| # taz.de -- Streit um neues Kinderheim in Hamburg: Offenes Heim trotz Zaun? | |
| > Hamburgs Kinderheim-Pläne bekommen Gegenwind. Kritiker befürchten, dass | |
| > es ein geschlossenes Heim wird und sähen das Geld lieber anders | |
| > investiert. | |
| Bild: Protest gibt es schon länger: Plakate am künftigen Bauplatz im Herbst 2… | |
| Hamburg taz | Einige Jahre schon streitet Hamburg über ein neues Heim für | |
| Kinder an der Schnittstelle [1][zwischen Jugendhilfe und Psychiatrie], für | |
| das eine Wiese am Klotzenmoorstieg im Norden der Stadt reserviert ist. Am | |
| Dienstag nun billigte der Familienausschuss [2][eine Drucksache], mit der | |
| erstmals Geld für die Realisierung fließt. Rund 23 Millionen Euro soll am | |
| Ende allein der 2027 fertig gestellte Bau des Heims kosten, das auf „Casa | |
| Luna“ getauft wurde. Die Kosten pro Platz sollen 900 Euro an Tag betragen. | |
| Das ist das Viereinhalbfache eines normalen Heimplatzes. | |
| Doch Protest gibt es nicht deshalb, sondern weil die mit 16 Plätzen | |
| geplante Einrichtung für Kinder von neun bis 13 Jahren auch Kinder mit | |
| einem Beschluss für geschlossene Unterbringung aufnehmen soll. Hamburgs | |
| Sozialbehörden-Staatsrätin Petra Lotzkat bemüht sich, diesen Aspekt in den | |
| Hintergrund zu stellen. | |
| „Egal, wie oft es hier noch wiederholt wird, es stimmt nicht: Wir bauen | |
| hier keine geschlossene Einrichtung“, sagte Lotzkat im Dezember [3][bei | |
| einer Info-Veranstaltung für Anwohner] in einer Kirche, nachdem | |
| [4][ehemalige Heimkinder] mit einer Theateraktion Kritik übten und die | |
| Gruppe „[5][Heimrevolte]“ ein Transparent mit Aufschrift „Geschlossene | |
| Unterbringung? Das ist von Gestern. Verlässliche Orte im Stadtteil, | |
| demokratische Wohngruppen und Kinderrepubliken jetzt!“ vor das Podium | |
| hielt. Zu Wort gemeldet hätte sich dort „meinungsstarkes Fachpersonal aus | |
| anderen Stadtteilen“, schrieb [6][das Hamburger Abendblatt], das über den | |
| Abend berichtete. | |
| Darum nahm die Sozialbehörde Ende April einen zweiten Anlauf, um mit den | |
| Nachbarn zu sprechen. Der einladende Kommunalverein Groß Borstel hatte | |
| versprochen, es werde diesmal kein „Abend mit langen fachtheoretischen | |
| Vorträgen“. Die Behördenleute schlugen nun offenbar andere Töne an: das | |
| Gelände der Kinder werde von einem Zaun umgeben sein, zu dem es nur einen | |
| Zugang gebe, der von einem Pförtner bewacht werde, berichtet eine Zuhörerin | |
| der taz. „Es hieß: Kein einziges Kind wird das Gelände von sich aus | |
| verlassen können“, sagt sie. „Kinder würden ausschließlich in Begleitung | |
| eines Pädagogen das Gelände in Einzelfällen verlassen.“ | |
| ## Pädagogischer Sicherheitsdienst geplant | |
| Auch die jugendpolitische Sprecherin der Linken, Sabine Boeddinghaus, hatte | |
| von diesem Abend gehört und konfrontierte Lotzkat im Familienausschuss | |
| damit. Wie denn das zu der Aussage passe, es sei kein geschlossenes Heim? | |
| Außerdem sei nun in jener Drucksache von einem „pädagogisch ausgerichteten | |
| Sicherheitsdienst“ die Rede, obwohl es zuvor hieß, es werde dort keine | |
| Security geben. Was denn das sei, wollte Boeddinghaus wissen. | |
| Lotzkat betonte daraufhin, dass lediglich „eine Handvoll“ Kinder mit | |
| Beschluss dort untergebracht würde, die sonst in andere Bundesländern | |
| kämen. Eine Eingangskontrolle sei auch in normalen Kinderschutzhäusern | |
| üblich, um die Sorgegewalt ausüben zu können. | |
| Die Frage nach dem Zaun gab sie an Casa-Luna-Projektleiter Peer Kaeding | |
| weiter. Der erklärte, es gebe nur an der Seite zu benachbarten Werkstätten | |
| einen hohen Zaun, auf der anderen Seite einen durchsichtigen | |
| Maschendrahtzaun vor einem Grüngürtel. Die Kinder mit Beschluss sollten | |
| dort „nicht einfach runterspazieren können“. Zur Security sagte er, es gebe | |
| eine Firma, die ihre Mitarbeiter schule, wie man Kinder anspricht. „Die | |
| gehen nicht einfach dazwischen wie eine U-Bahn-Wache.“ | |
| Der Haushaltsantrag wurde mit den Stimmen von Grünen, SPD und CDU | |
| angenommen. Nur die Linke stimmte dagegen. Boeddinghaus verwies auf | |
| alternative Konzepte. Statt eine neue Einrichtung zu schaffen, sollte man | |
| Hilfe im Vorfeld verstärken und die [7][Kooperation von Psychiatrie und | |
| Jugendhilfe] verbessern. „Dieses viele Geld wäre in soziale Infrastruktur | |
| und wirkliche Prävention viel besser investiert.“ – „Wir sagen nicht, da… | |
| dies die einzige Lösung ist“, hielt Lotzkat dagegen. Sie sei aber von dem | |
| Ansatz überzeugt. | |
| Doch angesichts der hohen Summen – Casa Luna kostet künftig pro Jahr 5,2 | |
| Millionen Euro, das gesamte Budget für offene Kinder- und Jugendarbeit | |
| beläuft sich auf nur etwa 30 Millionen Euro – gibt es auch andere Stimmen, | |
| die diese Priorität hinterfragen. „Das Geld könnte man viel sinnvoller | |
| einsetzen“, sagt der Professor für Soziale Arbeit, Tilman Lutz. „Zum | |
| Beispiel, indem wir in den Bezirken eine Struktur dafür schaffen, dass | |
| Jugendhilfe und Psychiatrie gut zusammenarbeiten können.“ | |
| 31 May 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Psychiaterin-ueber-neues-Kinderheim/!5774482 | |
| [2] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/87245/haushaltsplan_2023_2… | |
| [3] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/Klotzenmoorstieg-Wei… | |
| [4] /Ex-Heimkinder-zu-Hamburgs-Heim-Plaenen/!5959092 | |
| [5] https://www.heimrevolte.de/ | |
| [6] https://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-nord/article240801016/Einrichtung… | |
| [7] /Debatte-um-geschlossene-Kinderheime/!5910792 | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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