# taz.de -- Schweden lässt US-Militär ins Land: Atomwaffen nicht ausgeschloss… | |
> Schwedens Parlament billigt ein Militärabkommen mit den USA. US-Truppen | |
> können Stützpunkte und Flughäfen nutzen – ohne nukleare Einschränkung. | |
Bild: US-Soldaten bei einer Übung mit dem schwedischen Militär in Mittelschwe… | |
STOCKHOLM taz | Das Ergebnis war eindeutig, die Kritik ist es ebenso: Mit | |
266 Ja-Stimmen hat der schwedische Reichstag ein Abkommen abgesegnet, das | |
den USA Zugang zu 17 schwedischen Militäreinrichtungen garantiert. Es gab | |
36 Gegenstimmen – alle von Abgeordneten der Linken und der Grünen. 46 | |
Abgeordnete erschienen nicht zur Abstimmung am Dienstag. Da für das | |
Inkrafttreten Verfassungsänderungen nötig sind, war eine | |
Dreiviertelmehrheit Voraussetzung. | |
[1][Das DCA-Abkommen (Defense Cooperation Agreement)] hatten die beiden | |
Verteidigungsminister Pål Jonson (Moderate) und Lloyd Austin bereits im | |
Dezember unterzeichnet. Es regelt, dass und wie das US-Militär Stützpunkte | |
in Schweden für Militärübungen und zur Lagerung von Material, Fahrzeugen, | |
Waffen und Munition nutzen kann. Die schwedische Regierung will damit die | |
Abschreckung und Stabilität des eigenen Landes stärken. Sie betont, dass | |
das Abkommen auf schwedischer Souveränität und Einverständnis beruhe. | |
## Atomwaffenstationierung nicht explizit ausgeschlossen | |
Ähnliche Verträge haben auch Dänemark und Norwegen geschlossen – mit | |
kleinen, aber feinen Unterschieden, die von kritischen Stimmen | |
hervorgehoben werden. Schweden hat nicht explizit geregelt, dass die | |
Stationierung von Atombomben ausgeschlossen ist. „Das Abkommen schließt | |
nicht klar die Tür für Atomwaffen auf schwedischem Territorium“, | |
kritisierte die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Emma | |
Berginger, gegenüber der Zeitung Dagens Nyheter. Sie ist nicht die Einzige | |
mit dieser Sorge. | |
Verteidigungsminister Jonson verwies jedoch darauf, dass das DCA-Abkommen | |
nicht zum Ziel habe, dass es dauerhafte US-Militärbasen oder Kernwaffen in | |
Friedenszeiten gebe. „Kein Land kann Schweden zwingen, Atomwaffen auf | |
schwedischem Territorium zu haben“, sagte er. Apropos Friedenszeiten: | |
Tatsächlich geht es bei dem Abkommen natürlich um den Ernstfall. Damit soll | |
die US-Armee die Logistik für mögliche Einsätze in Nordeuropa schon | |
präventiv aufbauen können. | |
## Amerikanisches Recht für US-Soldaten | |
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Regelung, wonach für US-Soldaten auch in | |
Schweden primär das US-Recht gilt. Sie können also bei Gesetzesverstößen | |
nicht von schwedischen Gerichten, sondern nur von amerikanischen zur | |
Rechenschaft gezogen werden. | |
Verteidigungsminister Jonson erklärte dies für „händelbar“, da die | |
schwedische Regierung in wichtigen Fällen dennoch die Zuständigkeit der | |
eigenen Gerichtsbarkeit anmelden könne. | |
Nicht alle 17 im Vertrag genannten Stützpunkte – von Kiruna ganz im Norden | |
bis Ravlunda ganz im Süden – würden in der Praxis von der US-Armee genutzt, | |
schon gar nicht gleichzeitig, meinte Jonson zur Frage, inwieweit die | |
schwedische Bevölkerung im Alltag betroffen sein dürfte. Doch dort, wo die | |
US-Armee ihre neuen Befugnisse tatsächlich nutzt, dürfte ihre Präsenz | |
spürbar sein. | |
Sechs der acht Reichstagsparteien stimmten nun also für das Abkommen. Der | |
verteidigungspolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Peter Hultqvist, | |
fasste die Begründung in der vorangehenden Debatte so zusammen: Die | |
demokratischen Länder müssten in der aktuellen Sicherheitslage | |
zusammenhalten. Die Bedrohung durch Russland hatte Schweden schon zum | |
Nato-Beitritt und damit zur Aufgabe seiner 200 Jahre währenden Neutralität | |
gebracht. | |
## Schwedische Linke in Sorge wegen nächster US-Wahl | |
Die Linke hingegen sieht eine Gefahr darin, dass die USA, denen man diesen | |
weitgehenden Zugang zu schwedischem Territorium gibt, nach der nächsten | |
Präsidentschaftswahl nicht mehr dieselben sein könnten. „Es würde die | |
Sicherheitslage weltweit verändern, wenn Trump wieder Präsident wird“, | |
warnte der außenpolitische Sprecher HåkanSvenneling. | |
Dass die Kernwaffenfrage nicht, wie etwa im norwegischen Abkommen, explizit | |
geklärt wurde, kritisiert auch der Chef des Stockholmer | |
Friedensforschungsinstituts Sipri, Dan Smith. „Der Prozess war nicht so | |
vollständig, wie er hätte sein können und sollen“, sagte er der | |
Nachrichtenagentur TT. Smith geht davon aus, dass die USA Kernwaffen für | |
militärische Übungen nach Schweden bringen könnten, allerdings zeitlich | |
begrenzt. Er sehe dennoch Schwedens Stimme als Atomwaffengegner geschwächt. | |
19 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Anne Diekhoff | |
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