# taz.de -- „Tatort“ thematisiert DDR-Zwangsarbeit: DDR mal wieder voller S… | |
> Im Köln-Tatort wird die Geschichte von DDR-Zwangsarbeiter:innen | |
> aufgerollt. Doch mit den paar grauen Fotos kratzt der Plot nur an der | |
> Obefläche. | |
Bild: Kölner Tatort-Kommissar Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) | |
Es ist so ’ne [1][Sache mit DDR-Historie], die in westdeutschen TV-Storys | |
auftaucht. Zu oft geht’s schief, zu oft reproduzieren Dokus, Filme und | |
Serien wieder die üblichen Ostklischees. Andererseits ist es elementar | |
wichtig, auch im Jahr 31 nach dem Ereignis, das meist „Einheit“ heißt, | |
ostdeutsche Realitäten im gesamtdeutschen Programm zu zeigen. Gerade zur | |
Primetime. | |
Aber es kommt eben darauf an, wer worüber spricht, von welcher Position aus | |
geurteilt wird. Hier nun also: ein WDR-Tatort – und schon allein der Titel, | |
„Der Tod der Anderen“, ein öder Klischeeverweis auf Florian Henckel von | |
Donnersmarcks oscarprämierten Kinofilm „Das Leben der Anderen“. | |
Das „Tatort“-Drehbuch ist von dem Rheinland-Pfälzer Wolfgang Stauch, | |
Regisseur ist der Marler Torsten C. Fischer, die Perspektive, die uns | |
angeboten wird, ist die der Kölner Kommissare Freddy Schenk (Dietmar Bär) | |
und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt). | |
Und blöderweise schnurrt die DDR auch hier mal [2][wieder zusammen auf | |
Stasi-IMs], Chemiefabriken, graue Städte. Die Bösen, das sind die Ossis: Da | |
wäre zunächst eine Erpresserin, die aufgeknüpft in ihrem Hotelzimmer hängt | |
– die Tote also, deren Ableben Schenk und Ballauf untersuchen. Dazu die | |
Hoteldirektorin Bettina Mai, gespielt von der wie immer absolut | |
sensationellen Ulrike Krumbiegel (der einzige Lichtblick!); zu DDR-Zeiten | |
war sie „IM Februar“, ihr Job: „Ficken fürs Vaterland, nicht nur, aber | |
vorwiegend“. | |
## Außer graue Fotos nichts gewesen | |
Ihre Nahkampftechnik ist noch immer erste Sahne, sie entführt den | |
Assistenten Jütte, dann Schenk. Ein anderer Ex-Stasi-Mann, der nun im | |
Sauerland lebt, hat natürlich eine Wasserpistole voller Batteriesäure | |
griffbereit. Und dann wird noch ein sächselnder „Herr Major“ per | |
Telefonanruf reingeschnitten, natürlich inszeniert in Dunkelheit. | |
Dabei ist der historische Hintergrund dieser Folge eine Hammergeschichte: | |
Wie die DDR Zwangsarbeiter:innen in ihren Chemiefabriken in Bitterfeld | |
oder Buna ausbeutete – [3][und zwar auch für Westfirmen]. | |
Aber außer grauen Fotos, die zeigen, wie furchtbar es gewesen sein muss, | |
dort zu arbeiten und zu leben, bleibt nicht viel hängen. Erst sagenhafte 12 | |
Minuten vor Schluss wird klar, wieso die Tote ausgerechnet schmierige | |
Westfuzzis mit Ministerambitionen deswegen erpresst hat. Und auch dann nur | |
so konfus, dass man sich die Hintergründe zusammenrecherchieren muss, um es | |
verstehen zu können. So wichtig scheint es für die Story also nicht zu | |
sein. Und mehr muss man über diesen Tatort leider nicht wissen. | |
10 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Eugen-Ruge-ueber-die-DDR/!5467994 | |
[2] /Deutsch-deutsche-Fussball-Geschichte/!5713237 | |
[3] https://www.swr.de/-/id=16270622/property=download/nid=233454/o2f6po/ddr-zw… | |
## AUTOREN | |
Anne Haeming | |
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