# taz.de -- Seehofers Untersuchung zur Polizei: Die Feel-good-Studie | |
> Innenminister Seehofer legt das Konzept für die umstrittene Polizeistudie | |
> vor: Statt um Rassismus soll es um die Zufriedenheit der BeamtInnen | |
> gehen. | |
Bild: Will die Polizei erforschen, dortigen Rassismus aber eher nicht: Horst Se… | |
BERLIN taz | Lange wurde gestritten in der Großen Koalition: Braucht es | |
eine Studie zu rechtsextremen Einstellungen in der Polizei? Vorausgegangen | |
waren Vorwürfe eines „[1][latenten Rassismus]“ und [2][aufgeflogene | |
rechtsextreme Chatgruppen]. Die SPD drängte auf die Studie, Horst Seehofer | |
blockierte sie. Nun schafft der Bundesinnenminister Fakten. | |
Seehofers Ministerium gab am Dienstag bekannt, dass die Deutsche Hochschule | |
der Polizei (DHPol) in Münster mit der Studie beauftragt wurde. Mit dem | |
Ausgangspunkt der Diskussion hat diese jedoch nur noch wenig zu tun. Drei | |
Komplexe sollen untersucht werden: die Motivation, dafür PolizistIn zu | |
werden, der Berufsalltag und Gewalt gegen die BeamtInnen. | |
Konkret firmiert die Studie unter dem Titel „Megavo – Motivation, | |
Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten“. Geleitet wird | |
sie von Anja Schiemann, Strafrechtsprofessorin an der DHPol. Sie forschte | |
zuletzt zur Überwachung von Sexualstraftätern, zu Unterbringungen in | |
psychiatrischen Krankenhäusern oder dem neuen Gesetz zur Bekämpfung von | |
Hasskriminalität. | |
Für die Polizei-Studie soll eine „Vollerhebung“ erfolgen: An alle Bundes- | |
und LänderpolizistInnen sollen Online-Fragebögen zu den drei Fragekomplexen | |
verschickt werden. Dazu kommen Experteninterviews mit einzelnen Beamten und | |
teilnehmende Beobachtungen. Angelegt ist die Studie auf drei Jahre. | |
## Arbeitszufriedenheit statt Rechtsextremismus | |
Das Thema Rechtsextremismus könnte am ehesten noch im zweiten | |
Forschungskomplex auftauchen, dem Berufsalltag. Laut der Hochschule soll | |
dort untersucht werden, welche Einstellungsmuster PolizistInnen prägen – | |
und wie diese sich im Verlauf des Berufslebens verändern. In einer | |
Projektskizze ist aber vor allem von einer Untersuchung der | |
„Arbeitszufriedenheit“ die Rede, darunter etwa die Arbeitsausstattung und | |
Work-Life-Balance. | |
Am Ende soll es auch Handlungsempfehlungen geben, „die sich positiv auf | |
Arbeitszufriedenheit und Motivation von Polizeibeamten auswirken“. In | |
diesem Zuge würden laut Projektskizze auch „Kriterien identifiziert wie der | |
Grundsatz der Nulltoleranz gegenüber Antisemitismus, Rechtsextremismus und | |
Rassismus innerhalb der Polizei gelebt wird“. Auch dazu sollen Maßnahmen | |
„fortgeschrieben“ werden, „um die Einhaltung dieses Grundsatzes auch in | |
Zukunft sicherzustellen“ | |
Seehofer erklärte, er wolle mit der Studie herausfinden, „wie und an | |
welcher Stelle wir unsere Polizistinnen noch besser unterstützen können“. | |
SPD-Chefin Saskia Esken sagte der taz dagegen, dass es in der Studie weiter | |
auch darum gehen soll, inwieweit der Polizeialltag geeignet ist, | |
„diskriminierende Grundhaltungen wie Rassismus und Antisemitismus entstehen | |
zu lassen oder zu verhindern“. Sie verwies auf einen unabhängigen Beirat, | |
der die Studie gestalten werde. | |
Esken hatte der Polizei einen „latenten Rassismus“ vorgeworfen und eine | |
Studie dazu eingefordert. Seehofer lehnte dies als Vorverurteilung ab. Im | |
Oktober einigten sich beide Seiten auf eine Studie zum „Polizeialltag“ – | |
mit offener Ausgestaltung. | |
Die Grünen kritisierten, dass die Studie nicht ausgeschrieben wurde und die | |
jüngsten rassistischen Polizeivorfälle nun „gezielt ausklammert“. Auch die | |
FDP hält diese nicht für ergebnisoffen. | |
Der Polizeiforscher Tobias Singelnstein sagte der taz: „Die Untersuchung | |
von Einstellungen kann ja alles Mögliche heißen. Es wird jetzt sehr darauf | |
ankommen, welche Spielräume die Hochschule für die Umsetzung sieht und wie | |
eng die Vorgaben aus dem Innenministerium sind.“ | |
8 Dec 2020 | |
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[1] /SPD-Streit-ueber-Rassismus-in-der-Polizei/!5688280 | |
[2] /Polizeiskandal-in-NRW/!5714629 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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