# taz.de -- Schottlands Regierung auf der Kippe: Rauswurf für die Grünen | |
> Schottlands Regierungschef Yousaf beendet die Kooperation seiner SNP mit | |
> den Grünen. Zuvor waren die Verwerfungen zwischen beiden groß. | |
Bild: Schottlands Regierungschef Humza Yousaf kündigt in Edinburgh das Ende de… | |
LONDON taz | Der Erste Minister der schottischen Landesregierung Humza | |
Yousaf hat am Donnerstagmorgen das historische Kooperationsabkommen mit den | |
schottischen Grünen beendet. Yousafs Scottish National Party (SNP) regiert | |
somit nun als Minderheitsregierung. Als Grund nannte [1][Yousaf] schlicht, | |
dass die Kooperation ihren Zweck erfüllt hätte. | |
Doch der Rauswurf folgt einer Ankündigung von vergangener Woche: Schottland | |
könne sein bisher genanntes Klimaziel einer 75-prozentigen Senkung der | |
CO2-Werte bis zum Jahr 2030 nicht halten. Die Entscheidung – obwohl damals | |
das weitere Festhalten an einer generellen Klimaneutralität bis 2045 | |
versprochen wurde – hatte bereits dazu geführt, dass die Grünen ihre | |
Parteimitglieder über die Zukunft des Kooperationsabkommens abstimmen | |
lassen wollten. Nun ist Yousaf dieser Entscheidung zuvorgekommen. | |
Die grüne Co-Parteiführerin Lorna Slater, die bisher Ministerin in der | |
schottischen Regierung war, bezeichnete die Entscheidung Yousafs als | |
Treuebruch. Sie erklärte weiter, dass sie eigentlich zuversichtlich gewesen | |
sei, dass sich bei der Generalversammlung der schottischen Grünen die | |
Mehrheit für das Weiterleben der Kooperation mit der SNP ausgesprochen | |
hätte. Dieser fehlt nach dem Zerbrechen der Allianz mit den Grünen zur | |
absoluten Mehrheit ein Sitz im Parlament. | |
Hinter der Entscheidung, das Kooperationsabkommen aufzulösen, steht eine | |
Partei, die in der Krise steckt. Vor genau einer Woche wurde der ehemalige | |
Geschäftsführer der SNP, Peter Murrell – Ehepartner der [2][ehemaligen | |
Ersten Ministerin Nicola Sturgeon] – von der schottischen Polizei der | |
Unterschlagung beschuldigt. Es geht um 660.000 Pfund, umgerechnet etwa | |
770.000 Euro, an Spenden von Parteimitgliedern für ein zweites | |
Unabhängigkeitsreferendum – die verschollen sind. | |
## Geschlechterpolitik der SNP sorgt für Zoff | |
Neben Problemen, die ambitionierten zwischenzeitlichen Klimaziele | |
einzuhalten, führte außerdem die Geschlechterpolitik der SNP zu politischen | |
Verwerfungen in Schottland. Etwa die Entscheidung der Erweiterung des | |
Gesetzes von Hassverbrechen. So soll vor allem gegen Hass auf Transmenschen | |
besser vorgegangen werden. Aktivst:innen für Frauenrechte – etwa die | |
Autorin der „Harry Potter“-Romane, [3][JK Rowling] – kritisierten das | |
Gesetz hingegen scharf. | |
Schottlands Beschluss, die Selbstidentifikation des Geschlechts offiziell | |
einzuführen, wurde von der Regierung in London allerdings verboten. Auch | |
innerhalb der Partei gab es Streit: Yousaf wollte die Rechtsprechung in | |
Fällen der Vergewaltigung von dem gegenwärtigen System, das auf Geschworene | |
setzt, ändern in ein System, in dem einzig Richter:innen über solche | |
Fälle entscheiden können. Abgeordnete seines eigenen Flügels in der SNP, | |
darunter seine ehemalige Kontrahentin um die Parteispitze, Kate Forbes, | |
enthielten sich in der jüngst abgehaltenen Abstimmung zu dem Gesetz ihrer | |
Stimme. | |
In einer Umfrage des Meinungsforschungsportals YouGov Mitte April gelang | |
es der einst in Schottland [4][am Boden zerstörten Labour Party] zum ersten | |
Mal seit fast zwei Jahrzehnten, die SNP bei den Beliebtheitswerten zu | |
überholen. 33 Prozent der schottischen Wähler:innen gaben an, heute | |
Labour ankreuzen zu wollen, während nur 31 Prozent für die SNP stimmen | |
würden. | |
Der Parteiführer der schottischen Tories, Douglas Ross, kündigte wenige | |
Stunden nach dem Beschluss Yousafs im schottischen Parlament an, dass er | |
einen Misstrauensantrag gegen Yousaf als First Minister stellen werde. | |
25 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski | |
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