Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Streit um Ausrichtung der AfD: Höcke-Kult und Kampfansagen
> „Gemäßigte“ Funktionäre fordern Björn Höcke auf, als Bundesvorsitzen…
> zu kandidieren – in der Hoffnung, dass der Rechtsausleger dort scheitert.
Bild: Björn Höcke macht den Mund gerne ganz weit auf
Berlin taz | Es war lange nicht so unruhig in der AfD. In der Partei tobt
ein [1][Machtkampf um das Rechtsaußen-Sammelbecken „Der Flügel“ und dessen
Anführer Björn Höcke]. Und der wurde auch am Wochenende weiter angeheizt.
„Gemäßigte“ Funktionäre forderten Höcke auf, als Bundesvorsitzender zu
kandidieren – in der Hoffnung, dass der Rechtsausleger dort scheitert.
AfD-Bundesvize Kay Gottschalk sagte der taz: „Ich bin das Bellen Höckes
leid.“ Dieser habe zuletzt angedeutet, für den Bundesvorstand zu
kandidieren. „Dann soll er es jetzt auch tun.“ Auch Georg Pazderski,
ebenfalls Bundesvize, betonte: „Wer unzufrieden ist mit der Arbeit des
Bundesvorstands, soll antreten und es besser machen.“
Uwe Junge, AfD-Landeschef von Rheinland-Pfalz, hatte zuvor schon der FAZ
gesagt, wenn Höcke meine, nur er wisse, wo es langgehe, dann solle er auch
seinen Hut bei der Vorstandsneuwahl im November in den Ring werfen.
Auch der hessische AfD-Chef Klaus Herrmann meinte, Höcke solle den Mut
haben, sich zu stellen. Die Hoffnung der „Gemäßigten“: Höcke könnte im …
einer Kandidatur scheitern, weil die ostdeutschen Verbände nur wenige
Parteitagsdelegierte stellen – und wäre dann politisch vorerst erledigt.
## „Du bist unser Anführer“
Höcke selbst hatte den Machtkampf zuletzt losgetreten. Beim jüngsten
„Kyffhäuser-Treffen“, der zentralen Zusammenkunft seines „Flügels“, w…
der Thüringer mit Imagevideo und Choreografie heroisch in Szene gesetzt.
Ein AfD-Mann huldigte ihm: „Du bist unser Anführer, dem wir gern bereit
sind zu folgen.“
Höcke wiederum machte der AfD-Spitze eine Kampfansage: Er könne
„garantieren, dass dieser Bundesvorstand in dieser Zusammensetzung nicht
wiedergewählt wird“. Nach der Landtagswahl in Thüringen im Oktober werde er
sich „mit großer Leidenschaft der Neuwahl des Bundesvorstands hingeben“.
Die Höcke-Gegner antworteten prompt. In einem „Appell der 100“ –
unterzeichnet auch von Gottschalk, Pazderski, Junge und Herrmann –
erklärten sie: „Die AfD ist und wird keine Björn-Höcke-Partei.“ Man lehne
den „exzessiv zur Schau gestellten Personenkult“ ab. Mit seiner Rede habe
Höcke „die innerparteiliche Solidarität verletzt“.
Pazderski sagte der taz, schon in der Vergangenheit habe es diverse
Angriffe und „vollkommen unnötige Konfrontationen“ Höckes gegeben.
„Irgendwann ist das Maß voll. Man kann nicht alles hinnehmen.“
## Eine Art Nichtangriffspakt
Indes: Eine explizite Kritik am „Flügel“ an sich äußert auch der Appell
nicht. Und auffällig ist, wer diesen nicht unterschrieb: die AfD-Chefs Jörg
Meuthen und Alexander Gauland etwa. Und Fraktionschefin Alice Weidel.
Laut Spiegel hat sie mit Höcke, nach zuletzt mehreren Treffen, inzwischen
eine Art Nichtangriffspakt vereinbart. Vermittelt haben soll diesen Götz
Kubitschek, Leiter des neurechten Instituts für Staatspolitik. Das ist
interessant: Denn 2017 gehörte Weidel noch zu denen in der AfD-Spitze, die
einen – letztlich erfolglosen – Parteiausschluss von Höcke anstrebten.
Einem jetzigen Pakt mit Höcke widerspricht Weidel: „Es gibt kein Bündnis.
Das ist völliger Unsinn.“ Als Fraktionschefin müsse sie immer zu Gesprächen
bereit sein. Kubitschek aber bestätigte, dass „im Hintergrund längst
Gesprächsebenen angebahnt und Gemeinsamkeiten gebildet“ wurden. Es gebe ein
„Zugehen aufeinander“.
