# taz.de -- Regionalwahlen in Italien: Das rechte Lager räumt ab | |
> Die zwei bevölkerungsreichsten Regionen wählen neue Parlamente. Die | |
> Wahlbeteiligung ist gering, die Linke zersplittert – nur Meloni darf sich | |
> freuen. | |
Bild: Hat den Stimmungstest der Regionalwahlen bestanden: Italiens rechte Minis… | |
ROM taz | Mit einem klaren Sieg der Rechten endete die Wahl in Italiens | |
beiden bevölkerungsreichsten Regionen, der Lombardei und dem Latium. Knapp | |
fünf Monate nach dem nationalen Triumph bei den Parlamentswahlen vom 25. | |
September 2022 hatte die Rechtsallianz unter Ministerpräsidentin Giorgia | |
Meloni den ersten wichtigen Stimmungstest zu bestehen. Am Sonntag und | |
Montag waren etwa 12 Millionen Wähler*innen – und damit gut ein Viertel | |
der italienischen Bürger*innen – an die Urnen gerufen. | |
Am Ende konnte [1][Meloni] sich über einen mehr als eindeutigen Erfolg in | |
beiden Regionen freuen, der sich sofort nach Schließung der Wahllokale am | |
Montag um 15 Uhr abzeichnete. In beiden Regionen lagen die Rechtskandidaten | |
laut den Nachwahlbefragungen mit jeweils etwa 50 Prozent uneinholbar vorn, | |
während ihre Gegenspieler von der gemäßigt linken Partito Democratico bloß | |
auf je gut 30 Prozent kamen. | |
Zu wählen waren sowohl die Präsidenten als auch die Parlamente der | |
Lombardei und des Latium. Das Wahlrecht sieht vor, dass der oder die | |
Erstplatzierte der Präsidentenwahl das Amt erhält – und dass die ihm | |
verbundenen Listen zugleich einen Mehrheitsbonus im Regionalparlament | |
bekommen, der ihnen dann die absolute Mehrheit der Sitze garantiert. | |
Dieses Schema belohnt jene Kräfte, die zur Bildung breiter Allianzen fähig | |
sind, und bestraft andererseits Zersplitterung. Wie schon bei den | |
nationalen Wahlen wurde diese Tatsache erneut dem Mitte-links-Lager zum | |
Verhängnis. Denn während die Rechte als Block aus Melonis | |
postfaschistischer Partei Fratelli d’Italia, Silvio Berlusconis Forza | |
Italia und Matteo Salvinis Lega antrat, gelang auf der anderen Seite weder | |
im Latium noch in der Lombardei die Bildung einer breiten | |
Mitte-links-Koalition. | |
## Die Wahlbeteiligung ist gering | |
Im Latium hatte die PD bisher den Regionalpräsidenten gestellt, war in der | |
Regionalregierung auch das [2][Movimento5Stelle] (M5S – | |
Fünf-Sterne-Bewegung) vertreten. Doch von einer Allianz mit der PD wollten | |
die Fünf Sterne diesmal nichts wissen; sie kreiden der PD an, dass ihr | |
römischer Bürgermeister den Bau einer Müllverbrennungsanlage vorantreibt, | |
die das M5S aus ökologischen Gründen ablehnt. So ging der PD-Kandidat mit | |
einer Allianz ins Rennen, zu der die Mitte-Liste Azione-Italia Viva gehört, | |
die ohne die Fünf Sterne aber von vornherein aussichtslos war. | |
In der Lombardei dagegen zeigten sich die Fünf Sterne zur Koalition mit der | |
PD bereit – dort allerdings wollte die Liste Azione-Italia Viva vom | |
Zusammenhalten nichts wissen. Das Resultat war in beiden Regionen fast | |
deckungsgleich, da die PD-Kandidaten bei gut 30 Prozent hängenblieben, | |
während die Kandidatin der Fünf Sterne im Latium und die Mitte-Kandidatin | |
in der Lombardei zwischen 10 und 15 Prozent holten. | |
Die Tatsache, dass das Rennen allen Umfragen der letzten Wochen zufolge | |
damit schon gelaufen war, ehe es überhaupt begonnen hatte, dürfte das Ihre | |
zum dramatischen Rückgang der Wahlbeteiligung beigetragen haben. In der | |
Lombardei stürzte sie von gut 73 Prozent im Jahr 2018 auf jetzt 41 Prozent | |
und im Latium von 66 auf nur noch 37 Prozent ab. | |
Ein weiterer Faktor der Demobilisierung links der Mitte dürfte sein, dass | |
die Partito Democratico gegenwärtig führungslos dasteht: Sie wählt den | |
neuen Chef oder die neue Chefin der Partei am 26. Februar und ist stärker | |
mit der eigenen Kursbestimmung als mit der Führung von Wahlkämpfen befasst. | |
## Der Wahlkampf scheiterte schon an den Plakaten | |
Ein drittes Element zur Erklärung der Wahlabstinenz einer deutlichen | |
Mehrheit der Bürger*innen dürfte jedoch auch darin bestehen, dass die | |
Parteien quer durch die Lager organisatorisch in einer tiefen Krise sind | |
und zur Durchführung eines echten Wahlkampfs gar nicht mehr in der Lage | |
sind. So waren zum Beispiel in Rom – Hauptstadt nicht nur Italiens, sondern | |
auch der Region Latium – Werbestände der Parteien oder auch nur Wahlplakate | |
schlicht nicht zu sehen. | |
[3][Giorgia Meloni] wird das nicht groß bekümmern. Angesichts der weiterhin | |
gespaltenen Opposition kann sie nicht nur ungestört weiterregieren, sondern | |
sich auch noch über den [4][Zugewinn einer weiteren Region für die Rechte] | |
freuen. | |
14 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Giorgia-Meloni-zu-Besuch-bei-Olaf-Scholz/!5913506 | |
[2] /Movimento-5-Stelle-in-Italien/!5862852 | |
[3] /Italien-erlaesst-Dekret-zur-Seenotrettung/!5897423 | |
[4] /Krise-der-Demokratie/!5888440 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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