# taz.de -- Rechtsextremes Neonazi-Netzwerk: „Blood & Honour“ offiziell wie… | |
> Schon vor Jahren wurde das Netzwerk verboten, doch Neonazis hielten das | |
> Label weiter aufrecht. Nun gehen Ermittler dagegen vor. | |
Bild: Blood & Honour ist international aufgestellt, auch in Polen ist die Grupp… | |
BERLIN taz Als die Ermittler kürzlich zu Sven B. kamen, trafen sie auf | |
einen einschlägig Bekannten. Der Thüringer bewegt sich seit Jahren in der | |
rechtsextremen Szene, zuletzt im Umfeld einer Schlägertruppe aus Ballstädt. | |
Nun ging es um Blood & Honour. Sven B. soll die verbotene Gruppierung mit | |
anderen Rechtsextremen wiederbelebt haben. Deshalb rückten die Beamten | |
[1][Mitte Dezember zu Razzien aus.] | |
Insgesamt zwölf Personen wurden durchsucht, neben Thüringen auch in Bayern, | |
Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen-Anhalt. Vier Männer wurden | |
festgenommen, darunter Sven B. Sie hätten versucht, eine neue | |
„Verwaltungsstruktur“ für Blood & Honour in Deutschland aufzubauen, mit | |
Sektionen in Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und „Mitteldeutschland“, | |
so die Generalstaatsanwaltschaft München. Über die Marke sollte erneut | |
„rechtsextremistisches Gedankengut“ verbreitet werden. | |
Auch wenn der Einsatz einige Tage zurückliegt, beschäftigt er die Politik | |
noch immer. Denn Blood & Honour wurde bereits 2000 verboten – und noch im | |
September beteuerte die Bundesregierung, es gebe keine Wiederbetätigung. | |
Nun aber rückte die Polizei genau deshalb aus. | |
Sie sei schon etwas überrascht, sagt die Linken-Innenexpertin Martina | |
Renner. Seien die Behörden bei Blood & Honour zuletzt durch „jahrelange | |
Untätigkeit und Verharmlosung“ aufgefallen. Auch die | |
Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic nennt es „erstaunlich“, dass die | |
Bundesregierung keine Wiederbetätigung sah – trotz „wiederkehrenden | |
Meldungen über Aktivitäten im Umfeld von Blood & Honour“. | |
## Propaganda für einen Rassenkrieg | |
Tatsächlich hatte Blood & Honour die rechtsextreme Szene lange geprägt – | |
und seinen Nimbus auch nach dem Verbot bewahrt. Die Gruppe ist | |
international aufgestellt, hierzulande organisierte sie Rechtsrockkonzerte, | |
vertrieb CDs. Und propagierte Gewalt: Sie beschwor einen „Rassenkrieg“, | |
hantierte auch mit Waffen. Als 1998 die späteren NSU-Terroristen Beate | |
Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos untertauchten, waren es auch | |
Blood-&-Honour-Mitglieder, die ihnen dabei halfen. 2000 folgte dann das | |
Verbot durch den damaligen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD): Die | |
Gruppe sei rassistisch und kämpfe gegen die Verfassung. | |
Dennoch tauchte das Label in der rechtsextremen Szene weiter auf, zuletzt | |
etwa auf Rechtsrockfestivals [2][in Ostritz oder Themar]. Auch frühere | |
Mitglieder blieben aktiv. Einige sammelten sich in dem [3][radikalen | |
Ableger „Combat 18“ – der zuletzt mit Schießübungen in Tschechien auffi… | |
„Trotz Verbot nicht tot“, lautete ein Slogan in der Szene. | |
Schon 2016 gab es Ermittlungen in Thüringen, ob dort Blood & Honour | |
reaktiviert wurde – das Verfahren blieb ergebnislos. Nun ist die Münchener | |
Generalstaatsanwaltschaft aktiv. Die jetzt Beschuldigten hätten bereits | |
verbotene Blood & Honour-CDs und Merchandise-Artikel aus dem Ausland | |
hierzulande vertrieben, heißt es dort. Bei den Razzien wurden entsprechende | |
CDs gefunden, auch eine Fahne und ein Dolch mit Hakenkreuz, Schlagstöcke | |
und Schlagringe. Laut bayerischem Innenministerium waren die Beschuldigten | |
„wahrscheinlich Teil eines internationalen Rechtsextremistennetzwerks“. | |
Hinweise auf sie seien vom Landesamt für Verfassungsschutz gekommen. | |
## Langjährige Aktivisten unter den Durchsuchten | |
Nach taz-Informationen sind unter den Durchsuchten einige langjährige | |
Szeneaktivisten. So soll der Thüringer Sven B. schon vor Jahren bei rechten | |
Gewalttaten und Szeneaufmärschen dabei gewesen sein, auch „Combat 18“ wurde | |
er zugerechnet – dem Blood & Honour-Ableger. Beschuldigt ist auch Alexander | |
S. aus Baden-Württemberg: Er gehörte zu den Anführern der 2016 verbotenen | |
„Weiße Wölfe Terrorcrew“. Auch diese Gruppe hantierte mit Symbolen von | |
Blood & Honour. Intern nannte sie sich „28er“ – nach dem zweiten und acht… | |
Buchstaben des Alphabets, B und H, für Blood & Honour. | |
Die Bezüge waren also wenig verhohlen. Das Bundesinnenministerium gibt | |
sich nun wortkarg: Zu Strafverfahren der Länder äußere man sich | |
grundsätzlich nicht, so ein Sprecher. Die Ergebnisse würden aber in die | |
„fortlaufende Bewertung“ von Blood & Honour einbezogen. | |
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nennt die aktuellen Razzien | |
derweil einen „empfindlichen Schlag“ gegen Rechtsextremisten: „Das zeigt, | |
dass Polizei und Verfassungsschutz solche Umtriebe genau im Blick haben.“ | |
Der bayrische SPD-Innenpolitiker Florian Ritter hat daran Zweifel: „Ich | |
glaube ja, dass das Netzwerk nie weg war. Die Staatsregierung hat hier | |
stets beschwichtigt.“ | |
Auch die Grünen-Politikerin Mihalic fordert „endlich valide Analysen, um | |
derartige Entwicklungen frühzeitig zu erkennen“. „Durch Ignoranz kann man | |
das Problem erstarkender rechtsextremistischer Netzwerke jedenfalls nicht | |
lösen.“ Und für die Linken-Innenpolitikerin Renner „bleibt abzuwarten, ob | |
die Behörden nun endlich Druck auf das Netzwerk ausüben, der dessen | |
Bedeutung im Rechtsterrorismus gerecht wird“. | |
27 Dec 2018 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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