# taz.de -- Absurde TV-Serie über Provinzleben: Am Anfang ist die Kreissäge | |
> Die Serie „Arthurs Gesetz“ widersetzt sich den deutschen TV-Konventionen. | |
> Mit düsterem Humor zelebriert sie die Hässlichkeit ihrer Figuren. | |
Bild: Ungewöhnlich besetzt: Martina Gedeck und Jan Josef Liefers | |
Der gutmütige Arthur Ahnepol ist ein echter Verlierer: Zusammen mit seiner | |
herrschsüchtigen Ehefrau Martha lebt er abgeschieden am Rande einer | |
trostlosen Kleinstadt. Martha ist es auch, die ihn von der Idee überzeugt, | |
seine rechte Hand zu opfern, um die Berufsunfähigkeitsversicherung | |
abzukassieren. | |
Doch der makabre Plan geht schief. Zwar wird die Tat mit Hilfe einer | |
Kreissäge zur blutigen Realität, doch weil eine Überwachungskamera Arthurs | |
Trockenübungen zuvor ebenfalls aufgezeichnet hat, verliert er nicht nur die | |
Hand, sondern auch den Job und jede Aussicht auf erhofften Geldsegen. Von | |
der fiesen Sachbearbeiterin der Arbeitsagentur gedemütigt, radelt der | |
Hartz-IV-Empfänger nun mit einer übergroßen Handprothese durch die Gegend, | |
muss erniedrigende Gelegenheitsjobs annehmen und sich täglich Marthas | |
Klagen über ihr verkorkstes Leben anhören. | |
Die Ausgangssituation der sechsteiligen Serie „Arthurs Gesetz“ setzt am | |
fünfzigsten Geburtstag der titelgebenden Hauptfigur ein, an dem sich | |
Arthurs Leben schlagartig verändert. Er verliebt sich in die | |
liebenswert-naive Jesse und entschließt sich mit ihr durchzubrennen, um | |
endlich ein neues und besseres Leben zu beginnen. | |
Allerdings stellt die sich als Prostituierte heraus und als ihr Zuhälter | |
bei ihm zu Hause auftaucht, um abzukassieren, überschlagen sich die | |
Ereignisse. Im Gerangel erschießt Ehepaar Ahnepol den Luden. Mit Hilfe von | |
Marthas Zwillingsschwester Muriel, die Polizeichefin des Orts, lassen sie | |
die Leiche verschwinden, was wiederum nur der Auftakt einer Geschichte ist, | |
in der es von skurrilen Figuren, aberwitzigen Verkettungen und tödlichen | |
Missverständnissen nur so wimmelt. | |
## Schauspieler gegen Image besetzt | |
[1][Mit der Gangsterserie „4 Blocks“] hat der Münchner Pay-TV-Sender TNT | |
Serie im vergangenen Jahr für Aufsehen gesorgt. Eine Erzählung aus Sicht | |
eines libanesischen Familienclans in Berlin-Neukölln gab es in solcher | |
Konsequenz im deutschen Fernsehen noch nicht zu sehen. Nun setzt man auch | |
mit dem Schwestersender TNT Comedy auf eine originelle Eigenproduktion. Die | |
45-minütigen Episoden, mit – völlig gegen ihr Image besetzten – | |
Schauspielstars wie Jan Josef Liefers und Martina Gedeck als gescheitertes | |
Ehepaar sowie einer kaum wiederzuerkennenden Nora Tschirner, zelebrieren | |
die Hässlichkeit ihrer Figuren und eine bitterbös-blutige Story, die im | |
Geiste an die US-Filmemacher Joel und Ethan Coen („Fargo“, „The Big | |
Lebowski“) erinnert. | |
„Die Idee zu ‚Arthurs Gesetz‘ fanden wir auch deshalb so gut, weil die | |
Geschichte sehr vielschichtig erzählt wird; sie geht auch in die Tiefe, hat | |
im Grunde eine Dramenstruktur“, so die geschäftsführende Produzentin von | |
TNT Deutschland, Anke Greifeneder, die mit dem Konzept des jungen | |
Drehbuchautors Benjamin Gutsche sowohl die namenhaften Schauspieler als | |
auch Filmregisseur Christian Zübert ([2][„Lammbock“], „Lommbock“) für… | |
Projekt gewinnen konnte. | |
## Glaubhafte, absurde Figuren | |
Es ist kein Wunder, dass diese Mischung aus dramatischer Story und | |
schwarzhumoriger Komödie die Mitwirkenden überzeugte, denn sie schlägt | |
einen Ton an, den man aus deutschen Comedy-Produktionen kaum kennt: „Bei | |
Benjamin wird es aus den Figuren heraus lustig, weil er sie und ihre Nöte | |
versteht und weiß, an welchen Stellen es absurd oder komisch wird, wo eine | |
Reibung entsteht. Trotzdem erzählt er glaubhaft und nimmt die Figuren immer | |
ernst. Wo Licht ist, muss auch Schatten sein. Abwechslung ist | |
unerlässlich“, so Greifeneder. | |
Besonders in den ersten beiden Folgen gelingt es „Arthurs Gesetz“ | |
ausgezeichnet, die Zuschauer mit einer Mischung aus | |
liebenswert-überzeichneten Figuren, spontanen Wendungen und einer | |
düster-komischen Story inklusive grotesker Splattermomente zu überrumpeln. | |
Die pointierte Inszenierung von Regisseur Zübert und die Bildästhetik von | |
Kameramann Ngo The Chau heben die Serie auch stilistisch vom deutschen | |
TV-Durchschnitt ab. | |
Auch wenn die Story im weiteren Verlauf an Fahrt verliert und manche | |
Entwicklungen zu konstruiert wirken, ist die Produktion, die nun zuerst auf | |
dem Telekom-Streamingportal Entertain TV zu sehen ist, bevor sie im | |
Dezember bei TNT Comedy läuft, eine Ausnahmeproduktion für Deutschland, | |
gerade weil sie mit so vielen biederen Stilkonventionen bricht. | |
30 Aug 2018 | |
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## AUTOREN | |
Jens Mayer | |
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