# taz.de -- Rechtliche Konsequenzen von Sylt-Video: Auch Rassist:innen geschüt… | |
> „Ausländer Raus“-Rufe allein sind nicht strafbar, es braucht weitere | |
> Begleitumstände. Arbeitsrechtliche Konsequenzen gibt es nur für | |
> Beamt:innen. | |
Bild: Hat das Sylt-Video nicht gesehen: Eine Statue der Justitia hält eine Waa… | |
Die rassistischen Gesänge „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ im | |
teuren Pony-Club auf Sylt können [1][straf- und arbeitsrechtliche Folgen] | |
haben – aber vermutlich weniger als allgemein angenommen wird. Das Zeigen | |
des Hitlergrußes ist grundsätzlich strafbar. Es gilt als Verwendung des | |
Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation. Es droht eine | |
Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, so das Strafgesetzbuch | |
(§ 86a). | |
Nicht strafbar ist dagegen [2][das Andeuten eines Hitler-Bärtchens]. Das | |
schmale Hitler-Bärtchen ist ein Kennzeichen von Adolf Hitler, aber nicht | |
der NSDAP. Parolen wie „Ausländer raus“ gelten nicht per se als strafbar. | |
Um eine strafbare Volksverhetzung anzunehmen, müssen weitere | |
Begleitumstände hinzutreten, etwa die Verwendung von NS-Kennzeichen. Dies | |
entschied schon 1984 der Bundesgerichtshof. | |
Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg verurteilte 2001 einen | |
[3][Rechtsextremisten] wegen Volksverhetzung, weil er in Guben in einer | |
etwa 50-köpfigen Gruppe mitging, aus der heraus unter anderem „Ausländer | |
raus“ gerufen wurde und er selbst eine Reichskriegsflagge trug. Die Gruppe, | |
der auch junge Männer in Bomberjacken und mit Springerstiefeln angehörten, | |
habe so bedrohlich gewirkt, dass mehrere Anwohner die Polizei riefen. | |
Vor dem Hintergrund von zuvor erfolgten rechtsextremen Gewalttätigkeiten | |
gegen Ausländer in Guben und ganz Brandenburg sah das OLG hier gleich zwei | |
Formen der Volksverhetzung erfüllt, zum einen die Aufstachelung zum Hass | |
gegen Teile der Bevölkerung, zum anderen die Aufforderung zu Gewalt- und | |
Willkürmaßnahmen gegen diese. | |
## Auslegungssache? | |
Das Bundesverfassungsgericht erinnerte 2010 daran, dass die bloße Forderung | |
nach „Ausländerrückführung“ auf einem Plakat nicht zwingend strafbar ist, | |
auch nicht mit dem Zusatz „für ein lebenswertes Augsburg“. Die bayerischen | |
Gerichte hatten das Plakat so ausgelegt, dass eine Stadt mit Ausländern | |
dabei als „nicht lebenswert“ dargestellt werde. | |
Das Verfassungsgericht hielt das Plakat aber für mehrdeutig. Denkbar sei | |
auch, dass Ausländer zwar als Problem verstanden, „nicht aber notwendig als | |
verächtlich hingestellt werden“. Das Verfassungsgericht hob die | |
Verurteilung wegen Volksverhetzung auf, da sie die Meinungsfreiheit | |
verletzte. | |
Eine arbeitsrechtliche Kündigung wegen [4][Grölens von „Ausländer | |
raus“-Parolen in der Freizeit] ist nicht möglich. Das politische Verhalten | |
in der Freizeit geht den Arbeitgeber nichts an, auch wenn er sich selbst | |
als weltoffen und tolerant versteht. Erforderlich wäre eine nachhaltige | |
Störung des Betriebsfriedens, wenn die Parole etwa auf einer Betriebsfeier | |
in Anwesenheit von ausländischen Beschäftigten skandiert werde. | |
Strenger ist die Rechtslage im öffentlichen Dienst, besonders bei | |
Beamt:innen. Diese müssen sich auch außerdienstlich mäßigen und zeigen, | |
dass sie für die freiheitliche demokratische Grundordnung einstehen. | |
27 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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