# taz.de -- Skaterhalle in Berlin-Marzahn: Besetzung bringt Dinge ins Rollen | |
> Jugendliche Skater in Marzahn haben sich durch eine Besetzung eine eigene | |
> Halle erkämpft. Der Bezirk blieb zuvor jahrelang tatenlos. | |
Bild: Bald öffnen wieder die Tore der Skaterhalle Marzahn | |
BERLIN taz | Durch die mit Neonröhren beleuchtete Halle mit ihrem kalten | |
Betonboden schallt laute Hip-Hop-Musik. Übertönt wird sie nur von dem | |
metallenen Dröhnen der Tretroller – Scooter genannt –, wenn sie nach | |
Sprüngen über kleine Rampen und Hindernisse wieder landen. Unermüdlich | |
rasen drei, vier Jungs durch den Parcours zwischen türkisfarbenen | |
Deckenstützen. | |
Eigentlich dürften sie gar nicht hier sein, in dieser seit ihrem Bau 1989 | |
leer stehenden Halle nahe dem S-Bahnhof Mehrower Allee in Marzahn. Nach | |
Jahren ergebnisloser Bemühungen um eine Skater-, Roller- und BMX-Halle | |
haben die Jugendlichen das Gebäude am vergangenen Freitag besetzt. | |
Am Dienstagnachmittag drehen sie vorerst ihre letzten Runden. Um 15 Uhr | |
müssen sie draußen sein, so ist es mit Bezirkspolitikern abgesprochen. Eine | |
Entscheidung über die Zukunft ist für den nächsten Tag versprochen. | |
Streetworker Uwe Heide, der die Hallentür hinter sich schließt, sagt in die | |
Runde der 12- bis 17-Jährigen: „Jungs, wir haben das hier schon stark nach | |
vorne gebracht.“ | |
Der 49-jährige Straßensozialarbeiter von Gangway e. V. mit dem ergrauten | |
Bart kümmert sich seit mehr als 20 Jahren um junge Skater im Bezirk. | |
Genauso lange fehle ein winterfestes Angebot, das auch bei Nässe und Kälte | |
nutzbar ist. | |
## Banges Warten | |
Am Tag darauf müssen Heide und seine Jungs lange zittern. Nach einem | |
Gespräch mit dem Bauamt folgen interne Beratungen der Bezirksverwaltung. Am | |
Mittwochnachmittag dann die Nachricht: Die Skater dürfen bleiben, zunächst | |
mit einer Duldung für sechs Monate; an einer langfristigen Lösung wird | |
gearbeitet. Der Bezirk kümmert sich um den Brandschutz und Toiletten. | |
„Wir feiern hier wie blöde“, sagt Heide am Telefon. Sechs Jahre hätten sie | |
sich um die Halle bemüht, extra den Verein „We roll Berlin“ gegründet, ab… | |
nach fünf Tagen Besetzung waren sie erfolgreich. „Dass wir nicht nach ihren | |
Regeln gespielt haben, sondern unsere eigenen gemacht haben, hat sie zu | |
einer konstruktiven Lösung gezwungen“, so Heide. | |
Nach einer Woche der Vorbereitung gingen die Jugendlichen am Freitag in die | |
Halle, bauten ihr Equipment auf. Ein Dutzend von ihnen, darunter der | |
17-jährige Marcel, blieb auch in den Nächten. Tagsüber waren bis zu 100 | |
Fahrer da. Aufgefallen ist die Besetzung erst am Sonntag. „Polizisten haben | |
alle unsere Personalien aufgenommen“, sagt Marcel. Ohne eine Intervention | |
des Jugendstadtrats Gordon Lemm (SPD) hätte die Polizei die Jugendlichen | |
womöglich herausgetragen. | |
Nun sagt die für Gebäude zuständige Stadträtin Juliane Witt (Linke): „Dank | |
des besonnenen Agierens der Jugendlichen, die hier auch ein Stück | |
Demokratie und das Erkämpfen eigener Räume erleben, konnte eine Räumung | |
verhindert werden.“ | |
## Große Träume | |
Streetworker Heide erzählt voll Stolz, wie sich die Besetzer selbst | |
organisiert hätten, mit „Mülltrennung und Rauchverbot“. Und Marcel sagt, | |
wie wichtig die Halle für die vielen Fahrer im Bezirk ist. Die einzige | |
überdachte Halle in Berlin, im RAW-Gelände, sei ausschließlich für Skater | |
offen und koste sechs Euro: „Das mit dem Eintritt ist verrückt“, sagt | |
Marcel, „hier gibt es viele, die haben nicht viel.“ | |
Aus dem Bezirk gab es schon lange verbale Unterstützung für das Projekt, | |
positive Beschlüsse im Jugendausschuss und der | |
Bezirksverordnetenversammlung. Doch es blieb bei Lippenbekenntnissen. „Die | |
haben sich hinter ihren Paragrafen versteckt“, sagt Heide. | |
Doch das ist jetzt vergessen. „In der Halle kannst du die Träume in den | |
Himmel wachsen lassen“, freut er sich. Mithilfe des Skateparks Mellowpark | |
in Köpenick soll die Halle professionell eingerichtet werden. Heide träumt | |
zudem vom zweiten Stockwerk, mit der sechs Meter hohen Decke. „Und | |
irgendwann sind wir vielleicht Olympiastützpunkt.“ | |
25 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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