Und tatsächlich ist Weidel momentan auffällig still, was Kritik an Höcke
angeht. „Gräben aufzureißen ist der falsche Weg“, erklärte sie zuletzt n…
„Es steht außer Frage, dass Spannungen innerhalb der Partei aufgetreten
sind. Diese sind aber nur intern über die gewählten Gremien und ohne
öffentliche Schlammschlacht zu lösen.“
Und Weidel setzt an anderer Stelle ein deutliches Signal: Sie wird im
September als Rednerin auf der Sommerakademie des Instituts für
Staatspolitik von Kubitschek auftreten – der wiederum eng verbandelt mit
Höcke ist. Weidels Schritt kann daher durchaus als Symbol der Umarmung
verstanden werden.
## Streit über den „Flügel“ zieht sich durch die ganze Partei
Und auch dieser Auftritt dürfte den „Flügel“ weiter aufwerten. Das ist ei…
erstaunliche Entwicklung. Denn [2][seit Jahresbeginn hat der
Verfassungsschutz das Sammelbecken als rechtsextremistischen
„Verdachtsfall“ im Visier], stellte es unter Überwachung. Und je mehr Macht
der „Flügel“ in der Partei gewinnt, desto größer wird auch die
Wahrscheinlichkeit, dass die AfD irgendwann im Gesamten beobachtet wird.
Zumindest Höcke und seine Leute scheint das nicht zu beunruhigen.
Wiederholt geißelte er das Vorgehen des Verfassungsschutzes als „politisch
motiviert“. Gleichzeitig verwies er zuletzt auf den „besonders großen
Zuspruch“ zur AfD im Osten. „Offenbar gibt es Menschen in unserer Partei,
die gönnen uns den Erfolg nicht“, erklärte Höcke und geißelte die Kritiker
als „Karrieristen“ ab.
Der Streit über den „Flügel“ zieht sich inzwischen durch die ganze Partei.
[3][In Nordrhein-Westfalen trat zuletzt der Landesvorstand zurück] – mit
Ausnahme der dortigen drei „Flügel“-Leute. In Schleswig-Holstein wurde die
„Flügel“-Anhängerin Doris von Sayn-Wittgenstein als Landeschefin
wiedergewählt – obwohl der AfD-Bundesvorstand ihren Parteiausschluss will.
Höcke reiste derweil am Sonntagabend ins sächsische Lommatzsch zum
Wahlkampfauftakt des dortigen AfD-Landesverband. Mit auftreten sollten dort
die AfD-Landeschefs von Sachsen und Brandenburg, Jörg Urban und Andreas
Kalbitz – beides „Flügel“-Männer. Provokationen nicht ausgeschlossen.
14 Jul 2019
## LINKS
[1] /Streit-um-Ausrichtung-der-AfD/!5606684
[2] /AfD-im-Blick-des-Verfassungsschutzes/!5565986
[3] /Gauland-will-nicht-jede-Meinung-dulden/!5610338
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Alice Weidel
Schwerpunkt AfD
Der Flügel
Björn Höcke
Andreas Kalbitz
Nazis
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt AfD
Junge Alternative (AfD)
## ARTIKEL ZUM THEMA
Landtagswahlen in Brandenburg: AfD darf antreten – und liegt vorn
Der Landeswahlleiter lässt elf Parteien zur Landtagswahl in Brandenburg zu.
Eine Umfrage sieht die AfD deutlich vor der SPD.
Aktivist über den Einsatz gegen rechts: „Wir wollen nicht ins Exil gehen“
Das Bündnis „Wann wenn nicht jetzt“ startet eine Tour durch den Osten. Es
will die Wende von links, sagt Mitorganisator René Hahn.
Vor der Landtagswahl in Sachsen: Sachsen-AfD legt Beschwerde ein
Weil sie nur mit stark gekürzter Kandidat*innenliste antreten darf, zieht
die AfD vor Gericht. Aus der Landes-CDU kommt indessen eine
Koalitionsabsage.
Wahlkampfauftakt der AfD in Cottbus: Höckes Hochburg
Die AfD läutet den Wahlkampf ein. Von innerparteilichem Streit wollen die
Redner nichts wissen – doch Björn Höcke wird euphorisch empfangen.
Streit um Ausrichtung der AfD: Wenn Höcke übernimmt
Führt der Streit innerhalb der AfD zur Schwächung der Partei? Leider nein –
völkisches Gedankengut ist weit in die Mitte der Gesellschaft gerückt.
Gauland will nicht jede Meinung dulden: AfD-Spitze in NRW zerfällt
Höckes rechtsnationaler „Flügel“ ruft in Thüringen zum Widerstand auf. U…
plötzlich treten neun von zwölf AfD-Vorständen in NRW zurück.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.