# taz.de -- Streit im Münzviertel: AktivistInnen eingezäunt | |
> Mit Wasserwerfern und Räumungspanzer rückt die Polizei an, um einen Zaun | |
> auf dem alten Schulhof in der Norderstraße zu errichten | |
Bild: Selbst verwaltet und mit Mietvertrag: Das Kollektive Zentrum im Münzvier… | |
Hamburg | taz Seit fünf Uhr morgens sind die Arbeiter auf dem Hof der | |
ehemaligen Gehörlosenschule im Münzviertel zugange, rücken Blumenkübel | |
beiseite, schleppen Betonsockel und Holzplatten. Unter großem | |
Polizeiaufgebot haben sie das Schultor zersägt und einen zweieinhalb Meter | |
hohen Holzzaun vor den leerstehenden Schulgebäuden errichtet. | |
AktivistInnen hatten bereits am frühen Morgen Alarm geschlagen: Als die | |
Baufirma in Begleitung von zwei Hundertschaften, zwei Wasserwerfern und | |
einem Räumungspanzer angerückt war und die PolizistInnen das Tor zum Hof | |
aufflexten, mobilisierten sie UnterstützerInnen. Sie befürchteten eine | |
Räumung. | |
„Es handelt sich lediglich um Sicherheitsmaßnahmen“, wiegelte der Sprecher | |
der Finanzbehörde Daniel Stricker ab. Die Finanzbehörde hatte die Aktion in | |
Auftrag gegeben – sie ist noch Eigentümerin des Grundstücks, das allerdings | |
schon einem privaten Investor versprochen ist. | |
In den Gebäuden seien Schadstoffe festgestellt worden, gibt Stricker an. Da | |
der zukünftige Investor plant, die Gebäude abzureißen und das Grundstück | |
neu zu bebauen, müsse man die Schule erst sanieren, damit beim Abriss keine | |
Schadstoffe freigesetzt würden. Diese Sanierungsarbeiten habe die | |
Finanzbehörde nun eingeleitet. Die Polizei sei nur vor Ort, um die | |
Bauarbeiten zu begleiten und zu beschützen. Dass der Senat eine Räumung | |
vorbereite, sei Stricker zufolge „Quatsch“. | |
Während die PolizistInnen auf dem Schulgelände auch ein von den | |
AktivistInnen gebautes Baumhaus abrissen, sammelten sich rund 80 | |
UnterstützerInnen an der Ecke Nordstraße/Münzstraße. Den Weg zum | |
Schulgelände versperrten Polizisten. | |
Die AktivistInnen kritisieren das massive Polizeiaufgebot als völlig | |
unverhältnismäßig und werfen der Finanzbehörde vor, eine Eskalation zu | |
provozieren. Das Vorgehen der Polizei sei von Anfang an äußerst aggressiv | |
gewesen. So hätten die BeamtInnen das Tor am frühen Morgen aufgesägt, ohne | |
dabei Rücksicht auf die AktivistInnen zu nehmen, die sich am Gitter fest | |
gekettet hatten. | |
Danach seien die PolizistInnen jeweils zu dritt brutal auf einzelne | |
AktivistInnen losgegangen, bis diese am Boden lagen. Dies bestätigten auch | |
die Bauarbeiter, die unfreiwillig Zeugen der Aktion geworden waren. Auf die | |
Begleitung der Polizei hätte man lieber verzichtet, sagt einer der | |
Bauarbeiter. | |
Anschließend habe die Polizei noch Pfefferspray eingesetzt, sagt ein | |
Aktivist. Der Polizeisprecher dementierte dies allerdings, bestätigte aber | |
die Ingewahrsamnahme und Strafanzeigen gegen vier AktivistInnen wegen des | |
Verdachts auf Widerstand. | |
Gegen Mittag durften die UnterstützerInnen des Kollektiven Zentrums wieder | |
auf das Gelände. Auch die Polizei blieb vor Ort, „um den Bauzaun zu | |
schützen“. | |
Die Finanzbehörde schätzt die Dauer der Schadstoffsanierung auf vier | |
Wochen. Danach wolle man „zeitnah“ den Abriss einleiten. Die ehemalige | |
Kita, so ließ Stricker durchblicken, solle als letztes abgerissen werden. | |
Noch läuft der Mietvertrag mit dem Kollektiven Zentrum. Derzeit sehe die | |
Behörde keinen Grund, den MieterInnen zu kündigen, so Stricker: „Solange | |
sie den Bauvorgang nicht behindern.“ | |
NaN NaN | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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