# taz.de -- Repressionen gegen Palästina-Demos: Konsequent ausgeschöpft | |
> 500 Teilnehmer:innen, über 100 Anzeigen: Trotz friedlichen Verlaufs | |
> reagiert die Polizei hart auf eine propalästinensische Demo in | |
> Charlottenburg. | |
Bild: Erst gekesselt, dann festgenommen: Propalästinensischer Demo-Alltag | |
Berlin taz | Die Einkaufspromenade auf der Wilmersdorfer Straße in | |
Charlottenburg füllt sich am Samstagnachmittag allmählich mit | |
Teilnehmer:innen einer propalästinensischen Demonstration. Eine ältere | |
Frau, Kopftuch und Kufija, umgangssprachlich Pali-Tuch genannt, schmiert | |
sich Kunstblut auf die Hand. „Stoppt den [1][Genozid]“ steht auf dem | |
Schild, das sie im Arm hält, ein Ruf, der heute noch etliche Male zu hören | |
sein wird. | |
Wenige Meter weiter bereitet sich eine Gruppe noch recht jugendlich | |
wirkender Linker auf die Demo vor. „Wenn ihr verhaftet werdet, redet nicht | |
mit der Polizei“, rät ein erfahrenes Mitglied der Gruppe. | |
Der Ratschlag könnte nützlich werden: Noch bevor die Demonstration startet, | |
drängt ein Trupp behelmter Polizist:innen in die Menge, schubst | |
Umstehende beiseite und greift eine Frau mittleren Alters. Die | |
Demonstrantin leistet keinen Widerstand, trotzdem führen die Beamt:innen | |
sie mit einem Schmerzgriff aus der Menge. | |
Die Demo-Teilnehmer:innen formen sofort eine Traube um die | |
Polizist:innen, zücken ihre Handys und filmen unter „Shame on | |
you“-Rufen die Festnahme. Wenig später beruhigt sich die Situation, die | |
ganze Szene wirkt fast schon routiniert. „Das passiert jedes Mal“, | |
kommentiert ein Teilnehmer trocken. | |
## Ende ohne Vorwarnung | |
Kurz darauf läuft die Demo los, rund 500 Teilnehmer:innen sind es laut | |
Polizei am Samstag. Auf der Straße [2][zeigt sich eine bunte Mischung] aus | |
palästinensischer Diaspora, internationalen Queers, antiimperialistischen | |
Linken und antizionistischen Jüd:innen. Trotz des vergleichsweise geringen | |
Zulaufs ist die Demo laut, Sprechchöre wie „Free Palestine“ oder „Yallah, | |
Yallah, Initifada“ werden von konstanten Trommeln begleitet. Im hinteren | |
Teil der Demo ruft eine junge Frau „Glory to the resistance“ durch ein | |
Megafon. | |
Seit Beginn des Gazakriegs als Reaktion auf den Überfall der Hamas vor mehr | |
als einem Jahr [3][organisiert die propalästinensische Bewegung in Berlin | |
jede Woche mehrere Demonstrationen]. Auch an diesem Wochenende fordern die | |
Demonstrant:innen einen sofortigen Waffenstillstand, den Stopp | |
deutscher Waffenlieferung und ein Ende der israelischen Besatzungspolitik. | |
Dazu kommt die Kritik an der [4][am 8. November verabschiedeten | |
Antisemitismus-Resolution des Bundestags]. In dem Beschluss versprechen die | |
Fraktionen von CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP im Kampf gegen Antisemitismus | |
„repressive Möglichkeiten konsequent auszuschöpfen“. | |
Viel Luft nach oben [5][scheint es dabei bei der Berliner Polizei ohnehin | |
nicht zu geben]. Als ein junger Mann unter einer Brücke eine Pyrofackel | |
zündet, kesseln die mit einem Großaufgebot präsenten Beamt:innen die | |
Hälfte der Demo kurzerhand ein und beenden die Versammlung ohne weitere | |
Verwarnung. Die stolze Bilanz einer bis auf einige verbale Provokationen | |
durchweg friedlichen Demo: 111 freiheitsbeschränkende Maßnahmen, 21 | |
Strafermittlungsverfahren, unter anderem wegen des Verdachts auf | |
Landfriedensbruch, und 95 Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Verstoßes | |
gegen das Versammlungsfreiheitsgesetz – und das bei 500 Teilnehmer:innen. | |
17 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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