# taz.de -- Giorgia Meloni zu Besuch bei Olaf Scholz: Postfaschistin auf rotem … | |
> Am Freitag kam es zur ersten echten bilateralen Runde zwischen dem | |
> SPD-Kanzler und der radikal rechten Ministerpräsidentin Italiens. Es | |
> wurde eifrig Harmonie demonstriert. | |
Bild: Trotz der engen Bande: Die Divergenzen zwischen Giorgia Meloni und Olaf S… | |
ROM taz | Da haben sich zwei wirklich kräftig angestrengt. Bundeskanzler | |
Olaf Scholz und [1][Giorgia Meloni], die italienische Ministerpräsidentin, | |
die sich am Freitagnachmittag zum Antrittsbesuch in Berlin eingefunden | |
hatte, taten beide ihr Bestes, um eifrig Harmonie zu demonstrieren. | |
Roter Teppich vor dem Kanzleramt, militärische Ehren, dazu ein Scholz, der | |
sogar lächelte – Meloni hatte einen Empfang, der atmosphärisch kein | |
bisschen dadurch getrübt war, dass da eine radikal rechte Postfaschistin | |
einem sozialdemokratischen Regierungschef die Aufwartung machte. Wenn man | |
von kurzen Gesprächen der beiden am Rand von EU- oder G20-Gipfeln absieht, | |
war es die erste echte bilaterale Runde zwischen Scholz und der | |
italienischen Ministerpräsidentin, und die hatte seit ihrer Amtsübernahme | |
im Oktober 2022 fast dreieinhalb Monate gebraucht, um nach Deutschland zu | |
kommen – doch von Misshelligkeiten war dann keinerlei Spur, auch nicht auf | |
der abschließenden Pressekonferenz. | |
Scholz hob an, Italien sei ja so etwas wie ein „Sehnsuchtsland“ der | |
Deutschen, und er schloss seine einführenden Bemerkungen, indem er der | |
„lieben Giorgia“ das Wort übergab. Die wiederum ließ sich zu so viel | |
Vertraulichkeit nicht hinreißen und blieb konsequent beim „Cancelliere | |
Scholz“, doch auch sie wurde nicht müde, die engen Bande zwischen | |
Deutschland und Italien zu würdigen. | |
Nichts änderten die engen Bande jedoch daran, dass am Ende diverse | |
Divergenzen weiter auf dem Tisch blieben. Die allerdings hatten weniger mit | |
den politischen Ausrichtungen der beiden Regierungen zu tun als mit den | |
nationalen Interessen, die sie in Europa durchzusetzen suchen. Vollkommene | |
Einigkeit herrschte allerdings auf einem Feld: der Haltung zur russischen | |
Invasion in der Ukraine. Bei der Frage nach italienischen Panzern musste | |
Meloni zwar passen, nicht jedoch, weil sie nicht will, sondern weil sie | |
nicht kann: Italien hat diese Panzer schlicht nicht. Stattdessen wird sie | |
vom Frühjahr an gemeinsam mit Frankreich ein Anti-Raketen-Abwehrsystem in | |
die Ukraine liefern, und sie kündigte auch an, noch vor dem 24. Februar, | |
dem ersten Jahrestag der russischen Invasion, nach Kyjiw reisen zu wollen. | |
## Kein gemeinsamer Kurs bei EU-Flüchtlingspolitik | |
Weniger harmonisch ging es zwischen Scholz und Meloni dagegen bei zwei | |
zentralen Fragen zu, die der Europäische Rat nächste Woche verhandelt: die | |
Reaktion auf die milliardenschweren Staatshilfen, die US-Präsident Joe | |
Biden der heimischen Wirtschaft zugutekommen lässt, und die | |
Flüchtlingsfrage. | |
Deutschland setzt als Antwort auf die USA auf ein gelockertes Regime der EU | |
bei nationalen Staatshilfen für Unternehmen, doch Meloni meldete da auch | |
auf der Pressekonferenz mit Scholz Bedenken an. Die EU dürfe nicht | |
vergessen, dass sie für ein „level playing field“, für faire | |
Spielbedingungen unter den Mitgliedstaaten sorgen müsse, klagte sie ein, | |
und die seien bei nationalen Hilfen nicht gegeben, da einige Länder in | |
Europa, vorneweg Deutschland, [2][größere Spielräume im Staatshaushalt | |
hätten als etwa Italien]. Stattdessen wünscht sie sich einen europäischen | |
Unterstützungsfonds „mit gemeinsamer Schuldenaufnahme“. Scholz enthielt | |
sich eines Kommentars, nur bei der ebenfalls von Meloni gewünschten | |
flexibleren Verwendung von schon an die Staaten zugewiesenen Mitteln etwa | |
aus dem EU-Kohäsionsfonds zeigte er sich gesprächsbereit. | |
Auch bei der Flüchtlingspolitik ist der gemeinsame Kurs vorerst nicht zu | |
erblicken. [3][Italien will die harte Abwehr], es predigt zudem großzügige | |
Hilfen für die Herkunftsländer, für die wiederum Europa die Federführung | |
übernehmen soll. Dass Deutschland und Italien kommende Woche im | |
Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs an einem Strick ziehen | |
werden, zeichnete sich auch in dieser Frage auf der Pressekonferenz von | |
Scholz und Meloni nicht ab. | |
Wenigstens in einer Frage jedoch näherte sich Meloni ihrem Gegenüber an. In | |
einem Interview von 2019 hatte sie von ihrer „Allergie“ gegen Deutschland | |
gesprochen, doch diese Allergie (ebenso wie die in ihrer Autobiographie von | |
2021 geäußerte „gewisse Aversion“) scheint verflogen. „Das soll ich ges… | |
haben?“ fragte sie sich selbst laut auf der Pressekonferenz, ganz nach dem | |
alten Adenauer-Motto „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“. | |
Sie habe es bloß mit der deutschen Sprache gehabt, erklärte sie dann noch, | |
an deren komplexer Grammatik sie gescheitert sei. Wenigstens als | |
Allergologe hat Scholz offenbar gute Arbeit geleistet. | |
4 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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