# taz.de -- Rot-grün-rot in Bremen: Das Wagnis beginnt | |
> Auch die Basis der Linkspartei ist mit großer Mehrheit für eine | |
> rot-grün-rote Landesregierung in Bremen. Eine Nagelprobe werden die | |
> Etat-Beratungen. | |
Bild: Maike Schaefer (Grüne), Carsten Sieling (SPD) und Kristina Vogt (Linke) … | |
BREMEN taz | In Bremen kann die erste rot-grün-rote Landesregierung in | |
einem westdeutschen Bundesland nun offiziell gewählt werden. Nach den | |
Parteitagen von SPD, Grünen und Linken hat auch die Basis der Linkspartei | |
mit großer Mehrheit für den [1][am 1. Juli] vorgestellten | |
[2][Koalitionsvertrag] gestimmt. Die Bremische Bürgerschaft wählt den neuen | |
Senat aller Voraussicht nach am 15. August. | |
266 Mitglieder der Linkspartei votierten für, 67 gegen ein rot-grün-rotes | |
Bündnis. Das entspricht einer Mehrheit von 78,5 Prozent, bei einer | |
Wahlbeteiligung von rund 60 Prozent. Angenommen hat die Linkspartei den | |
Koalitionsvertrag bereits auf einem [3][Parteitag:] Nach vierstündiger | |
Debatte sprachen sich fast drei Viertel der Delegierten für ihn aus. | |
Damit kann die SPD weiter den Bürgermeister stellen, obwohl sie bei der | |
Landtagswahl acht Prozentpunkte verlor, das schlechteste Wahlergebnis seit | |
über 70 Jahren einfuhr – und die CDU mit 26,7 Prozent nun die stärkste | |
Kraft im Landesparlament ist. | |
Entschieden haben das die Grünen: Sie sondierten nach der Wahl zwar auch | |
eine Jamaika-Koalition ernsthaft, entschieden sich aber mit großer Mehrheit | |
für eine Fortsetzung der seit 2007 bestehenden Regierung mit den | |
Sozialdemokraten, nun ergänzt um die Linkspartei. Das Rot-Grün allein keine | |
Mehrheit mehr bekommen würde, war schon vor der Wahl klar. | |
Zum einen ist die programmatische Übereinstimmung von Rot-Grün-Rot deutlich | |
größer als jene zwischen Grünen, CDU und FDP. Zum anderen ist die grüne | |
Basis in Bremen schon lange mehrheitlich für ein Mitte-Links-Bündnis. Und | |
an der grünen Parteispitze [4][fehlte „das Vertrauen“ in die örtliche FDP] | |
– vor allem beim Klimaschutz, wie Spitzenkandidatin Maike Schaefer ihrer | |
Partei erklärte. An persönlicher Sympathie für Bremens Liberale fehlt es | |
bei vielen Grünen allerdings auch. Gescheitert ist eine Jamaika-Koalition | |
weniger an CDU und Grünen als an der FDP. | |
Die CDU, die sich als Wahlsieger sieht, hofft nun auf die nächste | |
Landtagswahl. Ihr Spitzenkandidat Carsten Meyer-Heder, als IT-Unternehmer | |
ein Politikneuling, erhielt bei der Wahl mehr Personenstimmen als der | |
amtierende SPD-Bürgermeister Carsten Sieling. Der wiederum trat nach dem | |
Ende der Koalitionsverhandlungen zurück, und Carsten Meyer-Heder ist nun | |
neuer CDU-Landeschef. | |
SPD, Grüne und Linke machen in ihrem rund 140-seitigen Koalitionsvertrag | |
viele Versprechungen, vermeiden aber Festlegungen, vor allem bei der | |
Verteilung der Gelder. Auch die zehnteilige „Prioritätenliste“ des | |
Koalitionsvertrages bleibt vage. Deswegen gehen alle Beteiligten davon aus, | |
dass die anstehenden Haushaltsberatungen zu „zweiten | |
Koalitionsverhandlungen“ werden, wie der grüne Landesvorsitzende Hermann | |
Kuhn sagte. Nach der Haushaltssanierung der vergangenen zwölf Jahre – | |
Bremens Schuldenuhr läuft jetzt rückwärts – ist dabei ein mittlerer | |
zweistelliger Millionenbetrag zusätzlich zu verteilen. | |
Unter Rot-Grün-Rot soll das Klimaschutzabkommen von Paris die „Grundlage | |
des Handelns dieser Koalition in allen Politikbereichen“ werden, wie es in | |
der Präambel heißt. In der vergangenen Legislaturperiode verfehlte der | |
rot-grüne Senat indes seine eigenen Klimaziele – deutlich. Nun soll der | |
örtliche Energieversorger bis 2023 aus der Kohleverstromung aussteigen, und | |
die Bremer Innenstadt soll bis 2030 autofrei werden. Eine radikale Reform | |
des Nahverkehrs wird indes nur geprüft. | |
Dafür sollen Schulen und Kindertagesstätten neu- und ausgebaut werden, dazu | |
mehr Personal bekommen, gerade in den benachteiligten Quartieren. Zugesagt | |
sind auch mehr PolizistInnen, RichterInnen und StaatsanwältInnen sowie | |
10.000 neue Wohnungen „für alle Zielgruppen“. Kinder und Jugendliche sollen | |
billiger ins Freibad kommen und kostenlos Bus- und Bahn fahren können, wenn | |
sie aus prekären Verhältnissen stammen. Gestrichen wird das 180 Millionen | |
Euro teure Offshore-Windenergieterminal in Bremerhaven. | |
Für ihre Regierungsbeteiligung muss die Linkspartei die jahrelang | |
bekämpfte, aber in der Verfassung verankerte Schuldenbremse nun | |
verteidigen. Dafür bekommt sie das im Ländervergleich | |
„bürgerrechtsfreundlichste Polizeigesetz“, wie Spitzenkandidatin Kristina | |
Vogt sagt, außerdem einen Fonds, der zu mehr Ausbildungsplätzen führen soll | |
und „das bundesweit erste Legalisierungsprogramm für Papierlose“. | |
24 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Rot-gruen-rote-Koalition-in-Bremen/!5604069&s=Jan+Zier/ | |
[2] https://www.spd-land-bremen.de/Binaries/Binary6296/Entwurf-Koalitionsvertra… | |
[3] /R2G-in-Bremen-kann-kommen/!5605481&s=jan+zier/ | |
[4] /Rot-rot-gruene-Koalitionsverhandlungen/!5601317&s=jan+zier/ | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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