# taz.de -- Re-importierte Pestizide in Obst: Fragwürdige Früchte | |
> In Dutzenden Sorten Import-Obst hat Greenpeace Spuren von verbotenen | |
> Pestiziden entdeckt. Diese könnten von deutschen Chemieriesen stammen. | |
Bild: Pestizide? Nein danke: Protest gegen EU-Mercosur-Abkommen am Mittwoch in … | |
BERLIN taz | Mangos, Papayas, Limetten: Exotische Früchte aus Brasilien | |
zählen heute zum festen Sortiment in fast jedem deutschen Supermarkt. Die | |
Umweltschutzorganisation Greenpeace hat nun importierte Früchte auf | |
Pestizidrückstände getestet und einen Bericht veröffentlicht. Das Ergebnis: | |
In 59 Früchten konnten Rückstände nachgewiesen werden. 35 verschiedene | |
Wirkstoffe wurden ermittelt, viele gehören laut Greenpeace in [1][die | |
Kategorie der hochgefährlichen Pestizide]. | |
Getestet wurden Mangos, Papayas, Melonen, Feigen und Limetten. | |
Mitarbeiter*innen von Greenpeace nahmen im April und Mai bundesweit | |
Stichproben, die Untersuchung führten zwei unabhängige Labore im Auftrag | |
der Umweltschutzorganisation durch. | |
Laut Greenpeace wurden 2019, dem Jahr der letzten Erhebung, | |
Pflanzenschutzmittel im Wert von mindestens 915 Millionen Euro aus der EU | |
in die Mercosur-Staaten exportiert. Deutschland liegt nach Großbritannien | |
und Frankreich an der Spitze. Besonders zwei deutsche Unternehmen stehen im | |
Fokus: Bayer und BASF. | |
12 der gefundenen [2][Wirkstoffe werden auch von Bayer vertrieben] und 7 | |
können auch BASF zugeordnet werden. „Auch deutsche Chemieriesen schaden in | |
Brasilien Menschen, Tieren und Natur. Ein toxischer Kreislauf, denn die | |
belasteten Früchte landen wiederum in Deutschland in unserem Obstsalat“, | |
sagt Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch der taz. | |
## Toxisch oder akut toxisch? | |
Laut Holger Elfes, Sprecher von Bayer Crop Science, lässt sich aus | |
Pflanzenschutzmittelresten auf Nahrungsmitteln noch nichts über eine | |
Gefährdung aussagen. Auf Anfrage erklärten sowohl Bayer als auch BASF, | |
keine Pflanzenschutzmittel mehr zu verkaufen, die von der | |
Weltgesundheitsorganisation als besonders toxisch eingestuft werden. Laut | |
Greenpeace bezieht sich die Einstufung der WHO allerdings ausschließlich | |
auf eine akute Toxizität. Die Umweltschutzorganisation stützt sich deshalb | |
auf die Klassifizierung des [3][Pestizid-Aktions-Netzwerk]s (PAN), die auch | |
die langfristigen Folgen für Mensch und Natur einbezieht. | |
Seit Langem kritisieren Umweltschützer*innen, dass EU-Staaten wie | |
Deutschland Pestizide ins Ausland exportieren, die in der EU verboten sind. | |
Auch der neue Greenpeace-Bericht zeigt: 11 der identifizierten Wirkstoffe | |
sind in der EU nicht zugelassen. Laut Bayer-Sprecher Elfes sage aber die | |
Tatsache, dass ein Pflanzenschutzmittel nicht in der EU zugelassen ist, | |
nichts über seine Sicherheit aus. | |
„Viele andere Zulassungsbehörden auf der ganzen Welt verfügen über sehr | |
robuste und hochentwickelte Regulierungssysteme zum Schutz der menschlichen | |
Gesundheit und der Umwelt.“ Ihre Sicherheitsbewertungen spiegelten die | |
„spezifischen agronomischen Bedingungen der jeweiligen Länder wider“ und | |
stellten „mitnichten einen von einigen NGOs vorgeworfenen Doppelstandard“ | |
dar. Auch Brasilien habe laut Elfes strenge Zulassungsbestimmungen. | |
## Umstrittenes EU-Mercosur-Abkommen | |
Allerdings: Die Regierung Bolsonaro steht dem Agrobusiness nah und baut mit | |
Hochdruck Umweltschutzvorschriften ab. Seit seinem Amtsantritt am 1. Januar | |
2019 wurden 1.172 neue Pestizide zugelassen. | |
Anlass für den [4][Greenpeace-Bericht] ist das EU-Mercosur-Abkommen, das | |
kurz vor dem Abschluss steht. Von dem Freihandelsabkommen, das die EU mit | |
Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay plant, erhoffen sich die | |
südamerikanischen Staaten bessere Absatzmöglichkeiten für ihre | |
Agrarprodukte in Europa. Die EU-Staaten wollen wiederum mehr Produkte wie | |
Autos nach Südamerika exportieren. Durch fallende Zölle könnten aber auch | |
mehr Pestizide verkauft werden, befürchten Kritiker*innen. Am Donnerstag | |
wollen die EU-Handelsminister in Brüssel erneut über das Abkommen beraten. | |
Deutschland gilt als Befürworter. | |
Andere Staaten sehen das Abkommen kritischer und werfen der brasilianischen | |
Regierung vor, Umweltschutzrichtlinien zu missachten. Das Abkommen soll nun | |
mit Zusatzinstrumenten zu Klima- und Umweltschutz nachgebessert werden. | |
„Etwas Schlechtes lässt sich nicht mit ein paar Zusatzvereinbarungen | |
verbessern“, kritisiert Knirsch von Greenpeace. „Wir fordern ein komplett | |
neues Abkommen.“ | |
19 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] /EU-Aktionsplan-gegen-Verschmutzung/!5772113 | |
[2] /Berufungsverfahren-wegen-Krebsrisiken/!5772567 | |
[3] https://pan-germany.org/ | |
[4] https://www.greenpeace.de/themen/landwirtschaft/pestizide/das-potenzial-ist… | |
## AUTOREN | |
Niklas Franzen | |
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