# taz.de -- Rechtsextremer in Rüstungskonzern: Gefestigter Identitärer | |
> taz-Recherchen zeigen: Ein rechtsextremer Ex-Soldat arbeitet als Manager | |
> in einem bayerischen Rüstungskonzern. Unternehmen und Ministerium | |
> schweigen. | |
Bild: Sensibler Bereich? Der Marschflugkörper Taurus KEPD 350, ausgestellt auf… | |
Hamburg taz | In der Bundeswehr war der Kader der Identitären Bewegung (IB) | |
unerwünscht. Der Oberleutnant und Panzergrenadier Felix S. musste die | |
Truppe verlassen. Sein Wunsch, Berufssoldat zu werden, war nach zwölf | |
Jahren als Zeitsoldat geplatzt. Der beruflichen Karriere in der freien | |
Wirtschaft stand sein Ausscheiden wegen seines rechtsextremen Engagements | |
aber nicht entgegen: Felix S. ist heute Key Account Manager Business | |
Development bei der TDW Gesellschaft für verteidigungstechnische | |
Wirksysteme mbH. | |
Die Gesellschaft mit Sitz im bayrischen Schrobenhausen ist nicht nur eine | |
Rüstungsfirma. Auf der Webseite stellt sich die TDW „als Europas Nummer | |
Eins auf dem Gebiet der Wirksysteme für Lenkflugkörper, sprengstoffhaltige | |
Wirkmittel sowie Sicherungs- und Zündvorrichtungen“ vor. Bei einem | |
Unternehmen, das in einem sehr sensiblen Sicherheitsbereich tätig ist, | |
dürften besondere Sicherheitsvorkehrungen bestehen. | |
Auf Nachfrage der taz, ob der politische Hintergrund ihres Managers nicht | |
irritiere, antwortet der Pressesprecher zurückhaltend und bittet, „zu | |
respektieren, dass wir aus Datenschutzgründen weder Auskunft darüber | |
erteilen, wer bei uns beschäftigt ist, noch über etwaige Details einer | |
Beschäftigung“. | |
Nicht minder ausweichend antwortet der Sprecher auf die weitere Nachfrage, | |
ob in diesem hochsensiblen Sicherheitsbereich nicht eine besondere | |
Überprüfung der Mitarbeitenden stattfände: „Bitte haben Sie Verständnis | |
dafür, dass wir diesbezüglich keine Auskunft über interne Prozesse | |
erteilen“. | |
## Auch das Ministerium will sich zu „Einzelpersonalien“ nicht äußern | |
In einen Werbevideo der TDW und einem Messeauftritt vom vergangenen Jahr | |
fiel der Autonomen Antifa Freiburg der Manager mit IB-Einstellungen auf. | |
Die TDW gehört zur Unternehmengsgruppe MBDA Deutschland. | |
Erst im Dezember vergangenen Jahres unterzeichnete die Bundeswehr einen | |
Vertrag mit dem Rüstungskonzern für die Modernisierung des Taurus-Systems. | |
Einen Monat zuvor, im November, nahmen Bundesverteidigungsminister Boris | |
Pistorius (SPD) und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an | |
einem Festakt für den Ausbau der Produktion teil. | |
Das Verteidigungsministerium argumentiert auf eine Anfrage der taz ähnlich | |
wie das Unternehmen: „Vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich bitte jedoch um | |
Verständnis, dass wir uns aus Gründen des Datenschutzes und zur Wahrung des | |
Persönlichkeitsrechts zu Einzelpersonalien grundsätzlich nicht äußern“, | |
schreibt eine Sprecherin des Ministeriums. So bleibt unbeantwortet, ob eine | |
Person mit solch einer Vergangenheit in einer rechtsextremen Vereinigung, | |
wie das Bundesamt für Verfassungsschutz die Identitäre Bewegung | |
klassifizierte, in einem verteidigungsrelevanten Konzern tätig sein sollte. | |
Erst 2024 [1][attestierte das Bundesverwaltungsgericht] Felix S., dass | |
seinen Aktivitäten bei der IB Deutschland ein „Verstoß gegen die Pflicht | |
zur Verfassungstreue“ gewesen seien. Zu der Zeit war der ehemalige | |
Kompanieeinsatzoffizier schon bei der TDW angestellt. In einzelnen | |
Werbevideos der Gesellschaft und bei Messeauftritten wirkte er mit und | |
