# taz.de -- TV-Serie zur Mafia in Berlin: Wieder mal die Ersten | |
> Die Produktionsfirma Wiedemann & Berg arbeitet an einer der | |
> vielversprechendsten Serien 2017: an einem Mafiadrama aus | |
> Berlin-Neukölln. | |
Bild: Am Set von „4 Blocks“: in der Tür die Hauptdarsteller Frederick Lau … | |
BERLIN taz | Die Klicks sind gut. In der Zentrale des Münchner Senders TNT | |
Serie freut man sich über die Reaktionen auf den frisch veröffentlichten | |
Teaser von „4 Blocks“. Die neue Produktion will tief in die kriminelle Welt | |
eines arabischen Clans in Berlin-Neukölln eintauchen. | |
Die Kommentare unter dem Video sind wie üblich sehr unterschiedlich: Da | |
würden Stereotype reproduziert, meinen die einen. Andere freuen sich über | |
eine authentische Mafiaserie aus Deutschland – und ein paar | |
fremdenfeindliche Kommentare fehlen auch nicht. Der allgemeine Tenor ist | |
jedoch positiv, der Stil des Thriller-Dramas sei vielversprechend, und | |
immer wieder wird gefragt: Wo kann man die Serie sehen? Das Video hat also | |
seinen Zweck erfüllt. | |
„Ich möchte, dass sich unsere Eigenproduktionen in irgendeiner Form | |
abheben“, erklärt Anke Greifeneder, Produktionschefin beim deutschen | |
Ableger von Turner Network Television, kurz TNT. „Zumindest ist das der | |
Anspruch – mit dem man natürlich auch grandios scheitern kann. Wir haben | |
immer versucht etwas zu kreieren, das ein bisschen anders ist, sei es durch | |
das Thema oder die Machart.“ | |
Mit dieser Zielsetzung ist der kleine Sender in den vergangenen Jahren gut | |
gefahren. Die Erwartungen liegen hoch. Der Sender hat immerhin einen Ruf | |
als Fernsehpionier zu verteidigen. | |
## Der Underdog | |
Als vor vier Jahren öffentlich noch überwiegend rat- und ergebnislos über | |
die Zukunft der deutschen Serienlandschaft diskutiert wurde, präsentierte | |
TNT, der Underdog, den wirklich niemand auf der Rechnung hatte, die erste | |
eigenproduzierte deutsche Pay-TV-Serie „Add A Friend“ – „Dramedy“, al… | |
eine Mischung aus Drama und Comedy. Formal lieferte die Serie genau das, | |
was die großen US-Vorbilder wie HBO und Showtime seit Anfang des | |
Jahrtausends erfolgreich vormachen. | |
Für „Add A Friend“ arbeitete TNT mit der ebenfalls in München ansässigen | |
Produktionsfirma Wiedemann & Berg zusammen. Sie ist eine der ersten | |
Adressen, wenn es um Filmproduktionen geht. Mit ihrem Kinodebüt „Das Leben | |
der Anderen“ von Florian Henckel von Donnersmarck lockten Wiedemann & Berg | |
2006 nicht nur fast zweieinhalb Millionen Zuschauer in die Kinos, sondern | |
gewannen damit gleich einen Oscar und wurden so über Nacht international | |
zur Marke. Da waren Max Wiedemann und Quirin Berg, beide Absolventen der | |
Hochschule für Fernsehen und Film München, noch keine dreißig Jahre alt. | |
Es folgten weitere Kinoerfolge mit Regisseuren wie Simon Verhoeven, Marcus | |
H. Rosenmüller und Matthias Schweighöfer. Trotzdem nahmen sie 2011 die | |
Herausforderung an, eine gering budgetierte Serie für einen kaum bekannten | |
Fernsehsender herzustellen. | |
Am Ende wurde diese Serie, mit bekannten Schauspielern wie Ken Duken, | |
Friedrich Mücke und Friederike Kempter, die darin hauptsächlich über einen | |
Videochat kommunizieren, bis 2014 mit insgesamt drei Staffeln fortgeführt. | |
„Es war ein tolles Labor, um herauszufinden, was man mit den überschaubaren | |
Budgets machen kann“, sagt Berg. Für den Sender wie das Produzententeam | |
zahlte sich das ambitionierte Projekt aus, die mediale Aufmerksamkeit | |
überstieg die inhaltliche Spannung bei Weitem, und ein Grimme-Preis krönte | |
die engagierte Produktion. | |
Mit diesem Erfolg im Rücken wagte sich TNT anschließend an die | |
Mystery-Serie „Weinberg“, die dem Sender und der Produktionsfirma Bantry | |
Bay Productions noch mehr Aufmerksamkeit und Preise bescherte – und jetzt | |
sogar international als englischsprachige Version adaptiert werden soll. | |
## Jetzt auch Netflix | |
Der noch größere Coup allerdings gelang Wiedemann & Berg. Im Februar | |
kündigte der globale Video-Streamingdienst Netflix an, zusammen mit den | |
Münchner Produzenten eine Mystery-Serie namens „Dark“ zu produzieren, die | |
im kommenden Jahr veröffentlicht werden soll. Seit dem Deutschlandstart von | |
Netflix vor zwei Jahren war beharrlich darüber spekuliert worden, wann | |
endlich die erste deutsche Serie für den Anbieter entstehen würde und wer | |
den professionellen und kommerziellen Ansprüchen der internationalen | |
Plattform genügen könnte. Eine Mission mit großer Außenwirkung, da Netflix | |
seine Produktionen weltweit zeitgleich für alle Nutzer verfügbar macht. | |
Legte die Zusammenarbeit mit TNT den Grundstein dafür? Produktionschefin | |
Greifeneder winkt ab und verweist auf die Oscar-Reputation ihrer Partner. | |
Quirin Berg hebt vor allem die kreativen Köpfe hinter „Dark“ hervor – | |
Regisseur Baran bo Odar und Jantje Friese, deren Hacker-Thriller „Who Am I | |
– Kein System ist sicher“ sie 2014 ebenfalls produziert haben. Obwohl | |
Genrestoffe aus Deutschland in den Kinos als Kassengift gelten, wurde der | |
stilsicher und zeitgemäß inszenierte Film national und international ein | |
großer Erfolg. | |
So oder so hat sich das Engagement für kleine oder wenig aussichtsreiche | |
Konzepte längst ausgezahlt. „Man muss es immer wieder versuchen“, meint | |
Quirin Berg. Auch die erneute Zusammenarbeit mit TNT für „4 Blocks“, das | |
mit Frederick Lau und Kida Khodr Ramadan im Sommer in Berlin abgedreht | |
wurde, ist ein Resultat dieser stetigen Weiterentwicklung. Für die | |
Produktion der sechs Folgen standen mittlerweile immerhin 4 Millionen Euro | |
zur Verfügung. | |
Dass auch diese Serie, die unter der Regie des Österreichers Marvin Kren | |
entstanden ist und im Frühjahr 2017 ausgestrahlt werden soll, wieder ein | |
Stückchen mehr Aufmerksamkeit erhalten wird als ihre Vorgänger, ist schon | |
aufgrund ihres ungewöhnlichen Themas zu erwarten. Für die Drehbücher ist | |
dabei das Trio Hanno Hackfort, Richard Kropf und Bob Konrad – genannt | |
„HaRiBo“ – verantwortlich, die auch an einem weiterem deutschen | |
Leuchtturmprojekt beteiligt sind: die Amazon-Serie „You Are Wanted“ mit | |
Matthias Schweighöfer . | |
1 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Jens Mayer | |
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