| # taz.de -- Kölner Altherren-„Tatort“: Täter sieht sich als Opfer | |
| > Ein verurteilter Sexualtraftäter will Jahre später seine Geschichte | |
| > richtigstellen. Dabei begeht er weitere Straftaten und wird zum | |
| > Erpresser. | |
| Bild: Mithilfe der Wasserschutzpolizei wollen Schenk und Ballauf an Bord kommen | |
| Eigentlich soll so eine Schifffahrt auf dem Rhein ja erholsam sein – das | |
| denkt sich zumindest die Staatsanwältin Svenja Poulsen (Christina Große), | |
| die mit ihrer Tochter Amelie (Anna Bachmann) deren 18. Geburtstag auf dem | |
| Ausflugsboot „Agrippina“ feiern will. Was sie nicht ahnt: Der ehemalige | |
| Lehrer Daniel Huberty (Stephan Kampwirth), ein von ihr vor Gericht | |
| gebrachter und verurteilter Sexualstraftäter, ist ebenfalls an Bord der | |
| „Agrippina“. | |
| Huberty hat eine Bombe im Maschinenraum angebracht und will so erzwingen, | |
| dass einige der damals in seinen Fall involvierten Personen auf das Schiff | |
| kommen. Sein Ziel: Seine Geschichte soll richtiggestellt werden. Denn | |
| Huberty sieht sich selbst nicht als Täter, sondern als Opfer der Behörden, | |
| die ihm seine Beziehung zu der damals 14-jährigen Jana Künitz (Mathilde | |
| Bundschuh) untersagten und ihn gemeinerweise dann auch noch in den Knast | |
| steckten. | |
| Die beiden [1][Kölner Kommissare Schenk und Ballauf] geraten in Zugzwang, | |
| denn sie müssen schnell auf die Forderungen des zwar höflichen, aber in | |
| seinem Wahn zu allem fähigen Erpressers eingehen. Ein Zugriff von | |
| Polizeikräften auf das Schiff ist aber nur schwer möglich, und so schleust | |
| sich Kommissar Ballauf durch eine geschickte List als eine der | |
| vermeintlichen Austauschpersonen aufs Schiff und hat nun die Aufgabe, die | |
| Geiseln zu befreien und ein weiteres Blutvergießen zu verhindern. | |
| Der Täter als Opfer – diese Darstellung ist streckenweise schwer zu | |
| ertragen, gerade wenn es um ein so sensibles Thema wie [2][Missbrauch von | |
| Kindern] geht; selbst dann, wenn es nur der Straftäter selbst ist, der sich | |
| als schuldlos empfindet. Doch Huberty bekommt in diesem „Tatort“ sehr viel | |
| Raum und kann seine Sicht auf diese „Liebesbeziehung“ mit einer | |
| Minderjährigen und die Unfairness, die ihm nach dem Urteil entgegenschlug, | |
| ausgiebig breittreten. | |
| Deutlich weniger Raum, aber dafür umso nachdrücklicher, bekommt der | |
| Auftritt seines ehemaligen Opfers Jana zu Ende des Films. Immer noch von | |
| dem Erlebten gezeichnet, lastet schließlich auf ihr die Aufgabe, den | |
| Erpresser mit seinem Verhalten zu konfrontieren. | |
| Zuletzt bleibt noch eine Szene zu erwähnen, in der Huberty sich wie damals | |
| schon vor einem Tribunal verteidigen muss. Denn der Verurteilte steht | |
| erneut seinen Verurteilern gegenüber und zeigt einmal mehr, wie toxisch | |
| verletzte Männlichkeit ist – selbst dann, wenn sie ganz bieder im | |
| unauffälligen Pullover daherkommt. | |
| 27 Mar 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Almuth Müller | |
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