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# taz.de -- Schwuler Bürgermeister in Timmendorf: Gegen queere Sichtbarkeit
> Sven Partheil-Böhnke, selbst schwul, tut sich schwer mit der queeren
> Szene. Das Schrille könne andere überfordern. Sein Rat: besser nicht
> auffallen.
Bild: Lebt mit Mann und Hund in der Ostsee-Gemeinde: Sven Partheil-Böhnke
Hamburg taz | Sven Partheil-Böhnke hat anlässlich des [1][Pride Month], der
jeden Juni von der queeren Szene gefeiert wird, einen seltsamen Rat. Der
Bürgermeister der Gemeinde Timmendorfer Strand ist selbst schwul, findet
aber, dass sexuelle Orientierungen besser nicht in der Öffentlichkeit zum
Thema gemacht werden sollen. „Ich glaube, dass die Bewegung nach hinten
losgeht, wenn zu viel Aufsehen darum gemacht wird“, sagte er jüngst den
Lübecker Nachrichten. Besser sei da doch, wenn sich alle nur möglichst
normal und nicht so schrill geben würden. Normalität sei schließlich der
beste Schutz vor feindlichen Attacken.
Der 54-jährige gebürtige Flensburger lebt, [2][wie er gern betont], seit
einigen Jahren mit Mann und Hund in der Ostsee-Gemeinde und hat 2020
entschieden, sich auf das frei werdende Bürgermeisteramt zu bewerben. Das
[3][Abwahlverfahren seines Vorgängers] schob Partheil-Böhnke als
FDP-Gemeindevertreter selbst noch mit an, im Wahlkampf verwies er vor allem
auf seine Stärke in der Personalführung.
Die Gemeindeverwaltung wollte er wieder „schlagkräftig“ machen, die
Digitalisierung sei dabei eine „Herzensangelegenheit“. Erfahrung habe er
darin schließlich, weil er zuvor als selbstständiger Steuerberater tätig
war. Und: Im Wahlkampf beteuerte er auch, mit der Kandidatur überhaupt
keine politischen Ambitionen verknüpft zu haben.
Bevor Partheil-Böhnke sich nun öffentlich hadernd mit der queeren Szene
zeigte, sah das in der Vergangenheit aber auch schon anders aus: Vor zwei
Jahren, ebenfalls im Pride Month, hat Partheil-Böhnke sich auf seinem
privaten Facebook-Profilbild mit Regenbogenfarben umrahmt, einige Tage nach
der Amtsvereidigung und noch heute für jede:n öffentlich einsehbar.
## Ganz schön heteronormativ
Und noch heute redet er auch über sein eigenes Privatleben, obwohl er
meint, man solle seine Sexualität nicht ständig offen zeigen: Mit seinem
Partner ist er seit 27 Jahren zusammen. „Für schwule Beziehungen ist das
ein halbes Leben“, betont er und will wohl sagen: Für ein schwules Paar
sind er und sein Partner ganz schön heteronormativ unterwegs. Nicht so wie
die anderen Schwulen? Eben ganz normal?
Da verwundert es auch kaum noch, dass er letztlich die Schuld für homophobe
Übergriffe bei den Opfern sieht: Wer so offensichtlich seine sexuelle
Orientierung zur Schau stellt, überfordere möglicherweise andere damit.
Dass es damals, zu Beginn seiner Beziehung, für ein schwules Paar nicht so
einfach war wie heute, habe ihm und seinem Mann eher geholfen als sie
behindert, erläutert er den Lübecker Nachrichten. „Wir haben versucht, den
vermeintlichen Makel durch Leistung zu kompensieren.“
Ob sein Rat an die queere Community, sich den heterosexuellen Normen
anzupassen, auf offene Ohren stößt, ist fraglich. Als Bürgermeister hat er
aber offenbar ohnehin eine andere Zielgruppe im Sinn, von denen er sich
Zustimmung erhofft.
2 Jul 2023
## LINKS
[1] /Queere-Demos/!5940003
[2] https://www.youtube.com/watch?v=VY1kLm3D-rA
[3] /Buergermeister-Abwahl-in-Timmendorf/!5729946
## AUTOREN
Katharina Irmer
## TAGS
Schwerpunkt LGBTQIA
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Kommunalwahlen Schleswig-Holstein
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