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# taz.de -- Thüringen und die FDP: Bedenken second
> Thüringen zeigt vor allem eines: Die Liberalen steigen mit jedem ins
> Bett, der verspricht, sie vor der Bedeutungslosigkeit zu bewahren.
Bild: Christian Lindner nach seinem Statement am Mittwochnachmittag
„Wer unsere Kandidaten in einer geheimen Wahl unterstützt – das liegt nicht
in unserer Hand.“ Mit diesem rhetorischen Schulterzucken versuchte FDP-Chef
Christian Lindner gerade, seine Partei vor dem Vorwurf zu schützen, sie
habe [1][aus Machthunger billigend in Kauf genommen], dass einer der Ihren
in das Amt des Thüringer Ministerpräsidenten gewählt wurde. Aber das ist
eine faustdicke Lüge.
Der Fünfprozentmann [2][Thomas Kemmerich] in der Erfurter Staatskanzlei ist
die logische Folge jener Politik, die Lindner seit Monaten von Berlin aus
betreibt. Der FDP-Chef hat systematisch seine Partei nach rechts verrückt,
ganz nach dem Motto aus dem 2017er Wahlkampf: „Bedenken second“. Mal ging
es gegen Klimaschützer und Windkraft. Dann wieder sah Lindner ein
Fleischverzehrsverbot in greifbarer Nähe. Schließlich widmete er sich
ausführlich den Themen Bonpflicht und Tempolimit. Die ganze populistische
Melange in selbstgewissem, hohem Ton vorgetragen. Und ganz unverhohlen in
der Hoffnung, die schwindende Wählerschaft bei ihren Instinkten abholen zu
können; wenn es sein muss, auch die rechts tickenden. Bedenken second eben.
Mag sein, dass Thomas Kemmerich schon bald Geschichte ist. Dass die
Bundes-FDP den frei flottierenden Thüringer dazu bringen kann, sich aus dem
[3][Nazipakt von Erfurt] zurückzuziehen. Dass es Neuwahlen gibt, die ja
auch Christian Lindner am Mittwochabend für wahrscheinlich hielt. Doch
bleiben wird ab jetzt die politische Erfahrung, dass die Liberalen mit
jedem ins Bett steigen, der verspricht, sie vor der Bedeutungslosigkeit zu
bewahren. Schon in zwei Wochen bei der Hamburg-Wahl wird sie dafür die
Quittung bekommen. Und bei der nächsten Bundestagswahl werden ihr genau
jene „Mitte“-WählerInnen die Stimme verweigern. Neuerdings weiß man ja, w…
die FDP tatsächlich unter „Mitte“ subsummiert.
Der FDP ist ab jetzt nicht mehr zu trauen. Die Partei von Hans-Dietrich
Genscher und Burkhard Hirsch ist runtergerockt zum politischen Spielball
der Rechten. Und zwar irritierenderweise unter Führung jenes Vorsitzenden,
der die Liberalen mit bemerkenswerter Ehrlichkeit, Demut und Lernfähigkeit
aus ihrer erst wenige Jahre zurückliegenden Krise geführt hatte. 2013 war
die FDP aus dem Bundestag geflogen, weil sie an ihrer eigenen
Überheblichkeit erstickt war. Dass Christian Lindner seine Partei auf genau
diesem Weg wieder hinabgeführt hat, ist ein Drama für die Demokratie.
6 Feb 2020
## LINKS
[1] /Thueringens-neuer-Ministerpraesident/!5662136
[2] /Thueringens-neuer-Ministerpraesident/!5662119
[3] /FDP-stellt-Thueringer-Ministerpraesident/!5658263
## AUTOREN
Anja Maier
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