stellte Waffensysteme vor. | |
## Eng mit der Identitären Bewegung verbandelt | |
Schon weit vor dem Urteil war Felix S. in dem rechtsextremen Netzwerk um | |
Götz Kubitschek verankert. So löste er 2011 mit Gleichgesinnten an der | |
Universität der Bundeswehr München eine Debatte über die Wehrfähigkeit von | |
Soldatinnen aus. In der der Studierendenzeitung Campus führte Felix S. aus: | |
„Unbestritten ist, dass sich die körperlichen Anlagen männlicher und | |
weiblicher Soldaten grundlegend unterscheiden, damit auch die reale | |
Leistungsfähigkeit. (…) In der militärischen Ausbildung sind entweder | |
doppelte Maßstäbe oder eine Absenkung des allgemeinen Leistungsniveaus die | |
Folge.“ | |
Beides wirke sich „negativ auf den Kampfwert“ aus, führte Felix S. aus. | |
„Niemand käme auf die Idee, Frauen im Kampfsport gegen Männer antreten zu | |
lassen – aber im Krieg?“ ([2][taz berichtete]). In der Campus-Ausgabe 01/11 | |
fand sich auch eine Anzeige eines selbsternannten Instituts, das Kubitschek | |
verantwortet. Später publizierte Felix S. auch in der von Kubitschek | |
herausgegebenen Zeitschrift Sezession bzw. Sezession im Netz. | |
Im Urteil führt das [3][Bundesverwaltungsgericht verschiedene | |
IB-Aktivitäten] in der Folgezeit an. So engagierte sich der Zeitsoldat beim | |
Aufbau der IB und betreute den E-Mail-Verteiler einer IB-Ortsgruppe. Auch | |
nahm er an IB-Aufmärschen unter dem Motto: „Stoppt den großen Austausch“ | |
teil und wirkte bei einem IB-Werbefilm mit. | |
Das Gericht musste verhandeln, da Felix S. Berufung gegen ein früheres | |
Urteil eingelegt hatte. Bereits seit August 2018 bis zu seinem Ausscheiden | |
im Juni 2019 war er wegen eines Dienstvergehens des Dienstes enthoben | |
gewesen. Vor Gericht wollte er von der Bundeswehr Übergangsbezüge in Höhe | |
von über 25.000 Euro erstreiten. | |
Im April 2023 entschied das Truppendienstgericht Süd in München jedoch, | |
dass die Bundeswehr ihm zu Recht das Geld verweigerte. Vor Gericht habe | |
Felix S. versucht, einzelne Vorhaltungen zu relativieren, sagt der | |
Rechtsextremismus-Experte Robert Andreasch, der den Prozess vor dem | |
Truppendienstgericht besucht hatte. | |
Das Bundesverwaltungsgericht entschied letztinstanzlich, dass die | |
Bundeswehr dem früheren Soldaten keine Übergangsleistungen auszahlen muss. | |
In der Begründung setzt sich das Gericht mit der Ideologie der IB | |
auseinander. Im Urteil heißt es, dass die von der IB propagierte | |
„Rückführung“ auch „Ausländer mit unbefristeten Aufenthaltsstatus und … | |
ethnisch-kulturelle deutsche Staatsangehörige“ einschließe. Das Konzept des | |
„Ethnopluralismus“ würde zudem den „ethnisch-kulturell Deutschen“ eine | |
Vorrangstellung zuschreiben. Positionen, die mit dem Grundgesetz nicht | |
vereinbar sind. | |
Das Gericht attestierte Felix S.: „Der frühere Soldat hat sich im Verlauf | |
der Verhandlung nicht von der Identitären Bewegung eindeutig und glaubhaft | |
distanziert.“ Weder „Reue noch Unrechtseinsicht“ seien erkennbar gewesen. | |
Heute arbeitet – dem Urteil nach – also ein zumindest noch bis vor kurzem | |
überzeugter Rechtsextremer bei einem Rüstungskonzern. Hat er sich geändert? | |
Der Bitte der taz um eine Stellungnahme kam Felix S. nicht nach. | |
24 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bverwg.de/pm/2024/40 | |
[2] /Neue-Rechte-an-der-Bundeswehr-Uni/!5116180 | |
[3] /Identitaere-Bewegung-bei-Bundeswehr/!6029877 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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