zu tun. (hag, sam, tat) | |
27 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
Sabine am Orde | |
Jannis Hagmann | |
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