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# taz.de -- Servierroboter in Japan: Maschinelles Futtern, Pieps
> In Japan gehören Servierroboter bei vielen Restaurants dazu. Das ist in
> Zeiten des Fachkräftemangels praktisch – und gleichzeitig Entertainment.
Bild: Liefert das Essen exakt dorthin, wo es auch bestellt wurde: Restaurantrob…
Tokio taz | „Oh, nein!“, tönt es vom Tisch gegenüber. Eltern springen auf,
holen Lappen und Papiertücher, um den Tisch wieder zu trocken. Die drei
Kinder, die eben noch herumtobten, erstarren. Wasser tropft auf den Boden.
Eine Kellnerin kommt mit einem Wischmopp. Die Eltern nicken dankend,
während die Kinder aus Angst vor Ärger regungslos auf ihren Plätzen
bleiben. „Keine Ursache“, antwortet die Mitarbeiterin, als sie sich wieder
entfernt.
Noch wischen in japanischen Restaurants Menschen den Boden auf. Aber auch
das dürfte sich bald ändern. Denn in vielen Gaststätten unterstützen
Roboter schon das Personal bei der Versorgung der Gäste.
Die Maschinen reichen Erwachsenen bis zur Brust. Auf ihrem „Kopf“ befindet
sich ein Gesicht, häufig in Gestalt einer Katze, manchmal besteht es aber
auch nur aus zwei blauen Augen. Die „Beine“ erinnern an Staubsaugerroboter,
der „Körper“ ist gebaut wie ein Tablettwagen mit dem Unterschied, dass die
Roboter [1][Essen] bringen und nicht Geschirr abräumen. Arme gibt es nicht,
jedenfalls noch nicht.
Zielstrebig und mit immer der gleichen Melodie rollt der Roboter unentwegt
durch die Gänge, auf dem Rücken leuchtet die angestrebte Tischnummer. Am
Ziel bleibt er stehen, richtet den „Blick“ auf den Tisch und bittet die
Gäste, ihm die Gerichte abzunehmen und dann den „Essen angenommen“-Knopf zu
drücken. Danach rollt er vor sich hin melodierend wieder in die Küche, um
die nächsten Speisen zu abzuholen.
## Robotik gehört in Japan zum Alltag
Mit der flächendeckenden Einführung der Roboter in gewöhnlichen Restaurants
reduziert sich das menschliche Miteinander beim [2][Auswärtsessen] auf ein
Minimum. Die Bestellung erfolgt meist nur noch durch die Eingabe in
iPad-ähnliche Tablets. Die Bedienung wird in seltenen Sonderfällen
herbeigeklingelt, etwa bei Unverträglichkeiten oder Extrawünschen. Bei
einzelnen Gästen huscht noch immer das menschliche Personal durch die
Gänge, verwechselt aber auch mal die Bestellung. Roboter hingegen liefern
Essen exakt dorthin, wo es auch bestellt wurde.
Für Kinder und nicht wenige Erwachsene sind dieser Roboter Entertainment
pur. „Ach, wie süß“, sagt eine [3][junge Frau], als sie sich mit ihrem
Partner an einen Tisch ins Café setzt und den Roboter entdeckt. Manche
tätscheln seinen „Kopf“, nachdem er sich bedankt hat, andere versperren ihm
den Weg und testen, wie er reagiert.
Für die meisten Gäste japanischer Restaurants gehört der Anblick von
Robotern bereits zum Alltag, denn Robotik wird in vielen öffentlichen
Bereichen längst sichtbar eingesetzt. So patrouillieren in Flughäfen kleine
Sicherheitsroboter gleitend über die glatten Böden. Die Aufgabe dieser mit
Sensoren, Warnleuchten und Teleskopkamera ausgestatteten Maschinen ist es,
bei Notfällen zur Evakuierung aufzurufen, auf Notausgänge hinzuweisen und
Verletzte zu identifizieren.
Dass die Roboter mit ihren Melodien Blicke auf sich ziehen und meist für
gute Stimmung sorgen, ist nur ein Bonus. „Es gibt einfach kein Personal
mehr“, erklärt ein Restaurantgast, der den Roboter kaum beachtet. „Ich
kenne Restaurants, die verzweifelt sind, weil sich niemand finden lässt.“
## Bald fragen vielleicht Roboter: „Hat es Ihnen geschmeckt?“
Der drastische Geburtenrückgang bei gleichzeitig anhaltender Ablehnung
ausländischer Arbeitsmigration lässt viele Berufsgruppen auf Technologie
zurückgreifen. Führende Techfirmen wie Softbank sprangen schnell auf diesen
Zug. Zu einem der bekanntesten humanoiden Roboter wurde „Pepper“, der in
Firmen und im Bildungsbereich für Kommunikation mit Menschen eingesetzt
wird.
Noch werden Restaurantgäste vom menschlichen Personal zum Tisch geführt
oder abkassiert. Es ist aber wohl nur eine Frage der Zeit, bis Roboter ihre
Gäste fragen, ob das Essen geschmeckt hat, oder tobende Kinder ermahnen.
Würden leibhaftige Menschen Letzteres tun, könnten Eltern wütend werden.
Machen es Roboter, ist es Entertainment.
28 Oct 2023
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## AUTOREN
Shoko Bethke
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