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# taz.de -- Sanierung der Staatsoper in Berlin: Premiere auf der Baustelle
> Richtig los geht’s in der Lindenoper im Dezember. Im Oktober wird
> feierlich eröffnet, aber gleich wieder geschlossen – bei einer
> siebenjährigen Verspätung ist das fast egal.
Bild: Baustellenbesuch: Kultursenator Lederer und der künftige Staatsoperinten…
Das „Herz“ der Staatsoper Unter den Linden „schlägt“, wie
Senatsbaudirektorin Regula Lüscher meinte, schon wieder ein bisschen. Was
stimmt. Wo noch vor einem Jahr eine mächtige Baustelle zu sehen war,
befindet sich nun der große Zuschauersaal mit 1.360 Plätzen. Das Parkett
und die drei Ränge sind fast fertiggestellt.
Die Licht- und Bühnentechnik hängt einsatzbereit im Schnürboden, wie man
auf dem Rundgang durch das Haus, zu dem die Bau- und Kulturverwaltungen
sowie Staatsopernchef Jürgen Flimm am Montag eingeladen hatten, sehen
konnte. Und ganz oben unter der Decke sitzt die neue „Nachhallgalerie“ für
bessere Akustik, um die es so viel Ärger gegeben hatte.
In den, um im Bild zu bleiben, Adern und Kammern hin zum „Herz“ – den
Foyers und Entrees, Treppenhäusern und Gängen, Hinterbühnen und vielen
Funktionsräumen – hämmern aber noch die Bauarbeiter. Schweres Gerät ist im
Einsatz. Es wird gefräst, es werden Leitungen verlegt. Restauratoren stehen
auf Gerüsten, Maler pinseln Goldlack. Dort herrscht, beinahe wie seit den
sieben Jahren der skandalösen Sanierung, noch Rohbauatmosphäre.
Dass bei der Besichtigungsrunde die zuständigen Senatoren Klaus Lederer
(Kultur) und Katrin Lompscher (Bauen, beide Linkspartei) zwar keine Zweifel
an dem anvisierten Eröffnungstermin am 3. Oktober 2017 ließen, den
„regulären Betrieb“ aber hinausschoben, überraschte angesichts der vielen
Baustellen im Haus kaum.
Nach dem sogenannten Präludium am 3. Oktober 2017 mit einer
„Faustszenen“-Premiere von Flimm und Musikdirektor Daniel Barenboim sollen
sich vom 8. Oktober an die Türen noch einmal für zwei Monate schließen.
Dies sei nötig, um den Bauleuten „nach ersten Erfahrungen mit den
Aufführungen die Möglichkeit der Nachjustierung zu geben“. Der Staatsoper
diene die Unterbrechung als „Puffer“ vor dem Beginn des Regelbetriebs, wie
Lompscher und die Senatsbaudirektorin vorgaben.
Am 7. Dezember 2017, zum 275. Jubiläum des von Knobelsdorff erbauten
barocken Hauses, soll die Staatsoper Unter den Linden dann ihren ständigen
Spielbetrieb aufnehmen, so Lompscher: „Ich bin ganz sicher, dass das
Ergebnis dann überzeugen wird.“
Auch Lederer zeigte sich am Montag froh darüber, dass das fertige Haus noch
in diesem Jahr seiner Bestimmung übergeben werden könne. „Mit der Sanierung
des baulichen Ensembles wird Historisches ins Heute transferiert, Altes
bewahrt und gleichzeitig Neues gewagt“, fabulierte der Kultursenator. Er
hoffe, dass Baumaßnahmen und Übergaben im Zeitplan blieben, und freue sich
auf „tolle Opernabende“.
Dass dem Opernhaus wegen der zwischenzeitlichen Wiederschließung Einnahmen
in Millionenhöhe verloren gehen dürften, war jedoch nicht das einzige
Manko, das Lederer und Lompscher am Montag einräumten. Ein anderes Mal
schwang die Skepsis der beiden SenatorInnen, deren Partei noch vor einem
Jahr den Staatsoper-Untersuchungsausschuss leitete, der den fachlich und
politisch Verantwortlichen ein „Desaster bei der Sanierung“ vorhielt, über
die Geschichte des skandalösen Bauvorhabens mit.
Lompscher sprach deshalb vorsichtig davon, dass man sich „auf der
Zielgeraden der Fertigstellung“ befinde. Anfang April im Abgeordnetenhaus
hatte sie sogar noch von einer „stufenweisen Inbetriebnahme“ gesprochen.
## Hat die Bundeskanzlerin Druck gemacht?
Der Grund hierfür liegt vielleicht auch in dem, was bei dem Rundgang hinter
vorgehaltener Hand ein ums andere Mal angedeutet wurde: Nicht weil Berlin
es für richtig hält, sondern möglicherweise auf Wunsch von Barenboim und
der Bundeskanzlerin soll – beziehungsweise muss – die Eröffnung am
Gedenktag der Wiedervereinigung über die Bühne gehen. Das Stückwerk der
jetzigen Eröffnung resultiert aus dem Willen, Kultur als Mittel der
politischen Repräsentation einzusetzen.
Ursprünglich sollte die Opernsanierung bereits 2013 beendet sein. Der
Termin wurde wegen ständiger Verzögerungen und Planungsfehler immer wieder
verschoben. Zudem verteuerte sich das Projekt deutlich: Statt 239
Millionen Euro kostet die Renovierung heute mehr als 400 Millionen.
24 Apr 2017
## AUTOREN
Rolf Lautenschläger
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Michael Müller
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