# taz.de -- Spionagesoftware „Pegasus“: BKA kaufte Spähsoftware bei NSO | |
> Die umstrittene Spionagesoftware wird offenbar auch in Deutschland von | |
> Sicherheitsbehörden genutzt. Die Opposition ist entsetzt. | |
Bild: Ein Gebäude der israelischen NSO Group in der Nähe der Stadt Sapir | |
BERLIN taz | Für Konstantin von Notz bahnt sich ein Skandal an. „Pegasus | |
ist der Traum aller Diktaturen und ein Alptraum für den Rechtsstaat“, sagt | |
der Grünen-Innenexperte. „Unter den Überwachungsinstrumenten ist das die | |
Neutronenbombe.“ Wenn nun auch das Bundeskriminalamt (BKA) die | |
Ausspähsoftware angeschafft habe, stellten sich „schwerwiegende rechtliche | |
Fragen“. Wer genehmigte den Kauf? Warum geschah dies am Parlament vorbei? | |
War der Bundesbeauftragte für Datenschutz involviert? „Diese Fragen muss | |
die Bundesregierung beantworten“, fordert von Notz. „Und zwar jetzt.“ | |
Auch der FDP-Innenexperten Benjamin Strasser hat „große Zweifel“, ob bei | |
der Software „Zugriffe auf hochsensible Daten von anderen Stellen abseits | |
der Bundesbehörden ausgeschlossen werden können“. Es müsse die | |
„Beschaffungspraxis in den Sicherheitsbehörden kritisch hinterfragt | |
werden“. | |
Zuvor war der Innenausschuss des Bundestags in einer als geheim | |
eingestuften Sondersitzung nach taz-Informationen darüber informiert | |
worden, dass das BKA tatsächlich eine Version der berüchtigten Spähsoftware | |
Pegasus von der israelischen NSO Group gekauft hat. Laut des | |
Rechercheverbunds von Zeit und anderen geschah dies bereits Ende 2019. Das | |
BKA soll das Programm nach Kenntnis der taz seit März nutzen können und in | |
einer mittleren einstellige Zahl an Fällen auch bereits eingesetzt haben. | |
Schon im Juli war aufgeflogen, dass Geheimdienste und Polizeibehörden | |
weltweit mit Pegasus die gesamte Kommunikation auf Smartphones überwachen | |
können, dazu auch Kameras oder Mikrofone aktivieren und Standorte abrufen. | |
Auf einer Zielliste sollen rund rund 50.000 Nummern gestanden haben, die zu | |
Menschenrechtsaktivist:innen oder Journalist:innen, [1][aber auch | |
Regierungsmitgliedern führten]. NSO bestreitet das: Nur Kriminelle und | |
Terroristen würden mit Pegasus überwacht. | |
## Angebot von NSO schon 2017 | |
Das BKA soll offenbar nur eine eingeschränkte Version des Programms | |
erworben haben, um so rechtliche Vorgaben einzuhalten. Offen bleibt, was | |
das heißt, wie oft Pegasus bisher hierzulande eingesetzt wurde und gegen | |
wen. Das BKA und das Bundesinnenministerium ließen Anfragen dazu offen – | |
sie äußern sich dazu grundsätzlich nicht, „zum Schutz der | |
nachrichtendienstlichen und polizeilichen Arbeitsweisen“. Auch der | |
Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber, dessen Haus | |
datenschutzrechtliche Vorgänge beim BKA prüft, schwieg „aus Gründen des | |
Geheimschutzes“ zu dem Vorgang. | |
NSO soll Pegasus schon 2017 dem BKA angeboten haben. Die Behörde soll | |
damals aber noch wegen rechtlicher Bedenken abgelehnt haben. In Deutschland | |
darf die Polizei Handys und Computer seit 2017 bei einem Verdacht schwerer | |
Straftaten und [2][in bestimmten Grenzen überwachen und verschlüsselte | |
Kommunikation mitlesen.] Das BKA entwickelte dafür auch selbst einen | |
Staatstrojaner, der bisher aber kaum eingesetzt worden sein soll. | |
FDP-Mann Strasser erneuerte seine Kritik an der Praxis: „Der Einsatz von | |
Staatstrojanern durch das Ausnutzen von Sicherheitslücken bleibt ein | |
Sicherheitsrisiko für unser Land. Die Bundesregierung muss das endlich | |
einsehen.“ Nötig sei vielmehr eine „umsetzbare und agile | |
Cybersicherheitsstrategie des Bundes“. | |
7 Sep 2021 | |
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[1] /Pegasus-Software-und-Emmanuel-Macron/!5788607 | |
[2] /Generalbundesanwalt-ueber-Spionage/!5046370 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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