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# taz.de -- Serie Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Das Hinterherhecheln
> Wie erreicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Zukunft sein Publikum?
> Originäre Ideen entwickeln und rausballern. Die Leute dafür sind da.
Bild: So wie bei Funk. So geht das heute
Neulich wurde eine Schülergruppe durch mein Sendestudio gelotst. Ich war
mitten in meiner 5-Stunden-Livesendung, zwischen munteren Interviews,
wichtigen Neuigkeiten und dem Ansagen neuer Musik. Der Kollege, der die
Gruppe durchs Haus führte, überließ es mir, kurz zu erzählen, was ich da so
mache, alle wirkten ein kleines bisschen interessiert, eine stellte höflich
eine Frage, und dann dozierte der Kollege von dem tollen Livestream, den
wir gleich bei Facebook drüben starten würden.
Dann stellte ich eine Frage: Wie viele von ihnen denn überhaupt bei
Facebook seien? Ich schätzte sie alle so auf etwa 15 Jahre alt. Keiner hob
die Hand. Und draußen saß unser Social-Media-Team und bastelte ein lustiges
Meme für die Plattform der alten Menschen.
So in etwa fühle ich mich in meinem Job in den Medien. Immer
hinterherhechelnd, gerade genau nicht dort, wo alle jetzt neuerdings wieder
sind. Das hat erst mal nicht so viel mit öffentlich-rechtlich oder privat
zu tun, und natürlich hat der Sender, bei dem ich arbeite, auch einen
Instagram-Account, stellt Storys online und die größte Reichweite haben
wir bei YouTube. Alles richtig gemacht, denn die journalistisch
recherchierten Videos kommen gut an. Noch mehr sogar, seitdem alles unter
der Dachmarke „funk“ steht.
Wir erinnern uns: funk ist die Onlineplattform, die es statt eines linearen
jungen Fernsehkanals gab und gibt.
## Alle machen Podcasts, nur ein Prozent davon ist gut
Fakt ist, dass die jungen Zuschauer immer weniger Fernsehen oder Radio
hören. Wann auch, sie müssen ja YouTube-Videos schauen, Podcasts hören und
bei Spotify neue Musik entdecken. Ich tue genau das auch und trauere den
guten alten Ausspielwegen trotzdem hinterher. Ich liebe Radiomachen und
Radiohören und ich würde beides gerne bis an mein Lebensende tun.
Aber auch wenn die Theorie stimmt, dass ein neues Medium ein altes nie
verdrängt, sondern eher daneben existiert, bleibt die Frage: Wer soll das
alles schauen und hören? Alle machen Podcasts, nur ein Prozent davon ist
gut und trotzdem tagesfüllend, für Nachrichten hat schon jetzt kaum mehr
einer Zeit, wenn sie nicht durch Zufall in irgendeine Timeline gespült
werden, und wann schauen wir endlich Staffel 5 der neuen Serie, über die
jetzt schon alle reden?
Ich glaube, dass in jeder Auswahl, die getroffen wird, ein nicht
unerheblicher Teil an Produktionen von öffentlich-rechtlichen Sendern sein
wird.
Aber ich glaube auch, dass Menschen lieber Moderatoren reden hören, die
eine Sprechausbildung haben, und zumindest da werde ich in vielen
tausendfach gehörten Podcasts und geschauten Videos eines Besseren belehrt.
## Die Analoglosen erreichen
Ich bin mir also nicht ganz sicher, wie wir auch in Zukunft so viele
Menschen wie möglich erreichen. Ich weiß nur, dass wir schneller reagieren
und so viele originäre Ideen wie möglich nach draußen ballern müssen, um
weiter gesehen zu werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht
Visionen und er hat die richtigen Leute dafür, aber die bleiben leider viel
zu oft unterwegs irgendwo stecken.
Aber ich will nicht nur meckern: Ich finde es zum Beispiel bemerkenswert,
wie sich die verschiedenen Anstalten in den letzten Jahren schon geöffnet
haben für neue Ideen und Leute; wie funk Energien bündelt und damit
tatsächlich auch genau die jungen Menschen erreicht, die schon seit Jahren
kein analoges Gerät mehr eingeschaltet haben. Denn auch wenn ich so langsam
dem Jugendradio entwachse, sehe ich die Zukunft meines Arbeitgebers ganz
natürlich bei den Kids, den jungen Hörern und Zuschauern, Nutzern, wie auch
immer man sie nennen mag.
Und ich sehe sie losgelöst von Einschaltquoten. Keiner will an den Menschen
vorbei senden, aber wo es immer mehr Angebot gibt, wird die Nutzerzahl
automatisch geringer sein als in den Jahren zuvor. Viel wichtiger ist die
Akzeptanz, und immer, wenn ich mit unseren Hörern rede, wissen die
wenigsten, wofür der Rundfunkbeitrag eigentlich ausgegeben wird. Aber sie
wissen, dass es für eine Demokratie eine gute Idee ist, sich unabhängige
Medien zu leisten.
Wir müssen da mehr auf- und Zusammenhänge erklären, selbstkritisch sein und
offen für neue Vorschläge, keine Angst vor Konkurrenz haben und immer
besser mit den anderen Anstalten zusammenarbeiten, um weiter sichtbar zu
sein, auch für Menschen, die vielleicht gar nicht nach uns gesucht haben.
Bisher erschienen:
[1][Die Gebühren-Diskussion nervt]
[2][Stillstand ist keine Option]
[3][Eine Gesellschaft braucht Fiktion]
[4][Radikal Digital]
16 Mar 2018
## LINKS
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[4] /Serie-Oeffentlich-rechtlicher-Rundfunk/!5489010
## AUTOREN
Julia Menger
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