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# taz.de -- Aktivisten erkämpfen Schule: Besetzung als letztes Mittel
> StadtteilaktivistInnen haben im Münzviertel eine Zwischennutzung auf dem
> Gelände einer leer stehenden Schule erkämpft. Ob sie bleiben können, ist
> unklar.
Bild: Neue Heimat: Essenskooperative "Tante Münze" im Kollektiven Zentrum Koze.
Hamburg hat ein neues Kollektives Zentrum: Das Koze im Münzviertel ist ein
selbstverwalteter Raum mit Mietvertrag in einer ehemaligen Kita. Im
Erdgeschoss haben es sich die AktivistInnen gemütlich gemacht: Teppiche
liegen auf dem Boden, auf den Fensterbänken stehen Topfpflanzen. Eine
Fototapete zeigt einen karibischen Sonnenuntergang.
„Wir wollen hier eine Nische schaffen, in der man jenseits der
Verwertungslogik einfach sein kann“, sagt Martin, ein Aktivist, der das
Zentrum mit aufgebaut hat. Den AktivistInnen sei es wichtig, einen
selbstorganisierten Raum zu schaffen, in dem man das Private mit dem
Politischen verbinden könne. Es gibt eine Fahrradwerkstatt, einen Lese- und
Arbeitsraum, einen Umsonstladen und die Essenskooperative „Tante Münze“.
Noch gehört das 8.500 Quadratmeter große Grundstück, auf dem die Kita und
eine ehemalige Gehörlosenschule stehen, der Stadt. Aber das kann sich bald
ändern: Ein Investor hat das Grundstück seit anderthalb Jahren zur
Anhandgabe. Die Hanseatische Bau Konzept GmbH (HBK) plant den Abriss der
Gebäude für einen Neubaukomplex mit 486 Wohnungen, davon die Hälfte
öffentlich gefördert, die andere Hälfte frei finanzierte
Studierendenappartments und Ein- bis Zwei-Zimmer-Wohnungen. Auch
Gewerberäume und Grünflächen sollen in dem Projekt Platz finden und die
„Tante Münze“ soll wieder einziehen.
## Unsozialer Neubau
Das Koze überzeugt das Konzept trotzdem nicht: „Der Neubau ist unsozial und
auf schnelle Gewinne durch MieterInnenfluktuation angelegt“, kritisieren
die AktivistInnen in einer Stellungnahme. Überteuerte Studentenappartments
und Ein-Zimmer-Wohnungen hätten nichts mit einer nachhaltigen
Stadtentwicklung zu tun. Zudem seien AnwohnerInnen-Interessen übergangen
worden: Im Jahr 2011 hatte es einen Wettbewerb gegeben, in dem
AnwohnerInnen, Studierende und DozentInnen der Hafencity-Universität
Konzepte für eine Neunutzung des Grundstücks entwickelt hatten. Die
Finanzbehörde hatte den Prozess begleitet. Im Dezember 2013 dann
präsentierte der Investor sein fertiges Neubaukonzept – und von den
Ergebnissen des studentischen Wettbewerbs war keine Rede mehr.
Seitdem hat sich die Quartiersinitiative eine Beteiligung auf dem
Grundstück erkämpft. Nach mehreren Verhandlungen im Quartiersbeirat sowie
im Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung, sprachen sich schließlich die
Bezirkspolitik, der Investor und der Quartiersbeirat für eine
Zwischennutzung durch die Initiative aus. Lediglich der Landesbetrieb
Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG), der das städtische Grundstück
verwaltet, stellte sich monatelang quer und blockierte die Verhandlungen.
Das geht aus einer Drucksache der Bezirksversammlung Mitte hervor. Im Juli
2014 hatten die AktivistInnen genug und besetzten das ehemalige
Schulgebäude. Zwar räumte die Polizei das Gebäude noch am selben Tag, aber
kurz darauf konnten sich die AktivistInnen mit dem LIG auf die
Zwischennutzung in der Kita einigen.
Diese ist jedoch nur bis Ende des Jahres gesichert. Ab dem 31.12. kann die
LIG den Vertrag monatlich kündigen. Was dann mit dem Koze passiert, ist
unklar. An einen Wiedereinzug in den Neubau glauben die AktivistInnen
nicht. „Wir gehen davon aus, dass der LIG uns mit der Zwischenlösung
abspeisen will und eine positive Außendarstellung bezweckt“, sagt Martin
vom Koze.
Das Zentrum kriegt derweil regen Zulauf aus dem Quartier. Mittlerweile
hätten so viele verschiedene Gruppen Interesse an den Räumen bekundet, dass
das Koze letzte Woche die Nutzung auch der oberen beiden Kita-Etagen
beantragt hat. Der Sprecher der Finanzbehörde, Daniel Stricker, verkündete,
der LIG werde sich, „wie bereits durch das positive Beispiel (der aktuellen
Zwischennutzung) belegt, um eine gute Lösung bemühen“. Von einer
Verzögerung der Verhandlungen könne keine Rede sein.
18 Dec 2014
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Besetzung
Kollektives Zentrum
Kollektives Zentrum
Münzviertel
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